Blutwelt
nicht, und deshalb fragte er: »Wer bist du?«
»Justine Cavallo!«
Den Namen hatte er noch nie zuvor gehört. Justine Cavallo sagte ihm nichts. Er wusste nur, dass sie zu den Schattenwesen gehörte, und das reichte eigentlich schon aus. Zumindest im Normalfall, aber hier lagen die Dinge anders.
Frantisek war kein Dummkopf. Er konnte sich leicht vorstellen, dass er ein Teil des Ganzen war, wie man immer so schön sagt, und in einen großen Plan eingebunden war, aber das war nur eine Hypothese, und er würde erst nachfragen müssen.
»Woher kennst du mich?«
»So unbekannt bist du in gewissen Kreisen nicht, Pfähler. Ich habe einiges über dich erfahren.«
»Es gibt zwischen uns keine Verbindungen«, erklärte er ihr mit scharfer Stimme. »Abgesehen davon, dass ich Vampire hasse, aber das wirst du selbst wissen.«
»Wir haben einen gemeinsamen Freund«, erklärte sie und lächelte dabei breit. »Und auf dieser Ebene werden wir uns treffen, denke ich mal. Der Freund heißt John Sinclair.«
Komisch. Marek war nicht mal überrascht. Irgendwie hatte er sich das schon gedacht. Er dachte nach, bevor er eine Antwort gab. »Ich glaube kaum, dass John Sinclair ein Freund von dir ist. Er sucht sich seine Freunde aus, und wie ich ihn kenne, wäre es ihm ein großes Anliegen, dich zu vernichten.«
Justine bewegte sich und stemmte die Fäuste in die Hüften. »Wie sollte er das schaffen? Er hat es versucht, aber er ist ins Leere gelaufen. Es war vorbei, Marek. Es hat nicht geklappt, aber auch ich habe ihn nicht vernichten können. Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, und ich denke, dass mein Spiel von vorn beginnt.«
Der Pfähler hatte sehr genau zugehört und auch jedes Wort verstanden. Mit dem Begriff Spiel konnte er nicht viel anfangen, er hätte ein anderes Wort dafür benutzt. Nicht Spiel, sondern Intrige, bei der er der Köder war. Er ließ sich von dem Anblick der Blonden nicht mehr ablenken, denn plötzlich kam ihm etwas in den Sinn, und es waren nicht mal viele Puzzlestücke, die er zusammenfügen musste.
Sein Geburtstag. John’s Zusage, nach Petrila zu kommen, um mit ihm den Tag zu feiern.
Das alles wusste auch die Gegenseite und hatte entsprechend reagiert. So konnte die Falle aufgebaut werden, in die er ahnungslos hineingetappt war. Er ärgerte sich noch im Nachhinein, dass er sich von Gundula hatte übertölpeln lassen, aber es war einfach zu spät, sich jetzt darüber Gedanken zu machen.
»Du willst Sinclair, nicht?«
»Ich will alle.«
»Aber zunächst ihn.«
»Ja, so ist es. Zwischen uns steht noch eine Rechnung offen, und die werde ich hier begleichen. Ich weiß, dass er kommen wird. Manchmal ist es gut, wenn man sich besonders perfekt informiert. Und wenn er dann hier ist, glaube ich kaum, dass es jemanden gibt, der ihn noch retten kann, Marek.«
Frantisek verfluchte sich. Er verfluchte sein Schicksal. Er dachte daran, alles falsch gemacht zu haben, aber er hatte auch die andere Seite unterschätzt und sich zu sehr auf sich selbst konzentriert. Nichts ging mehr. Es war alles aus. Er hatte versagt. Er war kein Kämpfer mehr, sondern nur noch ein Köder, und er würde John auch nicht mehr warnen können.
Dennoch gab es den Widerstandswillen in ihm. Er kochte hoch. Er spürte den Druck im Kopf, den das Blut hinterlassen hatte. Die Haut an den Schläfen zuckte, und er hatte den Eindruck, als könnte die Blonde sein Blut bereits riechen.
Nicht weit von ihm entfernt lag Dunja auf dem Boden und stöhnte. Sie bewegte sich dabei nicht und sah aus wie eine Puppe, der die Kleider genommen worden waren.
Auch sie war das Werkzeug in diesem Spiel der Intrigen gewesen, und jetzt merkte er, wie sein Herz schneller schlug. Es war nicht mal die Furcht vor dieser Justine Cavallo, die ihre beiden Vampirzähne präsentierte, als wollte sie dafür Reklame machen, er dachte mehr an seinen Freund John Sinclair, der nichts ahnend hier eintreffen würde und damit rechnete, dass alles okay war, um einen Geburtstag feiern zu können, auch wenn daraus kein großes Fest wurde. Immerhin wollten sie zusammen sein und von anderen Zeiten sprechen.
Justine schaute auf ihn nieder. Es war dunkel, es war recht kalt, aber noch kälter war ihr Blick, das erkannte er trotz der nächtlichen Finsternis.
Dann dachte er wieder an John Sinclair. Warum hatte ihm der Geisterjäger nichts von dieser Person erzählt? Oder hatte er das doch bei einem der Telefongespräche, die sie geführt hatten? Sie waren recht rar, was sich eigentlich auch
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