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Bob, der Streuner

Bob, der Streuner

Titel: Bob, der Streuner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bowen
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abends die vergnügungshungrigen Londoner. Unser neuer Standort war nicht so überlaufen, aber auch die Angel Station spuckte und verschluckte täglich immer noch jede Menge Passagiere, die an uns vorbei mussten.
    Auch das Publikum war ein anderes. Immer noch viele Touristen, die von den Restaurants, Kunstausstellungen wie Sadlers Wells und dem Islington Design Center angezogen wurden. Aber in dieser Gegend waren auch viele Firmen ansässig. Dies brachte ein etwas gehobeneres Publikum mit sich, wenn ich das so sagen darf. Morgens und abends zog eine Armada von Geschäftsleuten in Anzügen an uns vorüber. Viele von ihnen nahmen keine Notiz von dem roten Kater zu ihren Füßen. Aber wer ihn bemerkte, war meist auch hingerissen. Unsere neuen Kunden waren sehr großzügig. Unser Absatz erhöhte sich leicht, und auch die Trinkgelder waren im Durchschnitt etwas höher als in Covent Garden.
    Die Anwohner zeigten ihre Großzügigkeit auf andere Art. Gleich von Anfang an brachten unsere »Nachbarn« Geschenke für Bob.
    Es war unser zweiter oder dritter Tag an der Angel Station, als die erste Futterspende für Bob abgegeben wurde. Eine sehr elegant gekleidete Dame blieb stehen, um sich mit uns zu unterhalten. Sie fragte, ob wir nun jeden Tag hier wären. Das fand ich etwas seltsam. Wollte sie sich über uns beschweren? Aber ich lag völlig falsch. Am nächsten Tag brachte sie eine kleine Tüte von Sainsbury mit Katzenmilch und einem Döschen Sheba.
    »Hier Bob, das ist für dich«, sagte sie und stellte die Tüte vor ihm auf den Boden.
    »Ich gebe es ihm heute Abend zu Hause, wenn es Ihnen recht ist«, bedankte ich mich.
    »Aber natürlich! Hauptsache, es schmeckt ihm«, gab sie zur Antwort.
    Mit der Zeit wurden es immer mehr Anwohner, die Bob mit Leckereien verwöhnten.
    Unser Platz war ganz in der Nähe eines Sainsbury -Supermarktes. Mir fiel auf, dass viele Leute, die dort ihre Einkäufe erledigten, auch etwas für Bob mitnahmen. Auf dem Heimweg vom Supermarkt gaben sie ihre Geschenke für Bob bei uns ab. Wir arbeiteten noch nicht lange an der Angel Station, als Bob an einem Tag von sechs Anwohnern Futter geschenkt bekam. Als wir abends nach Hause wollten, hatten sich in meinem Rucksack so viele Dosen mit Katzenmilch, Futter und Fischkonserven angesammelt, dass ich sie in eine Plastiktüte umfüllen musste. Zu Hause angekommen, füllte ich ein ganzes Regal im Küchenschrank mit diesen Geschenken. Der Vorrat reichte Bob für eine ganze Woche.
    Auch die U-Bahn-Mitarbeiter der Angel Station hatten mit ihren Kollegen von Covent Garden wenig gemein. Dort war ich der von vielen gehasste Antichrist gewesen. Die Leute, mit denen sich in all den Jahren eine Freundschaft entwickelt hatte, konnte ich an einer Hand abzählen. Wenn man meine Zeit als Straßenmusiker und Big-Issue -Verkäufer zusammenzählt, dann ist das wirklich mager. Eigentlich brauchte ich keine ganze Hand, es waren höchstens zwei Leute.
    Von den Mitarbeitern der Angel Station dagegen wurde Bob vom ersten Tag an geliebt und verwöhnt. Wie an einem sehr heißen Tag, als das Thermometer bestimmt über 30 Grad anzeigte. Alle trugen T-Shirts, obwohl es bereits Herbst war. Ich kam fast um in meinen schwarzen Klamotten.
    Ich setzte Bob in den Schatten des Gebäudes hinter uns, damit ihm nicht zu heiß wurde. Hitze ist nicht gesund für Katzen. Schon nach einer Stunde war klar, ich musste für Bob Wasser besorgen. Aber noch bevor ich diesen Gedanken in die Tat umsetzen konnte, tauchte aus dem U-Bahnhof jemand auf, der eine Schüssel mit klarem, kaltem Wasser brachte. Es war Davika, eine Ticket-Kontrolleurin, die schon oft bei uns stehen geblieben war, um zu plaudern. »Hier Bob«, sagte sie und stellte die Schüssel vor ihn hin. Sie streichelte seinen Nacken und fügte hinzu: »Wir wollen doch nicht, dass du uns austrocknest.« Bob ließ sich nicht lange bitten. Dankbar schlabberte er die ganze Schüssel leer.
    Obwohl ich seine besondere Gabe kannte, Menschen für sich zu gewinnen, faszinierte es mich immer wieder, wie viele Fans er hatte. Die Anwohner von Islington waren ihm jedenfalls innerhalb weniger Wochen treu ergeben. Einfach unglaublich, mein Rotpelzchen.
    Aber leider hatte auch unser neuer Standort seine Schattenseiten. Wir waren immer noch in London, und da ist nun mal nicht alles Gold, was glänzt. Mein größtes Problem waren die vielen anderen Straßenverkäufer, die ganz in unserer Nähe ihren Geschäften nachgingen.
    Während man in Covent Garden überall

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