Blutwahn - Der Schrecken am See
dem Desinfektionsmittel, heraus und trat wieder zu Philipp.
„Ich zieh dir jetzt dein Shirt aus und versorge deine Wunde.“
Mit einiger Mühe gelang es ihr, ihm sein blutverschmiertes Shirt über den Kopf zu ziehen. Seine Schulter sah wirklich schlimm aus und leichte Übelkeit stieg in Jana hoch. Das Gewebe war stellenweise so zerfetzt, dass der Schulterknochen zu sehen war.
„Gleich wird es weh tun, ich sprühe dir jetzt Desinfektionsmittel in die Wunde.“
Ohne eine Reaktion abzuwarten tat Jana dies auch und Philipp schrie laut auf. Dann wickelte sie den Mullverband um seine Schulter und unter seiner Achselhöhle hindurch. Sie verbrauchte die ganze Rolle und steckte das Ende der Binde in den Verband, damit es hielt. Besser als gar nichts, fand sie. Vielleicht half es ein bisschen. Fest stand aber, dass Philipp dringend in ein Krankenhaus musste. Er stöhnte wehklagend vor sich hin. Der Blutverlust und die Schmerzen schienen ihm stark zuzusetzen. Wieder stand Jana vor der Frage, was sie nun tun sollte. Sie konnte hier nicht einfach herum sitzen und abwarten. Philipps Zustand würde sich mit der Zeit immer weiter verschlechtern und was wäre, wenn diese schrecklichen Gestalten wieder hochkämen? Sie hatte keine Kettensäge mehr, sondern nur noch ein Taschenmesser um sich zu verteidigen. Zudem schienen diese Ungetüme ja ziemlich schmerzresistent und zäh zu sein. Ein normaler Mensch wäre längst abgekratzt, nachdem man ihm den Bauch aufgesägt hatte, aber dieses Ding war immer noch lebendig.
Von unten hörte sie ein lautes Poltern und fast zeitgleich donnerte es – wenn auch nicht mehr so lautstark wie vorhin noch. Aus dem Fenster springen und ungeschützt durch die Nacht laufen um Hilfe zu holen, war eine Möglichkeit. Sie brachte beträchtliche Risiken mit sich: Draußen war sie noch angreifbarer als hier oben. Vor allem aber musste sie Philipp dann alleine lassen und der war außerstande sich noch irgendwie zu wehren. Die zweite Option war nach unten zu gehen und diesen Kampf für sich zu entscheiden. Die eine Kreatur wirkte ja zumindest schon halb erledigt, nur das Wesen mit den langen Haaren wäre eine richtige Herausforderung. Es war groß, stark und von einer tollwütigen Kraft angetrieben. Nachdenklich ging Jana in den Flur und holte erneut ihr Handy hervor. Immer noch kein Empfang. Dann betrat sie das benachbarte Zimmer und sah sich um. Wenn sie nur irgendetwas finden würde, das sie vielleicht als Waffe einsetzen könnte oder was zumindest irgendwie nützlich war. Sie sah sich im Spiegel der Frisierkommode und erschrak: Die schweißnassen Haare klebten ihr im Gesicht, das genauso wie ihr beiges T-Shirt blutverschmiert war. Sie sah aus als hätte sie ohne Schutzkleidung im Schlachthaus gearbeitet. Außerdem fühlte sie sich erschöpft und ausgelaugt. Plötzlich hörte sie Philipp stöhnen – wesentlich lauter als noch gerade und irgendwie guttural. Besorgt eilte sie in ihr Schlafzimmer zurück und ihr bot sich ein schlimmer Anblick.
20
Philipp wälzte sich schmerzerfüllt auf dem Bett. Jegliche Farbe war aus seinem verschwitzten Gesicht gewichen und sein erst gerade angelegter Verband war bereits nahezu vollständig blutdurchtränkt. Jana tat es im Herzen und in der Seele weh, ihn in einem solchen Zustand zu sehen und nichts dagegen tun zu können. Sie setzte sich auf die Bettkante.
„Jana?!“, stieß er stöhnend hervor und drehte sich zu ihr.
„Ich bin da, Schatz.“ Sie ergriff seine Hand und streichelte zärtlich darüber.
„Ich glaube ich schaff´s nicht.“ Philipps Stimme war brüchig und fast ein Flüstern.
Er schaute Jana mit schmerzverzerrtem Gesicht an.
„Du musst durchhalten, Baby. Ich brauch dich doch. Du weißt doch, gemeinsam schaffen wir alles. Halt noch ein wenig durch. Ich tue alles, um uns hier herauszubringen.“
Verzweiflung stieg in Jana hoch und sie kämpfte mit den Tränen. Am liebsten hätte sie laut los geschrien, aber sie wollte jetzt Stärke und Zuversicht vor Philipp zeigen. Vielleicht gab ihm das die nötige Kraft. Philipp schüttelte kaum merklich den Kopf und stöhnte auf.
„Es tut so dermaßen weh.“
„Ich weiß, Schatz.“ Jana streichelte ihm behutsam über die Stirn.
„Du schaffst das Jana. Du bist stark, wenn du es willst.“ Philipp fiel das Sprechen sichtlich schwer.
„Schscht, wir schaffen das Beide. Wir kommen hier raus und dann wird alles wieder gut.“
Philipp schaute Jana mit glasigen Augen an.
„Sag meinen Eltern und meiner
Weitere Kostenlose Bücher