Boardwalk Empire
Schlägereien und Betrugsvorwürfen am Wahltag. Dank 1000 zusätzlicher illegaler Stimmen von Saisonarbeitern, die man mit dem Zug aus Philadelphia geholt hatte, konnte Bader der Sieg gesichert werden.
Die Vereinbarung zwischen Nucky und Lafferty sollte Bestand haben, sodass Nucky und sein Nachfolger in den folgenden vierzig Jahren die Demokratische Partei unter Kontrolle halten konnten. Ein altgedienter Lokalpolitiker kommentierte dies so: »Es gab keine zweite Partei in Atlantic City. Die Spieler und ihre Farben änderten sich von Zeit zu Zeit, aber letztlich spielten alle im selben Team.« 57
Die 20er-Jahre waren für Nucky und seine Stadt eine goldene Gelegenheit. Atlantic City war ein Hort des schnellen Vergnügens und bot alles auf, um seine Gäste zufriedenzustellen. Es war ein einziges endloses Fest, bei dem nie der Alkohol ausging. In einer Zeit vor dem Fernsehen und der größeren Verbreitung von Radio war sie sogar eine echte Konkurrenz für die Theatermetropole New York. Zwischen 1920 und 1930 nannte man den Boardwalk auch den »zweiten Broadway«. Eine Theaterproduktion wurde in New York erst aufgeführt, wenn sie den Test in Atlantic City bestanden hatte. Es gab Hunderte von kleinen Theaterbühnen auf dem Boardwalk, auf denen sich echte Stars einfanden, die wiederum die gutbetuchten Theatergäste aus dem gesamten Nordosten anlockten, die zum Teil in privaten Eisenbahnwaggons anreisten.
1920 wurden in den drei Haupttheatern, dem Apollo , dem Globe und dem Woods , ganze 168 Bühnenstücke uraufgeführt. Victor Herbert leitete das neue Jahr mit »My Golden Girl« ein, gefolgt von Willie Collier in »The Hottentot« und John Drew in »The Catbird«. Im März spielte Marie Dresler die Hauptrolle in »Tillie’s Nightmare«, und das Jahr über gaben sich Künstler wie Chauncey Olcott, Helen Hayes, David Warfield, Thurston The Magician und »Mr. Showbusiness«, George M. Cohan, die Klinke in die Hand. Stammgäste waren in den 20er-Jahren auch die angesehenen Theatergruppen University Of Pennsylvania Mask , der Wig Club und die Ziegfeld Follies . Die unvergesslichste Aufführung dieser Ära war wohl die Premiere von »The Student Prince« 1924 im Apollo Theatre. Es handelte sich dabei um die größte jemals am Boardwalk aufgeführte Produktion mit 150 Mitwirkenden – ein landesweites Kulturereignis.
Die Stadt war sogar weit mehr als ein Ort für Broadway-Generalproben, sie war ein Schaufenster für talentierte Sänger, Musiker und Tänzer. Leute wie W . C. Fields, Abott & Costello, Jimmy Durante, Red Skelton, Milton Berle, Martha Ray, Guy Lombardo, Bing Crosby, Bob Hope, Ed Sullivan, Jackie Gleason, Tommy und Jimmy Dorsey und viele weitere feierten ihre ersten großen Erfolge in Atlantic City.
1925 verfügte Atlantic City über
mehr als 1200 Hotels und Pensionen, die bis zu 40 0 000 Besucher aufnehmen konnten.
99 tägliche Zugverbindungen im Sommer und 65 im Winter. Von den sechzehn schnellsten Zügen der Welt wurden alleine elf auf der Strecke nach Atlantic City eingesetzt.
eine über elf Kilometer lange Promenade mit Hunderten von Geschäften.
fünf Vergnügungspiers direkt am Wasser.
21 Theater.
vier Zeitungen: zwei Tages-, eine Sonntags- und eine Wochenzeitung.
drei Country-Klubs.
drei Flughäfen: einen herkömmlichen, zwei für Wasserflugzeuge.
eine große Osterprozession.
die Miss-Amerika-Wahl.
Die erste Misswahl fand im September 1921 als »Intercity Beauty Contest« statt und sollte die Touristen auch nach Ende der Hauptsaison in die Stadt locken. Der Wettbewerb, an dem acht Mädchen aus Orten wie Newark, Pittsburgh, Ocean City und Harrisburg teilnahmen, war ein Überraschungserfolg, und im nächsten Jahr traten bereits 58 junge Frauen zur Wahl an. Die New York Times schrieb damals über das Finale des Wettbewerbs:
Unsere Landesschönheiten schwebten fünf Kilometer den Boardwalk entlang, begleitet von einer spektakulären Rollstuhlparade. Menschenmassen drängten sich am Rand der Promenade oder drückten sich gegen die Fenster der anliegenden Hotels, um König Neptun und seine blumenbehangene Gefolgschaft zu bejubeln. Flugzeuge schütteten im Tiefflug Konfetti und Rosen über den Schönheiten aus. Kanonenschüsse erklangen und sogar die Brandung erhob sich zu Ehren der schönsten Mädchen Amerikas.
Wo sonst als in Atlantic City hätte so ein Spektakel stattfinden können?
Gastgeber dieses Spektakels war natürlich Nucky Johnson. Er war nicht nur der Regent der Stadt, er war auch ihr
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