Blutträume
»Also was jetzt, Chief?« Der Titel enthielt eher Ironie als Respekt. »Noch mehr Lagerhäuser?«
»Nein«, erwiderte Bishop. »Jetzt bewachen wir Dani.«
17
Dani blickte auf die beachtliche Liste von Lagerhäusern, Speichermöglichkeiten und anderen allein stehenden Gebäuden, die einem mörderischen Serienkiller den nötigen Raum und die Abgeschiedenheit bieten könnten, und atmete tief durch.
»Verdammt«, sagte Paris, bevor Dani den Mund öffnen konnte.
Dani nickte. »Ich hatte keine Ahnung. Und mir war nie klar, wie viele dieser Gebäude seit Jahren unbenutzt und leer stehen.«
»Seit Jahrzehnten«, verbesserte Marc. »Meine Deputys überprüfen auf ihren Runden die Türen – wenn sie daran denken. Aber hier gibt es kaum Vandalismus, und solange sich niemand beschwert … Ehrlich gesagt, diese Gebäude sind leicht zu vergessen, wenn man nicht direkt vor einem steht.«
Hollis kaute kurz auf dem Daumennagel, während sie auf ihre Kopie der Liste schaute. »Ich weiß, dass man für große, leerstehende Gebäude schwer eine neue Verwendung findet, doch ich hätte angenommen, dass es bei einigen davon inzwischen längst der Fall gewesen wäre. Das oder der Abriss, um Platz für neue Bauten zu schaffen.«
»Dafür habe ich eventuell eine Antwort.« Jordan sah stirnrunzelnd eine andere Liste durch. »Schau dir das hier an, Marc. Und sag mir, warum zum Teufel wir nichts davon wussten.«
Dani wartete, bis Marc die Liste in der Hand hatte und nun selbst die Stirn runzelte. »Was ist los?«
»Sieht so aus, als wären achtzig Prozent dieser Gebäude von einer Immobilien-Verwaltungsgesellschaft aufgekauft worden.«
Trocken meinte Hollis: »Scheint aber nicht sonderlich viel Verwaltung stattzufinden. Wartet mal. Dieselbe Gesellschaft?«
Marc grunzte zustimmend. »Ach. Sieh an. Diese Verwaltungsgesellschaft gehört einer Kirche.«
» Einer Kirche?«, fragte Paris. »Einer einzelnen Kirche?«
»Ja. Der Kirche der Immerwährenden Sünde.«
Sie blickten sich alle an, dann sagte Hollis: »Ich habe mich kurz umgeschaut, als ich hier eintraf, um mich zu orientieren, und eines ist mir dabei definitiv aufgefallen. Die Kirche der Immerwährenden Sünde. Sie ist hier in Venture momentan in einem ehemaligen Getreidespeicher untergebracht, stimmt’s?«
»Ganz genau«, bestätigte Marc.
»Sie kam mir nicht sehr wohlhabend vor, gelinde gesagt.«
Jordan machte ein verblüfftes Gesicht. »Bei der letzten Stadtratssitzung hat Reverend Butler behauptet, er könne es sich nicht leisten, das Gebäude zu renovieren. Aber wenn seiner Kirche all diese anderen Immobilien gehören …«
Hollis ging zum anderen Ende des Konferenztisches, wo ihr Laptop aufgeklappt stand. Sie setzte sich und tippte rasch, lehnte sich dann zurück und wartete, den Blick auf den Bildschirm gerichtet.
Während sie warteten, vermutlich auf weitere Informationen, sagte Dani: »Ich war ja eine Weile fort, aber soweit ich mich erinnere, waren die Kirchen in dieser Gegend immer eher … unscheinbar. Ich meine, ganz normale Protestanten, meistens Baptisten, nichts Außergewöhnliches.«
»Gelegentlich tauchen hier Religionsgemeinschaften außerhalb des Üblichen auf«, sagte Marc. »Errichten ein kleines Blockhaus, stellen einen Wohnwagen auf oder malen ein neues Schild auf ein altes Ladenfenster. Nichts so Extremes wie Hantieren mit Schlangen oder Satanismus, aber es gab Gerüchte über das Reden in Zungen, und wir haben Beschwerden von Nachbarn bekommen, wenn es dort am Sonntag allzu laut zuging. Die meisten dieser Kirchen halten sich nicht lange, selbst wenn sie Gemeinden haben.«
»Vielleicht sind die Gemeinden nicht groß genug, um die Kirchen zu unterstützen«, meinte Dani.
»Könnte sein. Ich weiß nur, dass sie eines Tages da sind und am nächsten wieder fort. Die Kirche der Immerwährenden Sünde hält sich allerdings schon recht lange. Mindestens zehn Jahre, würde ich sagen.«
»Kein Wunder, dass ich mich nicht daran erinnere«, murmelte Dani.
Marc nickte.
»Kannst du auch nicht. Reverend Butler hat hier in dem Sommer angefangen, als du Venture verlassen hast.«
Sie wollte sich nicht in die Vergangenheit zurückziehen lassen und sagte nur: »Ich kann mir nicht vorstellen, dass er eine große Gemeinde hat. Außer, es ist nur eine gewöhnliche Baptistenkirche mit einem außergewöhnlichen Namen?«
»Ich weiß nicht genau, was es ist, um ehrlich zu sein, doch die Gemeinde ist umfangreich. Wir haben ein paar Beschwerden bekommen, vor allem
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