Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Blutzeichen

Titel: Blutzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blake Crouch
Vom Netzwerk:
Koffer aus dem Schließfach. Ich ging nach draußen und stellte ihn auf den Kofferraumdeckel des Buick.
    Ich zog den Reißverschluss des Koffers auf.
    Orsons Sachen berührten mich auf schreckliche Weise. Ich setzte mich auf den Kofferraumdeckel und holte einen braunen Umschlag und ein Notizbuch aus dem Versteck. Obwohl mir klar war, welchen Preis ich dafür zahlen würde, noch einmal seine Fotos anzuschauen und seine Aufzeichnungen zu lesen, hatte ich vor, alles durchzugehen und mich noch einmal ganz auf die verdorbene, unmoralische Welt meines Bruders einzulassen, um so viel wie möglich über seinen Komplizen Luther Kite in Erfahrung zu bringen und womöglich herauszufinden, wo er sich aufhielt.

27. Kapitel
     
    Nachdem der Startschuss für das Rennen der Mädchen gefallen war, öffnete Vi die hintere Klappe ihres Cherokee und holte wie immer bei Max’ Langstreckenlauftreffen die zusammengefaltete Decke heraus.
    Sie folgte dem Pfad zur Start-und-Ziel-Linie und schaute durch die hohen, schmalen Weihrauchkiefern des MacAnderson Parks auf das Läuferfeld, das gerade den ersten Hügel der 3,1-Meilen-Strecke erklomm. Die Anfeuerungsrufe der Zuschauer verebbten, als die Läufer außer Sichtweite gerieten.
    Es war der erste Montag im November, ein milder Tag, der Himmel klar und saphirblau. Der Höhepunkt der Laubfärbung war vor einer Woche gewesen. Nun färbten sich die roten Blätter dunkel und die gelben Blätter wurden langsam rostbraun. Die Luft roch nach Kiefernnadeln und den Abgasen der gelben Busse, die die sechs Marathon-Teams des Foothill-Leichtathletikverbandes zu dieser Meisterschaft gefahren hatten.
    Vi überquerte die Fußgängerbrücke und ging auf den Kreis weißblau uniformierter Männer an der Startlinie zu. Max stand mit Boxershorts und einem Tanktop bekleidet mitten zwischen acht schlaksigen Jungen und bereitete sie auf das letzte Rennen der Saison vor. Er hatte Vi heute Morgen geweckt, als er beim Rasieren seine Anfeuerungsrede eingeübt hatte.
    Sie streifte ihre Schuhe ab, breitete die Decke auf dem Rasen aus und hörte Max zu, amüsiert über seine Erregung.
    »Gentlemen, heute ist ein besonderer Tag. Jeder von euch hat die Möglichkeit, in die Annalen seiner Schule einzugehen. Ich weiß, dass man uns nicht zu den Favoriten zählt. Ich weiß, ihr denkt alle, die Raiders da drüben sind ein Furcht einflößender Haufen – und das stimmt auch –, aber bei so einer Meisterschaft ist alles möglich. Und was ist das Allerwichtigste? Wer kann es mir sagen?«
    »Spaß zu haben?«, schlug der kleinste Junge des Teams vor.
    »Nun ja. Aber was kommt nach Spaß haben?«
    »Atmen«, antwortete Patrick Mullins, der ernsthafteste Sportler der ganzen Gruppe und ältester Sohn von Barry Mullins, dem Sergeant aus Vis Mordkommission. Patrick würde nächstes Jahr dank eines Leichtathletikstipendiums nach Davidson gehen.
    »Genau«, erklärte Max. »Atmen, Gentlemen. Das ist das Einzige, woran ihr hier draußen denken sollt. Eure Lungen mit Sauerstoff füllen. So, es sind noch dreißig Minuten bis zum Startschuss. Los, wärmt euch auf!« Während die Jungen von der Startlinie losliefen, joggte Max hinüber zu Vis Decke.
    »Du bist gekommen«, sagte er.
    »Das lasse ich mir doch nicht entgehen.«
    Das entsprach nicht ganz der Wahrheit. Sie hätte es sich entgehen lassen, wäre da nicht die Nachricht von Sergeant Mullins auf ihrem Handy gewesen, dass er sie beim Langstreckenlauf treffen wollte, um ein paar Dinge mit ihr zu besprechen.
    »Du siehst süß aus, Liebling«, sagte sie. »Wenn nur nicht dein Ding aus diesen winzigen Höschen herausrutscht.«
    Max grinste. »Violet King, achte du lieber auf dein loses Mundwerk.« Er beugte sich zu ihr herab, küsste sie und lief in Richtung Fußgängerbrücke davon, um sein Team einzuholen. Während Vi ihm nachsah, rief jemand ihren Namen.
    »Violet! Hey, Süße, wie geht’s dir?«
    Sie sah Judy Hardin von dem Zeitnehmerhäuschen auf sie zukommen. Judy war eine Plaudertasche, die geschwätzige Mutter von Josh Hardin, einem Schüler der Junior High School und nach Patrick dem zweitschnellsten Jungen in Max’ Team. Als Vi aufstand und Judy auf dem Rasen begrüßte, beugte sich die große rothaarige Frau zu ihr herab und umarmte sie überschwänglich.
    Sie trug ein Sweatshirt, auf dem in großen Blockbuchstaben »MOORESVILLE MAMA« stand und auf beiden Wangen in blauer Glitzerschminkfarbe »Go Blue Devils!«.
    »Dann bist du also auch mal zu einem Wettkampf gekommen«,

Weitere Kostenlose Bücher