Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Boardwalk Empire

Boardwalk Empire

Titel: Boardwalk Empire Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nelson Johnson
Vom Netzwerk:
Atlantic City, vom Spielplatz Philadelphias zu einem national anerkannten Urlaubsort zu avancieren. 1919 war Woodrow Wilson gerade ins Weiße Haus eingezogen und setzte nun den 18. Zusatzartikel zur Verfassung der Vereinigten Staaten, den sogenannten Volstead Act, durch. Ohne es zu wissen, förderte er damit sowohl die Karriere von Nucky Johnson als auch die Unterwelt von Atlantic City. Die Prohibition untersagte Herstellung, Verkauf und Transport von Alkohol, aber sie war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Schon seit Jahrzehnten gab es Organisationen wie die Anti-saloon League oder die National Prohibition Party, die das Verbot des Alkoholausschanks forderten, und endlich hatten sie in Wilson einen willigen Vollstrecker gefunden. Der 18. Zusatzartikel erhielt innerhalb eines Jahres die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Er war bereits in die Verfassung geschrieben worden und sollte in wenigen Monaten in Kraft treten, als Frank Hagues Kandidat Edward I. Edwards zum Gouverneur gewählt wurde. Edwards hatte schon im Wahlkampf versprochen, etwas gegen die Umsetzung der Prohibitionsgesetze zu unternehmen. Dank ihm war New Jersey auch der letzte Bundesstaat, der dem Zusatzartikel zustimmte, zwei Jahre nachdem er beschlossen worden war.
    Es ist wirklich erstaunlich, wie viele einflussreiche Personen einem Gesetz zustimmten, das in der Praxis unmöglich umzusetzen war. Wären die Politiker weniger engstirnig gewesen, hätten sie die unbeabsichtigten Folgen ahnen können: Die Prohibition erschwerte zwar den Erwerb von Alkohol, beflügelte aber das organisierte Verbrechen und die Korruption. Selbst gesetzestreue Bürger weigerten sich, ihre Trinkgewohnheiten zu ändern, und kauften jetzt ihren Alkohol aus illegalen Quellen. Al Capone, der sich in diesem Geschäft bestens auskannte, sagte einmal:
    Ich verdiene mein Geld, indem ich ein allgemeines Bedürfnis befriedige. Wenn ich gegen ein Gesetz verstoße, dann tun das auch Hunderte der feinsten Leute von Chicago. Der einzige Unterschied ist, dass ich verkaufe und sie kaufen. Die Leute nennen mich einen Gangster, aber ich bin ein Geschäftsmann. Wenn ich Schnaps verkaufe, nennt man das Alkoholschmuggel. Wenn meine Kunden ihn auf einem Silbertablett auf dem Lake Shore Drive servieren, nennt man das Gastfreundschaft. 55
    Der illegale Verkauf von Alkohol war natürlich nichts Neues für Atlantic City. Seit Jahren hielten sich die Kneipenbesitzer nicht an das Bishop-Gesetz, das den Ausschank von Alkohol an Sonntagen verbot. Und wenn sie am Sonntag damit durchkamen, warum nicht die ganze Woche? In Atlantic City herrschte praktisch keine Prohibition. Es war, als gäbe es den 18. Zusatzartikel überhaupt nicht. In anderen Städten entstanden Privatklubs und Flüsterkneipen, aber in Atlantic wurde weiterhin öffentlich in Bars, Restaurants, Hotels und Nachtklubs ausgeschenkt. Es gab Schnaps beim Lebensmittelhändler, in der Apotheke und auf dem Wochenmarkt. Die Stadt war aber weit mehr als nur ein Outlet für Hochprozentiges, sie war der zentrale Anlaufhafen für Alkohol aus dem Ausland. Riesige Schiffe, vollbeladen mit Whisky und Rum, ankerten vor der Küste, und kleine Schnellboote machten sich auf den Weg, um Kisten voller Schnaps zu einem Dock neben der städtischen Feuerwehr zu transportieren, wo Feuerwehrleute beim Entladen halfen. Richard Jackson erinnert sich:
    »Jeder hat mitangepackt. Wenn man für die Stadt arbeitete, konnte man damit rechnen, gelegentlich mitten in der Nacht hier oder dort hingerufen zu werden, um in einer Nachtschicht beim Entladen der Boote zu helfen. Worum es ging, war geheim, aber alle wussten Bescheid.« 56
    Es war die Aufgabe der Küstenwache, den Alkoholschmuggel zu unterbinden, aber sie war nicht besonders erfolgreich. Im Mai 1924 wurden vier Beamte der Küstenwache verhaftet, weil sie auf den Schmuggler Daniel Conover geschossen hatten. Der hatte sich gegen zwei Uhr nachts geweigert, sein Boot anzuhalten, obwohl ihn Edward Robert von der Küstenwache dazu aufgefordert hatte. Es kam zum Schusswechsel, und man nahm Conover mit 75 Kisten Schnaps im Boot fest. Der leitende Staatsanwalt des Bezirks Atlantic, Louis Repetto, verhaftete daraufhin Edward Robert und seine drei Unteroffiziere wegen Missbrauchs von Schusswaffen im Dienst.
    »Meiner Meinung nach sind die Bundesbeamten genauso schuldig wie jemand, der ohne eine Provokation zur Pistole greift. Ein Beamter darf nur auf Personen schießen, die sich eines schweren Verbrechens schuldig gemacht

Weitere Kostenlose Bücher