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Bob, der Streuner

Bob, der Streuner

Titel: Bob, der Streuner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bowen
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hielt ich ihm meine Trophäe unter die schweißtriefende Nase: »Ich mache hier nur meine Arbeit, Kollege«, erklärte ich gelassen. »Und ich schlage vor, du gehst zurück zu deiner!« John Wayne wäre stolz auf mich gewesen.
    Die Mischung aus Fassungslosigkeit und hilfloser Wut, die sich in diesem Moment auf seinem Gesicht widerspiegelten, war, mit Verlaub, die Krönung eines erfolgreichen Tages.

13
    Der perfekte Standort
    L eider kann ich nicht behaupten, dass ich in meinem Leben immer die richtigen Entscheidungen getroffen habe, ganz im Gegenteil: In den letzten zehn Jahren habe ich jede Chance, die mir geboten wurde, total vermasselt. Diesmal sollte mir das nicht passieren. Als Big-Issue -Verkäufer zu arbeiten, war die richtige Entscheidung, und mit Hilfe von Bob würde ich diese Chance auch nutzen.
    Der neue Job hatte Auswirkungen. Er gab unserem Alltag noch mehr Struktur. Schließlich hatte ich nun einen Job von Montag bis Freitag, oder eigentlich sogar bis Samstag.
    In den ersten beiden Wochen arbeiteten Bob und ich von Montag bis Samstag in Covent Garden, also all die Tage, an denen die Wochenausgabe verkauft wurde. Die neue Auflage erschien immer montags.
    Wir waren von morgens um zehn bis abends um sieben an unserem Platz und blieben immer so lange, bis wir einen Stapel Zeitschriften verkauft hatten.
    Durch Bob hatte ich gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Das kam mir als Big-Issue- Verkäufer zugute, auch wenn es hier um etwas ganz anderes ging. Dieser Job erforderte eine Menge Disziplin und Organisationstalent, um Gewinn abzuwerfen. Wenn ich mich verkalkulierte, hätten Bob und ich kein Geld für unsere bescheidenen Mahlzeiten. Ich musste also schnell lernen, unseren Standort als Wirtschaftsunternehmen zu führen.
    Das war ein großer Schritt für jemanden, der in den letzten zehn Jahren ziel- und planlos in den Tag gelebt hat. Ich konnte auch nie mit Geld umgehen. Bisher war das nicht weiter tragisch, denn ich habe immer nur von der Hand in den Mund gelebt. Umso mehr hat es mich überrascht, wie gut ich mit dieser neuen Herausforderung zurechtkam.
    Mein neuer Job hatte nur einen Nachteil: Nicht verkaufte Exemplare von The Big Issue wurden nicht zurückgenommen und auch nicht rückvergütet. Ich lernte schnell, mit Bedacht einzukaufen, denn wenn man am Samstagabend noch fünfzig Zeitschriften übrig hat, steht man kurz vor dem Ruin und wird alles tun, damit das nie wieder passiert. Die neue Auflage am Montag gibt es nur gegen Bargeld, egal wie viel Pfund von seinem sauer verdienten Geld man gerade als Altpapier entsorgt hatte. Genauso schlimm ist es, wenn einem die Zeitungen zu früh ausgehen. Das schmälert den Gewinn und verprellt kaufwillige Kunden. Im Grunde genommen hatte ich die gleichen Probleme wie die Geschäftsleitung von Marks and Spencer’s – nur in kleinerem Rahmen.
    Es gab noch einen Punkt, den ich beim Einkauf berücksichtigen musste: den Inhalt der Zeitschrift. Meist brachten sie spannende Artikel, die jeden interessierten, aber es gab auch langweilige Ausgaben. Besonders wenn das Titelblatt mal keinen berühmten Schauspieler oder Musiker zeigte, lief der Verkauf schleppend und äußerst mühsam. Es hat eine Weile gedauert, bis ich diesen wöchentlichen Kalkulationsakt einigermaßen durchschaut hatte.
    In dieser Testperiode lebten wir weiterhin von der Hand in den Mund. Alles, was ich zwischen Montag und Samstag verdient hatte, war nach dem Wochenende weg. Manchmal hatte ich für den Einkauf meiner Ware am Montag kaum noch etwas übrig. Wenn Sam da war, bat ich sie, zehn Zeitschriften für mich zu kaufen. Ein Kurzzeitdarlehen, das ich noch am selben Tag zurückgab, sobald ich die Exemplare verkauft hatte. Diesen Gefallen tat Sam nicht jedem, sondern nur wenigen vertrauenswürdigen Mitarbeitern. Zwei oder drei Mal hat sie mir so aus der Patsche geholfen, und nach ein paar Stunden bekam sie alles zurück. Schließlich wusste ich, dass sie mir ihr eigenes Geld vorstreckte und nicht das des Verlages.
    Von meinen Einnahmen konnte ich dann weitere Zeitungen erstehen, und so baute ich mir nach und nach wieder einen Gewinn auf, mit dem Bob und ich klar kamen.
    Genau genommen verdienten wir als Big-Issue -Verkäufer weniger als mit der Straßenmusik. Aber das war mir der legale Job wert. Ich brauchte weder vor Guardians noch sonstigen Verrückten auf der Hut sein. Und wenn mich die Polizei aufhielt, zeigte ich meinen Ausweis, und sie ließen mich in Ruhe. Nach meiner Verhaftung war das ein

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