Bluttrinker (German Edition)
Raubtiers, das in ihm
lebte. Der beständige Kampf, den sie alle mehr oder weniger führten, brachte
eine tiefe, instinktive Verachtung all jenen gegenüber mit sich, die unterlagen
und deren Triebe die Oberhand gewannen.
Das traf in klassischer Weise auf den typischen Abtrünnigen zu.
Aber auch Breitner hatte sich seinen Dämonen ergeben.
Keinesfalls würde Jeremias zulassen, dass der Verbrecher noch einmal
entwischte. Es wäre nicht das erste Mal, dass er einen Abtrünnigen auf eigene
Rechnung richtete, ohne Wissen oder Zustimmung des Rates. Dieses Recht behielt
Jeremias sich vor. Schließlich war er der Jäger . Der Begründer dieser
uralten Organisation. Es war sein persönlicher Krieg, damals wie heute. Keine
Institution schrieb ihm vor, was er zu tun oder zu lassen hatte. Schon gar
nicht der Rat, der seine Existenz seiner Initiative verdankte.
Kein Wunder, dass die Politiker ihn gerne los wären, wenn sie denn die Macht
dazu hätten.
Trotz Jeremias Aufmerksamkeit waren es grade Breitners
abgründige Fantasien, die dem Jäger einen Strich durch die Rechnung machten.
Zwar hatte Breitner die Fähre zu Fuß betreten, doch er verließ sie in einem
Auto.
Was Jeremias für das Schwelgen in grausamen Erinnerungen gehalten hatte, war
teilweise die Vorfreude auf neue Verbrechen gewesen! Er bemerkte erst, als der
alte Kombi bereits vom Kai fort in Richtung Autobahn fuhr, dass seine Beute
schon wieder Opfer gefunden hatte. Während der Überfahrt hatte er sich an eine
Mutter von sieben- und zehnjährigen Mädchen herangemacht. Es war ihr Kombi, in
dem er den Hafen verließ.
Jeremias verlor keine Zeit. In einer Geschwindigkeit, die ihn für sterbliche
Augen unsichtbar machte, eilte er zu seinem Mietwagen und nahm die Verfolgung
auf.
Es erschien ihm unklug, Breitner auf der stark befahrenen
Strecke Richtung London zu stellen. Zumal er jetzt auch noch auf die drei
Sterblichen Rücksicht nehmen musste.
Das konnte unnötige Aufmerksamkeit nach sich ziehen, womöglich Unfälle
verursachen.
Jeremias beschloss, Breitner und seinen Opfern bis zu ihrem Ziel zu folgen.
Jeremias verfolgte den Kombi bis in den Großraum London, wo
er die Innenstadt auf der M25 halb umrundete. Kurz vor Thorne ließ er die Stadt
rechts liegen und wechselte auf die M3 in Richtung Southhampten.
Die geistige Selbstbeherrschung des flüchtigen Bluttrinkers
war stark genug, um Jeremias das eigentliche Ziel seiner Fahrt vorzuenthalten.
Er fing nur einige blasse Bilder auf, die Breitner dem Bewusstsein seiner Opfer
entnommen hatte. Darunter war ein gemütliches Cottage, umgeben von einem großen
Garten, der reichlich Abstand zu den Nachbarn versprach. Und ein paar Eindrücke
von einem ausgebauten Keller, der neben einer gewissen Bequemlichkeit Schutz
vor der Sonne bot. Offenbar hatte Breitner die Absicht, sich im Heim seiner
Beute einzuigeln.
Zunächst stellte es keine Herausforderung dar, Breitner
unauffällig zu folgen. Es waren genügend Wagen in die gleiche Richtung
unterwegs, um dem altersschwachen Fahrzeug in relativ geringem Abstand auf den
Fersen zu bleiben. So vergingen die ersten zwei Stunden. Es war bereits zwei
Uhr früh, als der Verkehr so dünn wurde, dass Jeremias den Abstand vergrößern
musste
Zum einen würde es dem Bluttrinker auffallen, dass ihm ständig der gleiche
Wagen folgte - schließlich funktionierten auch Breitners Augen in tiefer
Dunkelheit am besten. Zum Anderen verschleierten die ablenkenden Impulse
Sterblicher die Anwesenheit eines Artgenossen.
Es würde Breitner auf einer verlassenen Autobahn relativ leicht fallen, zu
erkennen, dass der Fahrer des einzigen Wagens, der ihm folgte, ein Bluttrinker
war.
Andererseits bestand das Risiko, dass Jeremias den Anschluss verlor, wenn er
die Entfernung zu groß werden ließ. Breitner könnte das Heim dieser Menschen
erreichen und eins der Kinder verletzen, bevor er einschreiten konnte. Noch
immer gelang es ihm nicht das genaue Ziel auszumachen, was ihn zunehmend
irritierte.
Die Bilder, die Breitner ausstrahlte, waren zu statisch, gleichförmig, als
liefe eine Diashow ab.
Eine Diashow?
Für wen?
Für einen Verfolger!
Jeremias fluchte und trat das Gaspedal durch. Diese Fahrt
dauerte bereits viel zu lange. Wenn das so weiter ging, konnte es eng werden,
wenn er vor der Morgendämmerung in die Burg zurückkehren wollte. Die Fahrt ging
haargenau in die falsche Richtung. Womöglich führte Breitner ihn bewusst von
London weg!“
Vermutlich glaubte er, ein englischer Jäger hätte ihn
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