Blutwind
Nørreport war. Ihr wisst, was zu tun ist. Toke, wir zwei nehmen uns Herrn Rasmussen vor.«
»Setz dich.« Lars schob Mikkel Rasmussen mit dem Fuß einen Stuhl zu. Er tat sein Bestes, um unfreundlich zu klingen.
Aber Mikkel schüttelte den Kopf.
»Ich bleibe lieber stehen.« Er starrte sie mit rot geäderten Augen an. Hatte in der Zelle sicher nicht viel Schlaf bekommen. Lars blickte in irgendeinen Bericht. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf den Inhaftierten.
»Wir haben in deiner Wohnung eine Hausdurchsuchung durchgeführt.«
Mikkel Rasmussen zuckte die Achseln.
»Das haben wir unter deiner Spüle gefunden.«
Lars nickte Toke zu, der nach einer durchsichtigen Plastiktüte griff. Er zog das graue Baumwollhemd heraus, das sie in der Wohnung gefunden hatten, und breitete es auf dem Schreibtisch aus.
»Ist das dein Hemd?«
»Wenn du es sagst.« Mikkel blickte auf einen Punkt direkt über dem Schreibtisch.
Lars erkannte die Resignation, er hatte so etwas schon unzählige Male gesehen. Jetzt ging es nur noch darum, ihm ein Geständnis abzuringen. Ein Lächeln breitete sich auf Tokes Gesicht aus.
»Dieser Fleck hier, was ist das?« Lars zeigte auf den Fleck auf der Vorderseite des Hemdes.
Mikkel zuckte die Achseln.
»Was weiß ich … Dressing? Vielleicht Waschpulver?«
»Ich habe diese Art von Flecken schon sehr oft gesehen, ich brauche keine technische Analyse, um dir zu sagen, dass es sich um Blut handelt.«
Wieder zuckte Mikkel die Achseln. Lars fuhr fort: »Und wenn ich dir nun erzähle, dass es Stine Bangs Blut ist?«
Mikkel Rasmussen verzog gequält das Gesicht. Beinahe hätte Lars Mitleid mit ihm gehabt. Dann dachte er an Stine Bang und Louise Jørgensen im Rigshospital und an das Bild, das er von Maria im Kopf hatte, nackt und verprügelt auf einer Grasfläche.
Mikkel Rasmussen lehnte sich zurück.
»Okay, ich hab’s getan. Ich habe sie geschlagen.«
Toke blinzelte Lars über den Schreibtisch hinweg zu.
»Gut, lass uns am Anfang beginnen. Stine verließ das Penthouse. Wie lange hast du gewartet, bis du ihr gefolgt bist?«
»Was meinst du? Ich bin ihr nicht gefol… Ahr.« Mikkels Gesicht fiel zusammen. »Glaubt ihr noch immer, dass ich es gewesen bin?«
»Dieser Blutfleck lässt sich nur schwer wegdiskutieren.«
»Ich habe Nasenbluten bekommen.« Mikkel Rasmussen verbarg das Gesicht in den Händen. Seine Stimme klang hohl hinter der Schicht aus Fleisch und Knochen. »Ihr habt mir doch selbst die Fotos gezeigt. Ihr habt gesehen, dass sie mich geschlagen hat. Und ja, ich habe zurückgeschlagen.«
Lars und Toke tauschten Blicke aus.
»Aber es ist ja auch vollkommen egal, was ich sage«, murmelte Mikkel. »Ihr glaubt mir ja doch nicht.«
»Okay.« Lars stützte die Ellenbogen auf den Schreibtisch. »Sagen wir, es hat sich so abgespielt, wie du es erzählst. Gibt es jemanden, der dich mit Stines Blut auf dem Hemd gesehen hat?«
»Keine Ahnung. Ich bin einfach nur raus und nach Hause. Haben die keine Überwachungskameras in so ’nem Laden?«
»Wieso hast du uns das nicht alles schon gestern erzählt?« Lars zeichnete Krickelkrakel auf die Rückseite des Ausdrucks einer Mail von Ulrik.
»Ich weiß nicht … vielleicht weil … weil die Polizistin so scheißwütend war.« Ein Anflug von der Aggressivität des Vortags kehrte zurück. »Ich weiß, dass es nicht sonderlich populär ist, Frauen zu schlagen. Wenn ich gesagt hätte, dass ich ihr eine geklebt habe, hättet ihr mir jedenfalls nicht geglaubt.«
»Das tun wir auch jetzt nicht«, sagte Toke.
Lars faltete das Hemd zusammen.
»Ich halte es für eine gute Idee, Mikkel, wenn du dir einen Anwalt besorgst. Wenn du keinen kennst oder dir keinen leisten kannst, werden wir einen Anwalt bestellen. Der Staat bezahlt.«
»Whatever. Kann ich einen Kaffee haben?«
»Einen bestellten Anwalt also.« Lars schob die Papiere und Fotos zu einem Haufen zusammen.
»Es scheint ihm vollkommen egal zu sein.« Toke schloss die Tür hinter dem Beamten, der Mikkel abgeholt hatte.
Lars kratzte sich am Kopf.
»Weißt du, dass ich ein ganz schlechtes Gefühl bei der Sache habe?«
»Jetzt hör aber auf. Bei Vergewaltigungen gibt es fast immer einen vorausgehenden Kontakt – in zwei von drei Fällen. Das weißt du genau.«
»Ja, sicher.« Lars wandte sich dem Fenster zu. Die Scheibe musste dringend geputzt werden. Im Hof wurde eine Besuchergruppe herumgeführt, sie legten den Kopf in den Nacken und sahen in den Himmel. Er drehte sich
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