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Bluttrinker (German Edition)

Bluttrinker (German Edition)

Titel: Bluttrinker (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Bender
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Entfernung. Sie konnten riechen, wie sich der Körper des jeweils
anderen auf den Kampf vorbereitete. Lukas sah, wie sich Ricardos Unterarme
veränderten. Jede einzelne Muskelfaser trat deutlich hervor.
    Ricardo lachte rau. „Dafür sorgst du, ja? Dabei hast du alle
Hände voll zu tun, damit du deinen Schwanz nicht in was rein steckst, was unter
deiner Würde ist.“
Lukas sprang den größeren Bluttrinker an.
Darauf hatte der Spanier nur gewartet. Er wich mühelos aus und empfing den
wesentlich leichteren Mann mit einem Hieb in den Magen. Lukas flog mehrere
Meter durch die Luft und krachte gegen die Wand. Schmerz spürte er keinen.
Nicht jetzt. Doch selbst durch den Nebel seiner Hormone entsetzte ihn Ricardos
Brutalität. Bevor er ans Aufstehen denken konnte, war Ricardo über ihm.
Verschwommen sah er das wutverzerrte Gesicht des Freundes, nur einen Augenblick
lang. Dann verpasste der Riese ihm einen Fußtritt, der ihn endgültig zu Boden
beförderte. Lukas kam auf dem Bauch zu liegen. Ehe er wusste, wie ihm geschah,
spürte er Dreck unter seiner Wange und die raue Sohle von Ricardos übergroßem
Stiefel in seinem Nacken.
    Lukas schnappte nach Luft, fassungslos. Er wusste, die
anderen Bluttrinker konnten seine Angst riechen. Aber er war nicht in der Lage,
seine Reaktionen zu beherrschen. Er lag mit gespreizten Gliedern da, verharrte
regungslos. Wenn Ricardo nur noch etwas mehr Kraft aufwandte, würde sein Genick
brechen.
Daran starb ein Bluttrinker nicht, doch allein die Vorstellung, wochenlang vom
Hals ab gelähmt zu sein, bis die Nervenbahnen sich regenerierten, war absoluter
Horror.
Am ärgsten entsetzte Lukas, dass Ricardo ihm eigentlich gar nichts tun durfte.
Er war besiegt, hatte sich gänzlich ergeben. Es stellte seine Welt auf den
Kopf, dass er ernsthaft fürchtete, sein Freund könnte sich nicht an diese Regel
halten.
    Endlich verschwand der riesige Schuh. Lukas atmete
versuchsweise tiefer, machte Anstalten sich aufzurappeln, als eine stahlharte
Faust ihn packte und den Kragen seines Hemds zusammenzog, bis ihm die Luft
wegblieb. Er fühlte sich hochgehoben, verlor den Boden unter den Füßen.
Fassungslos starrte er in Ricardos Gesicht. Nie zuvor hatte er eine solche
Maske der Wut gesehen.
„Halt dich aus meinen Angelegenheiten raus, Kleiner!“, knurrte Ricardo. „Sonst
wird es dir leidtun.“
Im nächsten Augenblick schmetterte er Lukas mit aller Kraft gegen die Mauer.
Der letzte Rest Luft entwich aus seinen Lungen und ein stechender Schmerz
durchfuhr sein Rückgrat bis in den Schädel hinauf.
Ricardo ließ ihn los und er rutschte die Wand hinunter wie ein nasser Sack.
Abgeplatzte Putzbrocken regneten auf ihn herab. Das Stimmengewirr unter der
kreischenden Musik verschwamm zu einem entfernten Rauschen.

06
    Es war nichts Ungewöhnliches, dass Ricardo und Lukas sich
prügelten. Nur ein Mal, zu Anfang ihrer Schulzeit, hatte Lukas ihn ernsthaft
herausgefordert. Um den ersten Platz der Rangordnung. Ricardo hatte ihn in den
Boden gestampft.
Da es ein offizieller Kampf war, blieb Lukas nichts übrig, als sich für alle
sichtbar zu unterwerfen. Er musste niederknien und Ricardo setzte ihm seinen
Fuß in den Nacken. Nachdem dem Ritual genüge getan war, zog der stärkere Junge
Lukas auf die Beine und klopfte ihm freundschaftlich die Schulter.
„Mach das nicht noch mal, du blöder Hund!“, knurrte Ricardo ihm ins Ohr. Von
diesem Moment an waren sie Jahre lang fast unzertrennlich.
Nichts hatte ihn auf eine derart brutale Reaktion vorbereitet.
     
    Lukas hatte keine Ahnung, wie lange er weggetreten war. Sein
Kopf dröhnte und der Rücken tat ihm weh. Die Ruhe in der weitläufigen Wohnung
wirkte beunruhigend. Er lag auf dem Fußboden, genauso, wie er zusammengebrochen
war. Seine Kumpels hatten ihn einfach liegen lassen.
Was er ihnen nicht verübelte.
Tatsächlich gab es nicht viel, das man von außen zur Regeneration eines
verletzten Bluttrinkers beitragen konnte, was sein Organismus nicht ohnehin von
selbst tat.
    Mühsam kämpfte Lukas sich auf die Füße. Sein Körper hätte
gerne noch eine Weile Pause gehabt, doch er ignorierte den Schwindel und das
Schwächegefühl. Er schüttelte sich den Kalk aus den Haaren und ging in den Flur
hinaus, spähte in die Räume. In einem der Zimmer fand er Etienne. Der Franzose
beugte sich über die bewusstlos auf einem fleckigen Teppich liegende Elli und
fühlte am Hals ihren Puls. Mit etwas Übung war es kein Problem, auf diese Weise
den Blutdruck Sterblicher

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