Boardwalk Empire
verfügten. Das Golden Nugget war nur ein Beispiel dafür.
Der Vorstandsvorsitzende des Golden Nugget, Stephen Wynn, stand für ein neues, mafiafreies Las Vegas. Als er beschloss, sich geschäftlich in Atlantic City niederzulassen, erhielt er ohne Umschweife eine Genehmigung. Wynn hatte die Stadt kurz nach dem Bürgerentscheid von 1976 das erste Mal besucht und war damals einer von zahlreichen auswärtigen Investoren gewesen, die etwas in der Stadt bewegen wollten, aber nicht über die Ruinen und das Elend hinwegsehen konnten. Wynn und seine Kollegen zogen sich schnell wieder zurück, weil sie das Ganze für einen schlechten Scherz hielten, und trösteten sich damit, dass Atlantic City auch in Zukunft keine Konkurrenz für Las Vegas darstellte.
Kurz nachdem Crosby und Co das Resorts International eröffnet hatten, kehrte Wynn noch einmal nach Atlantic City zurück. Erstaunt bemerkte er die Massen von Leuten, die sich vor dem Kasino versammelten. Die Schlange ging durch die Lobby des Hotels hinaus auf die Straße bis auf den Boardwalk, wo die Polizei nur mit Mühe die Ordnung wahren konnte. Wer es endlich hineinschaffte, musste um einen Platz an einem der Blackjack-Tische kämpfen. Das nötigte Wynn Respekt ab: »So etwas kannte ich noch nicht. Dagegen sah das Caesar’s Palace an Silvester aus, als machte es Mittagspause.«
Der überraschende Erfolg des ersten großen Kasino-Hotels war für Atlantic City ein Durchbruch, der im ganzen Land Begehrlichkeiten weckte. Seit der ersten Zugverbindung hatte Absecon Island nicht mehr so hoch im Kurs gestanden. Neue Unternehmen strömten in die Stadt und trieben damit die Grundstückspreise in die Höhe.
Steve Wynn war einer dieser typischen Glücksritter, die erst durch die hohen Gewinne des Resorts International auf Atlantic City aufmerksam wurden. Er war gut aussehend, charmant, gebildet und rhetorisch versiert – ein Wunderkind der Glücksspielbranche. Sein ganzes Leben drehte sich ums Spielen. »Seit ich auf der Welt bin, hatte ich weder etwas zu essen noch auch nur einen Dollar Schulgeld, noch etwas zum Anziehen, das sich nicht aus Glücksspiel finanzierte«, erzählte er einmal.
Der Sohn eines Bingosalon-Betreibers, der in einem Vorort in Maryland aufgewachsen war und mit ansehen musste, wie der Vater das Familienvermögen verzockte, lernte schon als Kind eine wichtige Lektion: »Die Spielerei meines Vaters lehrte mich schon früh, dass man mit Glücksspiel nur dann Geld verdient, wenn einem das Kasino selbst gehört.«
Nachdem er sein Englischstudium an der Universität von Pennsylvania abgeschlossen hatte, kehrte Wynn nach Maryland zurück, um den Bingosaal seiner Familie zu übernehmen. Obwohl die Geschäfte gut liefen, war Wynn unzufrieden. Bingo war ein bescheidenes Geschäft und weckte lediglich seinen Appetit auf das »wahre« Glücksspiel, weshalb er sich schließlich nach Las Vegas aufmachte. Dort kam Wynn schon bald in Kontakt mit dem Bankier Parry Thomas, der damals dort viel bewegte.
Als Howard Hughes 1967 das Frontier Hotel kaufte, feierte auch Wynn seinen Durchbruch, den er Parry Thomas verdankte. Mit 25 ernannte man Wynn zum Vizepräsidenten des Frontier und zum Leiter der Automaten-Abteilung. Im Folgejahr erwarb er einen Vertrieb für alkoholische Getränke, der ihm bis 1972 gehörte, das Jahr, in dem er alles für sein bis dato größtes Geschäft veräußerte. Für eine Million Dollar kaufte er Howard Hughes ein Kasino-Grundstück neben Caesar’s Palace ab. Wynn ahnte, dass die Betreiber des Caesar’s keine Konkurrenz in der Nachbarschaft haben wollten, und wartete auf ein Angebot. Es betrug 2,5 Millionen Dollar.
Mit diesem Geld erwarb Wynn über 10 0 000 Dollar Anteile am Golden Nugget Casino . Parry Thomas hatte ihm gesagt, dass die Aktie gerade unter Wert gehandelt wurde und jetzt der beste Zeitpunkt war, ein Kasino zu übernehmen. Obwohl sich das Nugget in erstklassiger Lage befand und einen guten Namen hatte, wurde es schlecht geführt und besaß keinerlei Übernachtungsmöglichkeiten. Wynns Aktienkauf sicherte ihm einen Platz im Vorstand und den Titel eines Executive Vice President. Wynn wollte aber gerne der Boss sein, deshalb ließ er sich mit 31 Jahren auf ein gewagtes Machtspiel ein. Er warf Nugget-Präsident Buck Blaine vor, er würde das Kasino schlecht führen und seine Angestellten seien Diebe. Er drohte Blaine mit einer offiziellen Untersuchung, sollte er nicht augenblicklich abtreten. Blaine beugte sich dem Druck und zog sich,
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