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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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und flüsterte:
    »Wozu? Die Burschen würden ihre eigene Mutter des Raubmords bezichtigen, wenn einer der Brüder sie darum bäte.«
    »Klar. Aber wenn wir nur einen von ihnen irgendwo anders lokalisieren können, haben wir die erste Lücke in seiner Aussage.«
    Sanne nickte Meriton zu und zeigte aufs Papier, während Shpend übersetzte. Mit einem scheelen Blick schrieb der Zuhälter eine Reihe Namen auf.
    »Sag ihm, wir wissen, dass er ganz genau weiß, weshalb er hier ist«, sagte Sanne. »Und dann frag ihn, wo sein Bruder ist.«
    Der Dolmetscher übersetzte, Meriton schüttelte den Kopf.
    »Er hat ihn seit vorgestern nicht mehr gesehen.«
    In diesem Moment klopfte es an der Tür, und ein großer, kahlköpfiger Mann in den Fünfzigern polterte ins Zimmer, ohne eine Antwort abzuwarten. Unter dem Fettgewebe versteckte sich eine ansehnliche Muskelmasse.
    »Hej, Kim«, begrüßte ihn Allan.
    Der große Mann nickte Allan kurz zu und ließ die Augen über Meriton gleiten, der zurückstarrte, ohne das Gesicht zu verziehen. Dann bemerkte er Sanne. Er spitzte den Mund, räusperte sich.
    »Entschuldigung«, sagte er. »Ich habe gehört, dass ihr nach mir gefragt habt?«
    Allan sah ihn fragend an. »Ach ja? Wer sagt das?«
    Kim wies nach hinten, blickte wieder auf Meriton, dann aus dem Fenster.
    »Ich traf gerade …« Er hielt inne. »War wohl ein Versehen. Entschuldigt, dass ich euch unterbrochen habe.« Dann war er weg.
    »Wer war das?«, wollte Sanne wissen.
    »Kim A . Ist früher beim Überfallkommando gewesen. Was wollte er hier?«
    »Wurde er nicht dem Fall zugeteilt, den Lars jetzt bearbeitet?«
    »Das könnte hinkommen.« Allan prustete. Lachte er darüber?
    Meriton murmelte irgendetwas, und Shpend zog eine Zigarette aus der Schachtel und zündete sie an. Meriton inhalierte und stieß zwei enorme Rauchwolken aus, eine aus jedem Nasenloch.
    Diesmal zog Sanne Allan in eine Ecke.
    »Er darf nicht merken, dass wir über die Prügel Bescheid wissen, die Mira von ihnen bezogen hat. Sonst bekommen die Mädchen, mit denen sie sich das Zimmer teilte, nur Ärger und wahrscheinlich auch Schläge.«
    Allan nickte. »Okay.«
    Sanne sah Meriton direkt in die Augen. Sie versuchte, sich von dem durchdringenden Gestank nach saurem Schweiß nicht ablenken zu lassen. »Du gibst also zu, dass du Mira kennst?«
    Meriton richtete sich auf.
    »Sie war eine … wie sagt man … Freundin?«, übersetzte Shpend. »Er hat sie seit diesem Abend, seit dem 4. Mai, nicht mehr gesehen.«
    Meriton zog an der Zigarette, Papier und Tabak glühten auf. Er fing an zu reden. Hastig, gestikulierend. Der Dolmetscher konnte kaum folgen. Meriton und Ukë hatten sich um 23:30 Uhr am Burger Palace an der Vesterbrogade mit Mira verabredet. Aber sie erschien nicht. Ein paar ihrer Freundinnen – hier grinste Meriton – hatten sie eine Stunde vorher die Absalonsgade heruntergehen sehen. Die Brüder ließen ihre Leute nach ihr suchen, aber Mira blieb wie vom Erdboden verschluckt. Bis er sie heute auf der Titelseite der Zeitung gesehen hatte. Meriton zeigte mit dem Kopf auf das aufgeschlagene Exemplar der BT , das auf Tokes Schreibtisch lag.
    Allan beugte sich vor, sein Bauch quoll über die Schenkel.
    »Weißt du, was ich glaube? Ich glaube, du und dein Bruder habt herausgefunden, dass sie ein oder zwei Kunden hatte, von denen sie euch nichts erzählt hat. Und dann habt ihr sie verschwinden lassen.«
    Meriton schaute weg. Paffte seine Zigarette.
    »Einen Scheiß wisst ihr. Die dänische Polizei weiß einen Scheiß«, sagte er. »Ihr solltet besser herausfinden, wer meine Freundin Mira ermordet hat.« Der Dolmetscher starrte ihn mit offenem Mund an.
    Allan hatte sich mit hochrotem Kopf halb aus dem Stuhl erhoben, Sanne musste ihn zurück auf den Sitz drücken. Sie wedelte mit der Namensliste, die Meriton aufgeschrieben hatte.
    »Jetzt hör mir mal zu: Wir checken diese Liste. Du kannst nur hoffen, dass einer von ihnen an diesem Abend nicht irgendwo anders gesehen wurde. Bei einem Verkehrsunfall vielleicht oder weil er bei Rot über die Straße gegangen ist. Oder bei einer Wirtshausschlägerei …« Meritons Blick flackerte. »Und wenn du deinen Bruder siehst, dann sag ihm, dass wir ihn sehr gern hier sehen wollen. Möglichst noch heute oder allerspätestens morgen. Wenn er nicht erscheint, werden wir dafür sorgen, dass ihr euren Laden dichtmachen könnt. Verstehst du, was ich sage?«
    Meriton spuckte den Zigarettenstummel aus. Der Gestank von verbrannten

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