Boardwalk Empire
Mabel während des Aufschwungs der Stadt mit Immobilien und waren damit relativ erfolgreich. Sie befanden sich auf dem besten Weg in eine glückliche Zukunft, bis alle ihre Hoffnungen zerstört wurden.
Mabel war schon immer sehr anfällig gewesen, aber im Winter des Jahres 1913 bekam sie einen schweren Husten. Nucky bestand darauf, dass sie sich von einem Arzt untersuchen ließ, und der diagnostizierte Tuberkulose. Das war keine unübliche Krankheit in Atlantic City, aber nur besonders kräftige oder wohlhabende Leute überlebten sie. Der Familienarzt der Johnsons empfahl den Aufenthalt in einer Klinik in Colorado. Obwohl er bereits eine wichtige Funktion in der Stadtverwaltung innehatte, wollte Nucky so lange bei Mabel bleiben, bis es ihr wieder besser ging. Aber es half alles nichts. Drei Wochen später kehrte er zusammen mit Mabels Sarg nach Hause zurück. Sie verstarb im Alter von 28 Jahren. Eine Bekannte der Familie berichtete: »Nucky trauerte monatelang um Mabel. Ihr Tod hatte ihm das Herz gebrochen. Danach war er nicht mehr derselbe.« 51
Nach Mabels Tod wurde die Politik zu Nuckys Lebensmittelpunkt. Seine Stellung als Sheriff kam wegen des Verdachts auf Wahlbetrug ins Wanken, aber sein Freispruch vor Gericht machte ihn zum Helden, und er konnte sich der Unterstützung der Politiker sicher sein. Statt Kuehnles Machtapparat zu zerstören, hatte Woodrow Wilson nur Platz für einen Nachfolger geschaffen. Nucky genügte der Posten des Sheriffs nicht mehr, er wollte den gesamten Apparat unter seine Kontrolle bringen. Mithilfe seines Vaters und mit dem Segen von Kuehnle trat er als leitender Sekretär in den Parteiausschuss der Republikaner ein. Es war ein ehrenamtlicher Job, doch er verlieh ihm einen nicht unbeträchtlichen Einfluss. Er berief Versammlungen ein, bestimmte über das Parteiprogramm und entschied, wen die Organisation als Nächstes rekrutierte.
Kurz nach Mabels Tod unternahm Nucky 1913 den nächsten großen Schritt. Mit der erneuten Fürsprache seines Vaters ließ er sich zum Schatzmeister des Bezirks Atlantic ernennen. Kuehnle hatte dieses Amt, das die Finanzen im Zusammenhang mit der Vergabe öffentlicher Aufträge regelte, ins Leben gerufen, und es verschaffte Nucky Zugang zu Geld und Macht. Er verdiente genauso viel wie als Polizeichef, hatte aber weniger Arbeit. Interessanterweise gab es eine kleine Minderheit, die sich gegen Nuckys Ernennung zum Schatzmeister aussprach. Als Bedingung für seine Ernennung forderten sie die Rückgabe eines Teils der von der Polizei unrechtmäßig eingetriebenen Gelder und eine Neuordnung der Buchführung. Nucky erledigte die Aufgabe, indem er einfach eine Pauschalsumme von 1 0 000 Dollar bezahlte.
In den folgenden dreißig Jahren bekleidete Nucky keine andere Position als die des Schatzmeisters. Genau wie der Kommodore wollte er nicht für ein öffentliches Amt kandidieren. Wie vieles andere hatte er auch das von Kuehnle gelernt: »Sich zur Wahl zu stellen ist eines Bosses nicht würdig.« 52
Um seine Macht zu sichern und die Kontrolle über die Republikaner zu behalten, stellte sich auch Nucky mit der afroamerikanischen Gemeinde gut. Er führte Kuehnles Sozialhilfe-Projekte fort und wurde jeden Winter zum Retter der Schwarzen. Johnson wusste, wie gefährlich die Arbeitslosigkeit in der Nebensaison war, und versorgte die Northside mit Nahrungsmitteln, Kleidung, Kohlen und Medizin. »Wenn dein Kind einen Mantel brauchte, musstest du nur fragen. Vielleicht war er zu groß, aber er hielt warm. Wenn du beim Lebensmittelhändler nichts mehr bekamst, konntest du auf die Partei anschreiben lassen. Das galt auch beim Arzt und bei Rezepten.« 53 Die Northside liebte Nucky dafür und behandelte ihn wie einen »weißen Gott«. Nucky behielt die Northside unter Kontrolle, und wenn mal wieder ein überragendes Wahlergebnis benötigt wurde, konnte er auf sie zählen.
Nucky Johnson dirigierte seine Kandidaten für öffentliche Ämter hauptsächlich übers Gehalt. Solange man sie gut bezahlte, gab es auch keine Reformer. Reformiert wurde lediglich das System der Bestechungsgelder. Unter dem Kommodore existierte ein Gentlemen’s Agreement zwischen Racketeers und Republikanern. Bei Nucky wurde nun in regelmäßigen Abständen eine fest vereinbarte Summe bezahlt. »Bei Nucky gab es keine freiwilligen Zahlungen mehr – entweder man bezahlte, oder er machte den Laden dicht«. 54
Die Spielbetriebe, Bordelle und illegalen Gaststätten waren lebenswichtig für die Stadt. Ohne
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