Bluttrinker (German Edition)
Wartezimmer. Drei Frauen und vier Kinder
saßen hier und warteten auf ihren Termin. Lukas brauchte keine zwei Sekunden um
die arglosen Menschen unter seinen Bann zu bringen. Die Kinder spielten weiter
auf dem Fußboden, die Frauen setzten ihre Unterhaltung über Sinn oder Unsinn
einer Masernimpfung fort.
Lukas ließ sich unbeachtet auf einem Plastikstuhl direkt
neben der Tür nieder und wartete geduldig. Nach einer Weile kam eine junge Frau
mit einem Baby herein. Lukas vermutete, dass Matthias sie aus einem der
Behandlungsräume weggeschickt hatte, um mit den Ärztinnen ungestört zu sein.
Eine Minute später folgte ein Teenager mit zahlreichen Piercings im Gesicht.
Lukas ging davon aus, dass er bei der Psychologin in Behandlung war. Es stellte
für Lukas keine besondere Herausforderung dar, auch diese Menschen unter seine
Kontrolle zu nehmen.
Am Rande registrierte er, wie Charly die zweite
Sprechstundenhilfe beim Durchsehen der Patientenkartei beaufsichtigte. Die
andere Frau war völlig von dem offenbar niemals schweigenden Telefon in
Anspruch genommen.
Es dauerte ungefähr eine Stunde, bis Matthias mit einigen
Papieren in der Hand wieder im Eingangsbereich auftauchte.
Er trat an Charlys Seite und beobachtete, wie die Arzthelferin verschiedene
Daten aus dem Computer löschte. Anschließend warf er einen Blick in den
Warteraum. Er musterte jede der Frauen und jedes Kind, bevor er Lukas
anerkennend zunickte.
Dann zog er sein Handy aus der Jackentasche und drückte eine Kurzwahltaste.
„Wir sind hier fertig“, erklärte er knapp.
Wenige Minuten später saßen die vier Männer schon wieder im
Wagen auf dem Weg zurück nach Frankfurt. Zuvor hatte Matthias Lukas und den
beiden Wächtern mit Händedruck und Schulterklopfen für ihre gute Arbeit
gedankt.
25
Der Hunger nagte an Lukas wie eine Bestie mit Klauen und
Zähnen. Seine Vorstellung, er könnte die ganze Woche warten, um sich an seinen
freien Tagen zu nähren, zerplatzte wie eine Seifenblase. Die Realität seines
Hungers ließ keinen Raum für irgendwelche Illusionen. Dabei hatte er den
Einsatz seiner hypnotischen Kräfte nicht als besonders anspruchsvoll empfunden.
Es war eine Übung in Konzentration und Ausdauer gewesen, aber auch die kostete
Energie. Die anderen drei Bluttrinker waren ebenso begierig auf Nahrung. Dieses
intensive Bedürfnis hing im Innenraum des BMW wie ein drückender Nebel.
„Es ist kurz vor eins“, verkündete Matthias, als sie sich
Frankfurt näherten. „Ich nehme an, es hat niemand was dagegen, wenn wir eine
Pause einlegen. Wo wollt ihr hin? Ich richte mich nach euch. Sachsenhausen oder
Bahnhofsviertel?“
Charly, der Wächter, der neben Lukas auf der Rückbank saß, meldete sich
missvergnügt zu Wort.
„Ich hab´s doch gesagt! Warum haben wir nicht den kleinen Schlenker über
Mannheim gemacht?“
„Genau!“, ließ sich Samuel vernehmen.
„Das könnt ihr in eurer Freizeit machen.“ Matthias klang eisig. „Es gibt heute
absolut keinen Grund, sich auf Spesen zu amüsieren, klar!“
Matthias nahm die Abzweigung Richtung Innenstadt.
Charly gab ein mürrisches Geräusch von sich. Dann lehnte er sich in dem
geräumigen Ledersitz zurück und wandte sich mit einem Grinsen Lukas zu.
„Vor ein paar Monaten war der Bursche besser gelaunt“, erzählte er, mit Blick
auf Matthias. Samuel schnalzte genießerisch mit der Zunge.
„Wir saßen fünf Tage in Hannover fest. Mussten alle Betroffenen in ihrer
Freizeit bearbeiten. Hochsommer halt. Zwischen elf und vier hat man nicht viel
Spielraum.“
Lukas nickte. Die Sommermonate in nördlichen Breiten konnten für Bluttrinker
ausgesprochen lästig werden.
„Gibt da einen schicken Laden. Mit der üblichen Tarnung. Sieht nach außen wie
´ne stinknormale Disco aus. Hat´s aber in sich. Die Mädels sind scharf wie
Rasiermesser.“
Matthias grinste in den Rückspiegel.
„Ihr könnt euch drauf verlassen, dass das so bald nicht wieder vorkommt. Das
war eine absolute Ausnahmesituation. Soweit ich weiß, hat Johann mit der alten
Lady Sonderkonditionen für euch ausgehandelt. Wenn er euch auch noch jagen
geschickt hätte, wärt ihr mit der Arbeit bis heute nicht fertig.“
„Sonderkonditionen? Na, womöglich lässt die Alte uns nie mehr rein.“ Charly
beugte sich vor und klopfte seinem Kollegen gönnerhaft auf die Schulter. „Wir
haben die Mädels zu sehr strapaziert.“
„Ja, genau.“ Matthias schüttelte lachend den Kopf. „Ihr seid unsere
Spezialisten für Lebensart.“
„In Hannover
Weitere Kostenlose Bücher