Blutwind
Margits Gesicht, dann war es verschwunden. So schnell, dass man hätte meinen können, es sei nie da gewesen.
Christian lachte, sein Arm hielt sie in einem festen Griff, er drehte sich herum.
»Und das ist Ditlev.«
Ditlev kam in einem blau-weiß gestreiften Hemd und zerschlissenen Jeans die Treppe herunter. Ein dunkelrotes Seidentuch bauschte sich um seinen Hals. Die hervortretende Stirn zerfurcht und dunkel von zu viel Sonne. Die Augen hart, hungrig.
»Ich muss schon sagen.« Er ließ den Blick über sie gleiten. »Der Junge hat offensichtlich den guten Geschmack seines Vaters geerbt.« Er schnalzte mit der Zunge. »Willkommen. Lasst uns etwas trinken.«
Ein kleiner Tisch auf der Terrasse, gedeckt mit Gläsern, Nüssen und einer Flasche Rosé in einem Eiskühler. Sonnenstrahlen spielten in den Eisklumpen. Die feuchten Schweißflecke unter ihren Armen breiteten sich aus. Jetzt konnte sie ihren Cardigan nicht ausziehen. Ihr Herz klopfte. Ditlev bat Christian, die Flasche zu öffnen und einzuschenken.
»Mein Sohn hat mir erzählt, dass dein Vater Polizist ist … bei der Mordkommission?«
Maria nickte.
»Faszinierender Job. Sollte vielleicht besser bezahlt werden?« Ditlev zwinkerte.
»Hör auf damit, Vater.« Christian stellte ein Glas vor Maria und Ditlev und trat wieder an den Tisch, um seiner Mutter und sich einzuschenken. Sie wurde panisch, sobald Christian sich auch nur ein paar Schritte entfernte. Sie legte die Arme an und versuchte so, ihren Körper unter Kontrolle zu behalten. Er zitterte vor unkontrollierter Nervosität.
Margit, die kein Wort sagte, und Ditlev, dessen klebriger Blick Maria geradezu verschlang.
Christians Vater lachte. Trank und aß Nüsse.
»Der Junge hatte schon immer ein geradezu krankhaftes Interesse an Polizeiarbeit. Ja, ist doch wahr!«, rief er, als Christian ihn zu bremsen versuchte. Ditlev stützte sich auf den Tisch und verlagerte sein gesamtes Gewicht auf den Ellenbogen. Die Teakholzplatte knirschte, er sprach jetzt etwas leiser.
»Christian war nicht älter als elf, zwölf Jahre, als er nach Hause kam und behauptete, es gäbe hier in unserem Viertel einen Mörder. Er hatte bei irgendjemandem im Garten einen Knochen gefunden. War das nicht am Søbredden?«
Christian antwortete nicht, kehrte ihm den Rücken zu. Warum ließ er sie jetzt allein?
»Hast du den Knochen eigentlich je der Polizei gezeigt?« Ditlev lachte. »Ach, nun ist er sauer. Egal. Wir machen es uns trotzdem nett, was?« Er grinste plump vertraulich. »Ja, wie gesagt, dieser Knochen. Mehrere Tage haben wir gebraucht, um ihn davon zu überzeugen, dass es sich um einen Hundeknochen handelte. Verrückter Bengel. Prost!« Er trank und lachte. Maria schwitzte.
Margit nippte an ihrem Glas, fingerte am Saum ihres Rockes.
»Ich glaube, das Essen ist fertig.«
Sie aßen im Wohnzimmer. Dort könne man sich einfach besser unterhalten, ungestört, wie Ditlev sagte. Margit lief zwischen Wohnzimmer und Küche hin und her, trug Wasserkaraffen und Spezialitäten herein, von denen Ditlev meinte, dass Maria sie unbedingt probieren müsse. Weder Ditlev noch Christian schienen die Mutter weiter zu beachten. Ein körperloses Wesen, ein Geist, der um den Tisch kreiste, ohne ganz in den Kreis eingelassen zu werden. Christian sagte nicht viel. Es war Ditlev, der die Konversation in Gang hielt und Maria ständig neue Gerichte und Wein anbot.
Vor dem Nachtisch stand er auf.
»Jetzt brauchen wir aber einen anständigen Schluck. Ich gehe mal in den Keller.«
Margit stand ebenfalls auf und stellte die Teller zusammen.
»Ich helfe dir.« Maria griff nach einer Schüssel und den Beistelltellern. Margits Gesicht öffnete sich, sie murmelte irgendetwas. Maria verstand sie nicht, vermutete aber, dass sie gebeten wurde, sitzen zu bleiben. Doch Maria bestand darauf und trug das Geschirr in die Küche. Christians Augen brannten in ihrem Rücken. War er wütend, dass sie half? Sie wusste es nicht. Alles war hier so anders.
Die Küche war ein gewaltiger Raum mit hellen Fliesen auf dem Boden, daumendicken Tischplatten aus Buchenholz und Hängeschränken an sämtlichen Wänden. Christian hatte erzählt, dass Ditlev das enorme Porzellanspülbecken aus Frankreich importiert hatte. Darüber ein riesiges Fenster mit Aussicht auf den Garten, der verzaubert und vibrierend im Dämmerlicht lag. Maria stellte die Schüsseln und die Teller auf den Tisch, drehte den Wasserhahn auf und fing an abzuspülen. Sie beugte sich über die Spüle.
Das
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