Blutzeichen
geschenkt.
Sie hörte Max in der Küche. Töpfe schepperten und der süße warme Duft frisch gebackenen Brotes wehte vom Flur zu ihr herein.
Vi stieg aus dem Bett und ging in das winzige, angrenzende Bad. Sie streifte ihr T-Shirt und den Slip ab und drehte die Dusche auf. Sie setzte sich in die Badewanne und ließ sich das Wasser auf den Kopf regnen und in heißen Rinnsalen über den Körper laufen. Abwesend beobachtete sie, wie das Wasser den Abfluss hinabwirbelte, und stand erst wieder auf, als das Wasser kühler wurde.
Als sie in ein Handtuch gewickelt und mit dampfender Haut aus dem Badezimmer kam, lag Max schon im Bett. Normalerweise hätte sie ihn gebeten, den Raum zu verlassen, während sie sich umzog. Eine Woche vor der Hochzeit hatte ihre Mutter ihr den Rat gegeben, sich niemals vor den Augen ihres Mannes umzuziehen. Zu viele kostenlose Blicke und schon bald würde Max die Schönheit seiner Braut als selbstverständlich betrachten.
Vi ließ das Handtuch fallen und zog sich eine königsblaue Trainingshose und ein Unterhemd an, das sie seit der High School besaß.
»Ich habe Abendessen gemacht«, sagte Max, während Vi ihre Haare abtrocknete. »Ich hab das irische Laugenbrot gemacht, das du so gern magst.«
Das war eine Premiere.
Vi warf das Handtuch ins Badezimmer und kletterte aufs Bett. Sie legte sich flach auf den Rücken neben Max, ohne ihn zu berühren. Er trug immer noch seinen grünen Trainingsanzug vom Marathon-Training und verströmte den Geruch vom Laufen in der Kälte, seine dichten schwarzen Locken waren verschwitzt und durcheinander.
Max setzte sich auf und sagte: »Ich bring dir dein Abendessen hierher.«
»Leg dich einfach neben mich.«
Max legte sich wieder hin. Eine Weile lagen sie reglos nebeneinander, ohne ein Wort zu sagen.
»Ich hab mit diesem kleinen Mädchen gesprochen«, sagte Vi schließlich fast tonlos und starrte dabei an die Decke. »Dreizehn Jahre alt. Sie heißt Jenna. Will mal eine Olympiaschwimmerin werden. Vor vier Tagen hat Jenna mitten in der Nacht beobachtet, wie ein Mann mit langen schwarzen Haaren ihre Mutter bewusstlos geschlagen hat. Dieser Mann war gerade aus dem Nachbarhaus gekommen, wo er zwei kleinen Jungen das Genick gebrochen und die Eltern ermordet hatte.
Während die Mutter bewusstlos im Flur lag, stürmte dieses Tier in Jennas Zimmer. Sie hatte sich im Kleiderschrank versteckt. Er riss die Türen auf und befahl ihr, ins Bett zu gehen. Sie hat gesagt, er habe sehr leise geredet. Und er sei blutüberströmt gewesen. Sie dachte, es ist das Blut ihrer Mom.
Jenna stieg ins Bett und dachte, sie würde nun vergewaltigt und getötet werden. Weißt du, was er gemacht hat? Sie zugedeckt. Die Bettdecke bis zu ihrem Hals hochgezogen, sein Gesicht nur Zentimeter von ihrem entfernt. Sie hat gesagt, er hätte nach Zitronen gerochen. Und ihr erklärt: ›Ich muss deine Mutti mitnehmen.‹ Er hat es ganz sanft gesagt. Und dann hat dieses Monster Jenna gedroht, sie in der Badewanne zu ertränken, falls sie vor Sonnenaufgang das Bett verlassen würde.
Er verließ ihr Zimmer und redete mit ihrem Bruder. Jenna blieb im Bett, bis die Sonne aufging. Als sie auf den Flur hinaustrat, war ihre Mutter verschwunden.
Das hat sie mir alles erzählt, als sie mit mir im Cherokee saß. Sie hat nicht mal geweint. Aber sie ist sehr besorgt um ihren Bruder. Er will mit niemandem sprechen. Ihr Vater ist von Andrew Thomas ermordet worden. Nun ist vermutlich die Mutter tot. Und vielleicht erwischen wir diesen Typen nicht, Max.«
»Aber du weißt, dass es Andrew Thomas ist. Ich meine, wer sonst sollte seine ehemalige Freundin vom Leuchtturm gestoßen haben?«
»Natürlich glauben wir, dass er es war, aber es gibt noch keine Beweise. Die Beschreibung, die das eingeschüchterte kleine Mädchen von dem Perversen abgegeben hat, passt nicht wirklich auf Andrew Thomas. Wir haben schwache Fußabdrücke aus dem Garten der Worthingtons. Zeugenaussagen, dass am Sonntagnachmittag ein grauer Chevrolet Impala in der Nachbarschaft geparkt hat. Das einzige, viel versprechende Indiz ist ein Laserpointer, den wir in Ben Worthingtons rechter Hand gefunden haben. Die Spurensicherung überprüft die schwachen Fingerabdrücke darauf. Momentan ist das unsere einzige Hoffnung. Und selbst wenn sich herausstellt, dass er Andrew Thomas gehört, müssen wir ihn immer noch finden, und er versteckt sich nun schon seit sieben Jahren.«
»Wirst du dich davon freimachen können? Ich meine, wie lange dauert es,
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