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Blutwind

Blutwind

Titel: Blutwind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Melander
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die Lippe.
    »Dann ist es doch gut, dass sie noch ihre alten Freundinnen hat.« Er trat auf die andere Seite des Ladentischs, sorgte dafür, dass der Tisch sich zwischen ihnen befand.
    Elena nickte, schaute abwesend den beiden Kundinnen zu.
    »Entschuldigung …« Eine der beiden wandte sich an Elena, hielt etwas in der Hand, das eher wie ein Theaterrequisit als wie ein Schuh aussah. »Haben Sie den auch in Größe 39?«
    Lars wollte etwas sagen, aber Elena unterbrach ihn.
    »Ja, einen Moment, ich gehe nachsehen.« Dann wandte sie sich an Lars: »Das wollte ich nur loswerden.« Sie war bereits auf dem Weg ins Hinterzimmer. »Hör endlich auf, dich in deine Arbeit zu vergraben.«
    Er flüsterte irgendetwas als Antwort, wusste aber selbst nicht recht, was er eigentlich sagte.
    »Ich weiß, wie ihr seid«, sagte Elena. Dann war sie verschwunden.
    Kurz darauf stand Lars auf der Ny Østergade. Er wusste nicht, was er erwartet hatte, nur war nichts so, wie es sein sollte. Abgesehen von Maria – und Maria kam morgen.

12
    »Was zum Teufel habt ihr bloß mit ihm gemacht?« Der Arzt schlug seine Tasche zu. Meriton Bukoshi hatte während der Behandlung keine Miene verzogen. »Eigentlich müsste ich euch anzeigen.«
    Allan zog den Arzt beiseite und erklärte ihm die Verhaftung, während Sanne sich in dem Büro umsah, das Allan sich mit Toke teilte. Es war erheblich größer und heller als der Besenschrank, den man ihr zugeteilt hatte, aber sonst war die Einrichtung identisch, nur stand alles zweimal im Zimmer. Schreibtische, Telefone, Computer, Stühle und Aktenschränke. Und dann das Besondere, das den entscheidenden Unterschied ausmachte: Die beiden großen Fenster zur Niels Brocks Gade, die in diesem Moment den sommerblauen Himmel ins Zimmer strahlen ließen.
    Allan begleitete den Arzt zur Tür. Dann wandte er sich an den Verhafteten.
    »Na, Meriton, wollen wir uns ein bisschen unterhalten?«
    Meriton bedachte ihn mit einem wütenden Blick.
    »Vetëm shqiptar.«
    »Was heißt das?«, erkundigte sich Sanne.
    Allan legte die Arme übereinander.
    »Klingt fast wie der Name ihres Clubs, Shqiptarë. Heißt das Albanien oder Albanisch? Bestimmt will er einen Dolmetscher.« Allan sah Meriton fragend an, der nickte und gleichzeitig den Blick abwandte.
    »Na sieh mal an. Er versteht ausgezeichnet, was wir sagen. Er hat bloß keine Lust, Dänisch zu reden, was, Meriton?« Allan versetzte dem Gefangenen einen Schlag an die Schulter.
    Sanne fühlte sich nicht wohl dabei. Meriton grinste sie lüstern an.
    »Holst du mal einen Dolmetscher …?« Allan sah sie an.
    Eigentlich müsste sie einschreiten. Aber sie war neu hier und hatte keine Lust, mit Meriton allein zu bleiben.
    Zwanzig Minuten später kam sie mit Shpend zurück. Er war Mitte dreißig, sah aber mindestens zehn Jahre älter aus. Groß, mit unablässig tränenden Augen.
    Sie musste husten, als sie die Tür aufmachte. Die Luft im Büro stand vor Zigarettenrauch. Meriton saß aufrecht auf seinem Stuhl, die Hände im Schoß. Allan hockte auf der Fensterbank. Der Aschenbecher war doch leer gewesen, als sie ging? Dann musste es jetzt die zweite, vielleicht sogar dritte Zigarette sein. Bei beiden. Meriton hob eine Augenbraue, als sie durchs Büro lief, um ein Fenster zu öffnen. Allan drückte seine Zigarette aus und schob dem Dolmetscher mit dem Fuß einen Stuhl zu. Sanne blieb am offenen Fenster stehen.
    »Gut.« Allan rieb sich die Hände, blinzelte Sanne zu. »Fangen wir an.«
    Meriton warf seine Zigarette in den Aschenbecher, murmelte irgendetwas vor sich hin.
    »Wir würden gern wissen, was Meriton in der Nacht zum 5. Mai gemacht hat.« Allan sah Sanne an, die nickte. Meriton zog erneut die Augenbrauen hoch, ahnte wohl, dass irgendjemand etwas erzählt haben musste. Sie mussten die Mädchen gar nicht erwähnen. Sanne füllte ihre Lunge mit einem letzten Atemzug frischer Luft und setzte sich hinter dem Dolmetscher auf die Schreibtischkante. Meriton folgte ihren Bewegungen, während er die Frage beantwortete. Seine Augen klebten an ihrem Busen.
    Meriton hatte im Club Karten gespielt, ungefähr bis nachts um halb vier. Um Mitternacht hatte er etwas zu essen geholt. Danach war er in das kleine Zimmer gegangen, das er und sein Bruder sich im Erdgeschoss teilten, um zu schlafen.
    »Bitte ihn, die Namen der Leute aufzuschreiben, die in der Nacht mit ihm Karten gespielt haben.« Sanne legte Papier und einen Stift auf den Tisch vor Meriton.
    Allan zog sie ans andere Ende des Büros

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