Boardwalk Empire
Polizei oder Mitbewerbern, war Ralph Gold ihr Ansprechpartner, der als Beamter beim Sittendezernat tätig war.
Weloff und seine Kollegen gaben an, dass sie zwischen 1935 und 1940 jede Woche 1200 Dollar persönlich an Nucky übergeben hatten. Insgesamt sagten zwölf Racketeers aus, Schutzgelder an Nucky bezahlt zu haben, und auch die Kreuzverhöre konnten die Glaubwürdigkeit der Aussagen nicht beschädigen.
Walter Winne eröffnete Nuckys Verteidigung, indem er großzügig einräumte, dass sein Klient Geld angenommen hatte: »Wir geben zu, dass wir Geld von illegal tätigen Unternehmern aus Atlantic City erhalten haben. Wir sind nicht stolz auf diese Einnahmequelle, aber wir streiten ab, diese Gelder nicht ordnungsgemäß versteuert zu haben.« 68
Jetzt wurde Winnes Verteidigungsstrategie deutlich. Er behauptete, dass die Lotteriebetreiber Nucky um Hilfe gebeten hätten und dass die Mehrheit der Bürger die Zahlenlotterie am liebsten legalisiert hätte. Dazu legte er eine Petition vor, die Weloff und seine Kollegen beim Stadtrat eingereicht hatten, unterschrieben von 7000 Einwohnern. Nucky hatte sich also angeblich nur für die Interessen seiner Wähler eingesetzt, und das Geld war der Partei zugutegekommen. Man brauche eine »Menge Öl für das politische Getriebe«, sagte Winne, und als Beweis präsentierte er dem Gericht einen Schuhkarton voll mit 800 Zahlungsbelegen. Laut seinen Angestellten James Boyd und Rupert Chase hatte Nucky in den Jahren, für die er wegen Steuerhinterziehung belangt wurde, mehr als 7 8 000 Dollar für politische Zwecke ausgegeben. Wenn Nucky davon etwas geblieben war, tauchte es in der Steuererklärung unter »Steuerabzüge« auf.
Im Zeugenstand sagte Nucky aus, dass er das Geld der Lotteriebetreiber angenommen hätte, um bestimmte Kandidaten zu unterstützen, »die meinen politischen Zielen förderlich waren, die mithalfen, die Organisation aufzubauen und die Armen zu unterstützen, ihre Miete zu zahlen und ihnen Heizkohle zu kaufen«. Drei örtliche Zeitungsverleger bestätigten überdies, dass Nucky seine gesamten Einnahmen in die Politik gesteckt hätte. Sie gaben an, Geld von Nucky erhalten zu haben, um in ihren Zeitungen positiv über Nuckys Kandidaten zu berichten.
Am Ende hatte Winne eine Unmenge von Zeugen aufgerufen, die zugunsten seines Klienten aussagten, allen voran der pensionierte Senator David Baird Jr. und Gouverneur Harold G. Hoffman. Es half alles nichts, mit 58 Jahren musste Nucky seine erste Niederlage einstecken. Er wurde der Steuerhinterziehung für schuldig befunden und am 1. August 1941 zu zehn Jahren Gefängnis und einer Geldstrafe von 2 0 000 Dollar verurteilt.
Falls Nucky sich gedemütigt fühlte, hat er es jedenfalls nicht gezeigt. Er ließ seine Verurteilung mit stoischer Miene über sich ergehen und behielt den ganzen Prozess über die Contenance. Eine letzte, für ihn typische Extravaganz leistete er sich jedoch noch, bevor er ins Gefängnis ging: Er heiratete.
In den fast dreißig Jahren nach dem Tod seiner Jugendliebe Mabel Jeffries war eine zweite Ehe für Nucky kein Thema gewesen. Obwohl er und die Tänzerin Florence Osbeck, genannt »Flossie«, schon seit einigen Jahren ein Paar waren, konnte sich niemand vorstellen, dass die beiden heirateten. Am 31. Juli 1941 , einen Tag vor Haftantritt, gaben sie sich in der First Presbyterian Church in Atlantic City dann doch das Jawort. Der Bräutigam trug einen cremefarbenen Mohair-Anzug, weiße Schuhe und eine gelbe Krawatte und wurde nach Verlassen der Kirche von Tausenden Gratulanten empfangen. Auf die Eheschließung folgte eine ausgelassene Feier im Ritz Carlton für Hunderte von Gästen, die bis spät in die Nacht ging. Nucky schmiss selbst mit einem Bein im Gefängnis »noch die besten Partys«. 69 Auch wenn Flossie und Nucky bis zu seinem Tod zusammenblieben, vermuteten Bekannte, dass er Flossie nur geheiratet hatte, um einen sicheren Kommunikationskanal zu seinen Verbündeten zu haben.
Vier Jahre später wurde er aus dem Gefängnis entlassen und leistete einen Offenbarungseid, um seinen Steuerschulden zu entgehen. In der Folge lebte er ruhig und unauffällig und lehnte sämtliche Angebote für politische Ämter ab. Wenn er schon nicht mehr Prinzipal sein konnte, blieb er lieber unbeteiligt. Er erinnerte sich vermutlich daran, wie der Kommodore nach seinem Gefängnisaufenthalt versucht hatte, die Kontrolle über die Partei zurückzuerlangen, und sich dabei eine Niederlage eingefangen hatte.
In den
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