Bob, der Streuner
stärker, und die fetten, schweren Wassertropfen platschten auf den Asphalt. Bob blieb ruhig auf meiner Schulter, während ich Zickzack lief, um jeden Baum oder Dachvorsprung als Regenschutz zu nutzen. Erst im Bus fiel mir auf, dass Bob scheinbar ganz andere Probleme hatte als das schlechte Wetter.
Bob liebt Busfahren. Er ist ein sehr neugieriger Kater. Normalerweise ist alles um ihn herum unendlich spannend, egal, wie oft wir dieselbe Strecke fahren. Bisher hat er es noch nie versäumt, seine Nase am Busfenster platt zu drücken, um draußen bloß nichts zu verpassen. Heute wollte er nicht einmal auf den Fensterplatz. Inzwischen prasselte starker Regen gegen die Scheibe, die von innen ganz angelaufen war. Er hätte die Welt da draußen zwar nur verschwommen gesehen, aber das hat ihn bisher noch nie gestört. Heute interessierte ihn sein sonst so wichtiger Fensterplatz gar nicht. Stattdessen rollte er sich auf meinem Schoß zusammen. Er wirkte sehr müde und schwach. Die Augen hielt er halb geschlossen, als wäre er kurz davor, wegzudösen. So hatte ich meinen sonst so unternehmungslustigen, frechen Bob noch nie erlebt.
Als wir an der Tottenham Court Road ausstiegen, ging es ihm noch schlechter. Glücklicherweise hatte der Regen nachgelassen. Mit Bob auf der Schulter platschte ich durch die überfluteten Nebenstraßen nach Covent Garden. Es war ein bisschen unruhig für Bob auf meiner Schulter, denn ich musste riesigen Pfützen ausweichen oder sie überspringen, und ich musste mich immer wieder gegen unerbittliche Regenschirme zur Wehr setzen.
So merkte ich erst auf der Neal Street, dass Bob sich auf meiner Schulter sehr ungewöhnlich benahm. Er zuckte und schwankte unruhig hin und her.
»Hey, Bob, geht es dir gut?«, fragte ich entsetzt und wurde langsamer. Seine Antwort war ein krampfartiges Würgen, als würde er jeden Moment ersticken oder versuchen, sich zu übergeben. Ich dachte, er würde jeden Moment von meiner Schulter fallen oder springen, also hob ich ihn auf den Gehweg, um zu sehen, was mit ihm los war. Noch bevor ich mich vor ihn hinknien konnte, kotzte er. Keine Essensreste, sondern nur grellgelbe Gallenflüssigkeit. Er konnte gar nicht mehr aufhören. Sein ganzer Körper krampfte, er würgte und kämpfte, um loszuwerden, was diese Übelkeit auslöste.
Einen Moment lang gab ich mir die Schuld, weil ich ihm durch meinen Pfützen-und-Schirm-Slalom diesen unruhigen Ritt auf meiner Schulter zugemutet hatte.
Aber dann übergab er sich wieder. Er würgte und würgte, doch außer giftgrüner Flüssigkeit gab der kleine, geschundene Körper nichts her. So übel konnte ihm wegen des ungewohnten Schaukelns auf meiner Schulter nicht sein. Bob würgte immer noch, aber es kam nichts mehr. Das war seltsam, denn am Abend zuvor und zum Frühstück hatte er noch mit Appetit sein Futter vertilgt. Erst da begriff ich, dass er heute nicht zum ersten Mal kotzte. Wahrscheinlich hat er schon beim Aufsuchen seines Freiluft-Kistchens zum ersten Mal gebrochen. Er war allein hinuntergelaufen. Auf der Busfahrt war ihm bestimmt auch schon schlecht gewesen. Und ich Idiot hatte nichts bemerkt.
Es ist schon seltsam, wie man in solchen Situationen auf Autopilot schaltet. Ich reagierte instinktiv, wie ein Vater, dessen Kind plötzlich vor seinen Augen kollabiert. Meine Gedanken überschlugen sich. Hatte er heute Morgen etwas Schlechtes gegessen? Hatte er in der Wohnung irgendetwas verschluckt, was seinen Magen revoltieren ließ? Oder war es noch schlimmer? Was tun, wenn er jetzt zusammenbrach und starb? Wüste Geschichten von Katzenbesitzern, deren Katzen vor ihren Augen tot zusammenbrachen, weil sie Putzmittel getrunken oder kleine Plastikteile verschluckt hatten, schossen mir durch den Kopf. Für eine Zehntelsekunde blitzte das Bild eines sterbenden roten Katers vor meinem geistigen Auge auf. Dann riss ich mich zusammen, und befahl mir: Los, James, bleib ruhig und tu was!
Bob konnte nicht aufhören zu würgen, aber sein Körper gab nichts mehr her. Akuter Flüssigkeitsverlust. Wenn ich nicht schnell handelte, könnte das seine inneren Organe schädigen. Er musste etwas essen, nein, trinken! Ich hob ihn hoch und trug ihn schnellstmöglich, aber vorsichtig zu einem kleinen Supermarkt. Ich hatte zwar nur Kleingeld in den Taschen, aber ich konnte genug zusammenkratzen, um sein Lieblingsfutter, Hühnchen in Soße, und eine Flasche Wasser ohne Kohlensäure zu kaufen. Leitungswasser kam in seinem Zustand für mich nicht in Frage. Ich
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