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Blutwahn - Der Schrecken am See

Blutwahn - Der Schrecken am See

Titel: Blutwahn - Der Schrecken am See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: André Wegmann
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Fleisch an seiner rechten Schulter war teilweise bis auf den Knochen abgenagt. Er stöhnte schmerzerfüllt.
„Steh auf, Baby“, flüsterte Jana ihm zu und griff nach seiner Hand. Philipp versuchte aufzustehen, es fiel ihm aber sichtlich schwer. Jana half ihm, unter Aufbietung ihrer ganzen Kraft, auf die Beine und drängte ihn zur Treppe.
„Hoch“, sagte sie nur.
Philipp krümmte sich und quälte sich langsam nach oben. Jana hob schnell das Messer auf, das Philipp aus der Hand gefallen war. Instinktiv und ohne das Risiko abzuwägen, ging sie dann in das Badezimmer und nahm auch noch ihr Smartphone an sich. Anschließend betrat sie wieder den Flur und huschte zur Treppe. Doch plötzlich wurde sie am Fußgelenk festgehalten. Die Kreatur, die am Boden lag, hatte anscheinend wieder neuen Kampfgeist entwickelt, öffnete ihr Maul und wollte ihre Zähne in Janas Unterschenkel stoßen. Im letzten Moment gelang es ihr den Fuß loszureißen und dem Monster einen harten Tritt mitten ins Gesicht zu verpassen. Dann folgte sie Philipp nach oben.

 
    18
     
    Nur mit viel Mühe gelang es Adrian Goldbach die Zahlen in dem vergilbten Notizbuch zu entziffern, das auf seinem Schoß lag. Er gab sie in sein Telefon ein. Bereits nach einem Freizeichen meldete sich die Stimme von vorhin:
„Professor?“
„Gibt es neue Erkenntnisse?“
„Bisher habe ich keine neuen Informationen. Die Aktion geht gleich los.“
„Ich möchte dabei sein. Also mit vor Ort“, sagte Adrian.
„Professor, was sollte das bringen? Wir können uns keine Verzögerungen erlauben.“
„Dann sorgen Sie dafür, dass es dadurch keine Verzögerung gibt. Aber ich werde dabei sein.“
Adrian legte auf und trank einen Schluck seines edlen Hennessy XO-Cognacs. Sogleich schenkte ihm das Getränk eine innere Wärme und nahm ein wenig von seiner Nervosität. Zusätzlich zündete er sich noch eine Zigarette an – seine erste seit fast 20 Jahren. Die zerknitterte, vergilbte HB Packung, aus der er diese entnahm, hatte er für Notfälle aufbewahrt und ein solcher war jetzt definitiv eingetreten. Während das Rauchen von Zigarren für ihn einen Genuss bedeutete, dienten Zigaretten nur der vermeintlichen Beruhigung. Es war eigentlich ganz einfach, dachte Adrian. Es gab drei Möglichkeiten: Die erste wäre der absolute Supergau, eine Katastrophe mit verheerenden Folgen, die zweite ein persönliches Fiasko für ihn und seine Familie. Gut, er war schon alt und seine Tage waren gezählt, aber es gab Menschen, die er liebte und die darunter zu leiden hätten. Und die dritte und einzig akzeptable Option war, es zu den ersten beiden einfach nicht kommen zu lassen.
 
    Er dachte über sein bisheriges Leben nach und kam zu dem Schluss, dass er nichts bereute was gewesen war. Er hatte sein Möglichstes getan und er hatte ein schönes und erfülltes Leben geführt. Jeder Mensch versuchte doch aus seinen gegebenen Voraussetzungen das Beste zu machen und strebte nach seinem persönlichen Glück. Und das war doch der springende Punkt. Er stimmte der weit verbreiteten Auffassung zwar zu, dass jeder selbst für sein Glück und sein Leben verantwortlich war, aber die Bedingungen waren doch sehr unterschiedlich. Jemand, der in den Slums von Somalia geboren wurde, hatte eben eine andere Ausgangslage als das verwöhnte Gör einer reichen Familie aus einem wohlhabenden Industriestaat. Und er war zu einer Zeit und unter Umständen geboren, die ihm kaum Handlungsspielraum ermöglichten. Er war überzeugt, dass vor allem die Erziehung und das Umfeld einen Menschen prägten, von daher war sein Weg damals vorgegeben und er hatte keine andere Wahl gehabt. Wäre er gegen den Strom geschwommen, könnte er sicher nicht auf ein solch langes und angenehmes Leben zurückblicken, sondern würde vermutlich längst tot sein. Sein Gewissen war also rein, da er aber alles andere als dumm war, wusste er natürlich, dass viele Menschen das heutzutage anders sehen würden.
 
    Er nahm noch einen Schluck von seinem Cognac und zündete sich die nächste Zigarette an. Bilder aus längst vergangenen Tagen kamen ihm in den Kopf: Die alten Baracken, sein gebieterischer Vater, das angstvolle Geschrei, das panische Weinen und dann die schlauchförmigen Instrumente. Er sah sich selbst in jungen Jahren, wie er eine Spritze aufzog, während ihn flehende Blicke um Gnade baten. Dann sein Vater mit hochrotem, zornigem Kopf, als am Anfang noch nicht alles so lief, wie erhofft. Er erinnerte sich wie schockiert er selbst gewesen

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