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Bob, der Streuner

Bob, der Streuner

Titel: Bob, der Streuner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bowen
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Hund, aber genau das tat er in diesem Moment.
    »Okay, Bob, ich versteh schon. Du willst hier nicht bleiben«, gab ich nach. Noch dachte ich, dass ihm dieser spezielle Platz nicht gefiel. Aber das Spiel wiederholte sich an der nächsten und auch an der übernächsten Stelle. Er zog mich beharrlich weiter, bis bei mir endlich der Groschen fiel.
    »Du willst nach Hause, ja?« Als er meine Frage hörte, wurde er langsamer und legte seinen Kopf ein bisschen schief, sodass er mich ansehen konnte. Dabei – ich schwöre – zog er eine Augenbraue hoch. Dann blieb er stehen und starrte mich mit seinem »Ich-will-hoch«-Blick an.
    In diesem Moment traf ich eine Entscheidung. Bis jetzt war Bob mein Fels gewesen, loyal an meiner Seite trotz ständiger Veränderungen, die ich ihm täglich zumutete. Trotz der schlechten Finanzlage, die seine Futterschüssel jeden Tag etwas weniger füllte. Er war der treueste Freund, den ich hatte. Und jetzt war es an mir, ihm meine Freundschaft zu beweisen. Ich musste mich mit der Personalabteilung von The Big Issue auseinandersetzen.
    Plötzlich war mir klar, dass dies unsere einzige Chance war. Dieser Job war für mich ein großer Schritt in die Normalität gewesen. Er hatte mir so viel Auftrieb gegeben wie nichts anderes zuvor, abgesehen von der Tatsache, dass Bob in mein Leben getreten war. Ich musste die Situation klären. So konnte es nicht weitergehen; das war ich Bob und auch mir selbst schuldig. Ich konnte Bob das alles nicht länger zumuten.
    Am Montagmorgen zog ich nach dem Duschen ein Hemd an und machte mich auf den Weg nach Vauxhall. Bob nahm ich mit, als Erklärungshilfe.
    Die Ungewissheit machte mich sehr nervös. Ich war auf alles gefasst. Im schlimmsten Fall würden sie mir den kostbaren Ausweis abnehmen und mich ausschließen. Das wäre wirklich total ungerecht. Mit jeder anderen Strafe könnte ich mich abfinden, sollten sie die Beschwerden wegen »Flanierens« tatsächlich ernst nehmen. Mein sehnlichster Wunsch war es aber, meine Vorgesetzten vom Gegenteil zu überzeugen. Ich hoffte sehr, es würde mir gelingen.
    Am Empfang des Verwaltungsgebäudes von The Big Issue bat ich um einen Gesprächstermin. Nach einem kurzen Telefonat forderte mich die nette junge Empfangsdame auf, Platz zu nehmen und zu warten.
    Nach zwanzig bangen Minuten wurden wir endlich abgeholt. Ein jüngerer Mann im Rollkragenpullover und eine ältere Frau mit schicker Kurzhaarfrisur führten mich in ein schmuckloses Büro. Sie baten mich, die Tür hinter mir zu schließen. Ich hielt die Luft an und wartete auf den Richterspruch.
    Die beiden nahmen mich wirklich in die Mangel. Sie warfen mir vor, ein paar unumstößliche Regeln gebrochen zu haben.
    »Wir hatten Beschwerden wegen Flanierens und Bettelns«, bekam ich zu hören. Ich wusste, von wem, aber ich hielt den Mund. Ich wollte daraus keine persönliche Fehde machen. Big-Issue- Verkäufer sollten kollegial miteinander umgehen. Deshalb würde ich mir hier keine Freunde machen, wenn ich jetzt anfing, andere zu verpfeifen. Stattdessen erklärte ich den beiden, wie schwierig es war, mit Bob auf der Schulter durch Covent Garden zu laufen, ohne dass mir jemand Geld für eine Zeitschrift bot, nur um Bob streicheln zu dürfen.
    Ich schmückte meine Verteidigung mit ein paar netten Anekdoten aus, zum Beispiel, wie mich ein paar Männer vor einem Pub aufgehalten hatten, um Bob zu bewundern. Sie hatten mir fünf Pfund für drei meiner Zeitschriften geboten, weil sie auf dem Titelblatt eine Schauspielerin entdeckt hatten, auf die sie alle drei scharf waren.
    »So etwas passiert mir andauernd«, versuchte ich zu erklären. »Wenn mich jemand vor einem Pub aufhält, wäre es doch unhöflich, ihm die gewünschte Zeitschrift zu verwehren, oder nicht?«
    Sie hörten mir aufmerksam zu und manchmal nickten sie sogar nachdenklich.
    »Okay, wir sehen ein, dass Bob Aufmerksamkeit erregt. Wir haben mit mehreren Verkäufern über euch gesprochen, und man hat uns schon von seiner Anziehungskraft berichtet«, gab der junge Mann zu, und seine Stimme klang gar nicht mehr böse.
    »Trotzdem müssen wir dich mündlich verwarnen«, sagte die Frau neben ihm.
    »Okay, okay. Eine mündliche Verwarnung – was bedeutet das?«, fragte ich verblüfft. Sie erklärte mir, dass ich weiterarbeiten dürfe, aber wenn es weitere Beschwerden wegen »Flanierens« gäbe, könnte ich gesperrt werden.
    Zurück auf der Straße, hätte ich mich ohrfeigen können. Eine mündliche Verwarnung war so gut wie

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