Blutwind
Fahrer, »… und hältst dich bereit, Allan zu folgen.«
Der Beamte auf dem Beifahrersitz drehte sich halb um.
»Sie hat Recht. Normalerweise haben die hier in den Wohnungen Leute, die die Straße beobachten.«
Allan lehnte sich zurück.
»Kein schlechter Plan«, gab er zu. »Ich gebe euch eine Minute, dann gehe ich runter.« Er öffnete die Tür und stieg aus.
Der Mondeo reihte sich wieder in den Verkehr ein und fand kurz darauf einen Parkplatz – gegenüber vom Shqiptarë. Sanne hielt den Beamten mit einer abwehrenden Geste zurück, öffnete die Tür selbst und sprang hinaus.
»Hier ist die Polizei«, sagte sie in die Gegensprechanlage des Hauses neben dem Kellerlokal.
»Wird auch Zeit, dass ihr endlich was unternehmt.«
Im Hof spielten ein paar Kinder unter einem verkümmerten Baum im Sandkasten. Ihre Eltern saßen beim Kaffee an einem Tisch und beobachteten Sanne und ihren Kollegen, die an der Mauer zur Hintertreppe der Hausnummer 10 schlichen. Niemand sagte etwas. Die Sonne brannte. Der Hof schwitzte, ein Backofen. Aus einem offenen Fenster plärrte ein Radio. Eine klagende Stimme über einem primitiven Beat.
»Ich gehe jetzt rein«, schnarrte Allan über Funk.
Sanne und der Beamte zogen sich ein Stück hinter die Mauer zurück. Sie schwitzte. Im Nacken, unter den Armen. Und führte flüsternd Selbstgespräche. Ein, zwei, drei, vier. Sie wurde unterbrochen durch ein lautes Rumoren aus dem Keller. Irgendjemand schrie etwas. Eine Tür schlug zu. Gleich darauf Schritte auf der Treppe, die Tür flog auf, und ein untersetzter, korpulenter Mann in einem dreckigen Jogginganzug stand in der Tür und blinzelte ins grelle Sonnenlicht.
Sannes Kollege trat einen Schritt vor, stellte sich vor ihn.
»Weiter kommst du nicht, Kumpel.« Er hob die Hand, um sie dem Mann auf die Schulter zu legen, doch der Untersetzte missverstand ihn und schlug zu. Der Polizist wurde an der Schläfe getroffen und sackte lautlos zu Boden. Der Mann sprang über den Beamten und wollte über den Hof entkommen. Sanne dachte nicht nach, sie streckte lediglich einen Fuß aus und blockierte damit seinen rechten Unterschenkel. Mit einem dumpfen Rums fiel er neben den Polizisten. Sanne zog die Dienstpistole aus dem Schulterhalfter und hielt sie mit beiden Händen vor sich.
»Bleib einfach liegen!«, schrie sie.
Ihr Herz pumpte, sie rang nach Atem. Die Menschen am Tisch hatten noch immer keinen Laut von sich gegeben. Einer hatte die Kaffeetasse gehoben, in der Mitte zwischen Tisch und Mund war die Bewegung erstarrt. Eines der Kinder weinte.
Wieder waren Schritte auf der Treppe zu hören.
»Mein Gott!« Allan tauchte in der Tür auf. Er trat zwei Schritte auf sie zu, wand Sanne die Pistole aus den Händen und warf einen Blick auf den Polizisten, der vor Schmerz stöhnte. Er sicherte die Pistole und stopfte sie in den Hosenbund. Dann ging er auf den Verhafteten zu, drehte ihm die Arme auf den Rücken und fesselte ihn mit Plastikband.
»Es ist 09:37 Uhr, und Sie sind festgenommen«, erklärte er und stand auf. Erst dann gab er Sanne die Pistole zurück.
»Setz dich einen Moment.« Allan half ihr auf eine Kiste, die am Haus stand. »Halt den Kopf zwischen die Beine.«
Sanne gehorchte, während Allan dem Kollegen aufhalf. Ihre Gedanken drehten sich. Die Hitze. Die Dienstpistole in ihrer Hand, der gleitende Widerstand des Abzugs. Die Leichtigkeit. So nahe dran.
Der letzte Kollege kam mit gezogener Waffe in den Hof gelaufen.
»Du kannst die Kanone wieder einstecken«, rief Allan ihm zu.
Er beugte sich über Sanne.
»Bist du okay?«
Sie nickte, spuckte zwischen ihre Füße.
» E …er haut ab.« Einer der Erwachsenen am Tisch zeigte auf den Mann, den Sanne zu Fall gebracht hatte. Er war wieder auf die Beine gekommen und lief ungeschickt mit auf dem Rücken gefesselten Händen auf einen Schuppen am anderen Ende des Hofs zu.
»He, he, du!« Allan setzte ihm nach und holte ihn ein. Erwischte das T -Shirt, aber der andere riss sich los und lief weiter. Allan stellte ihm ein Bein. Noch einmal fiel der Mann, doch diesmal, ohne dass er sich mit den Händen abstützen konnte. Allan winkte einen Beamten zu sich, und gemeinsam schleppten sie den Verhafteten zurück. Sein Gesicht hatte durch die Begegnung mit dem Asphalt einiges abbekommen, der gesamte Kopf war mit Erde, Blut und Dreck verschmiert. Die Augen halb geschlossen. Das T -Shirt über der Brust zerrissen. Ein strenger Schweißgeruch ging von ihm aus.
Allan zog ihn auf die
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