Bob und wie er die Welt sieht
wieder als Boss durchgesetzt.
Auch hier im Café erregte Bob die Aufmerksamkeit diverser Passanten. Trotz des schlechten Wetters blieben ein paar Frauen stehen, um ihn anzusprechen und zu streicheln. Die arme Prinzessin wurde kaum beachtet, niemand nahm Notiz von ihr. Ich wusste genau, wie sie sich fühlte. Auch ich bin manchmal nur eine Schattenfigur neben Bob.
Als der Regen endlich nachließ, liefen wir zu unserem Stammplatz an der U-Bahn-Station Angel. Bob und ich nahmen unsere üblichen Plätze ein und Prinzessin legte sich so hin, dass sie uns samt Umgebung im Blick hatte. Meine Befürchtungen, sie würde hier eine Belastung sein, waren unbegründet. Sie war ein echter Zugewinn.
Während ich auf und ab lief und Passanten ansprach, damit sie ein bisschen Kleingeld für eine Big Issue lockermachten, lag Prinzessin scheinbar teilnahmslos auf ihrem Platz. Den Kopf hatte sie auf ihre Pfoten gebettet, aber ihre Augen wanderten umher wie flinke, kleine Überwachungskameras, die jeden, der sich uns näherte, genau unter die Lupe nahmen. War sie zufrieden mit dem Ergebnis, blieb sie reglos liegen, aber wehe, jemand erregte ihren Argwohn. Dann setzte sie sich auf und zeigte so ihre Bereitschaft, sofort einzugreifen. Spürte sie, dass uns jemand nicht wohlgesinnt war, dann ließ sie ein kleines Knurren hören oder ein drohendes »Wuff«. Das wirkte immer.
Wie bei dem Betrunkenen, der mit einer Dose Bier in der Hand auf uns zutorkelte. Diese Typen würden hier an der U-Bahn-Station noch mein Ruin sein. Fast täglich wurde ich um Geld angebettelt. Als Prinzessin auf den Mann aufmerksam wurde, stand sie auf und gab ihren Warnlaut ab, als wollte sie sagen: »Dreh ab!« Sie war zwar kein besonders großer Hund, aber ihr Aussehen war trotzdem respekteinflößend. Die optischen Merkmale des Staffordshire-Bullterriers waren bei ihr stärker ausgeprägt als die des Labradors. Zum Glück war der Betrunkene noch nüchtern genug, um dies zu erkennen. Er wandte sich tatsächlich ab, um jemand anderen zu belästigen.
Besonders wachsam war Prinzessin, wenn sich jemand zu Bob hinunterbeugte. Sie kam dann näher und streckte den Kopf nach vorne, als wolle sie ganz sichergehen, dass das kleinste Mitglied unseres Trios auch mit dem nötigen Respekt behandelt wurde. Hatte sie daran nur den geringsten Zweifel, knurrte sie drohend oder bellte kurz. Ihre Warnung wurde immer ernst genommen.
Sie war mir an diesem Tag tatsächlich eine große Hilfe. Manchmal war es ganz schön anstrengend, Bob im Auge zu behalten und gleichzeitig Zeitungen zu verkaufen, besonders in den Stoßzeiten. Der Zwischenfall mit der Verrückten im Tweedkostüm hatte mich sehr wachsam gemacht.
»Danke, Prinzessin«, lobte ich sie deshalb auch immer wieder und belohnte sie mit einem Hundeleckerchen aus meinem Rucksack. Sogar Bob warf ihr des Öfteren anerkennende Blicke zu. Er änderte seine anfangs schlechte Meinung über den unerwarteten Teamzuwachs. Sie ist ja doch ganz brauchbar , signalisierte er mir.
Das Wetter wurde an diesem Tag leider nicht mehr besser, und gegen sechs Uhr abends fing ich an, nach Titch Ausschau zu halten. Wir hatten genug Zeitschriften verkauft, und ich wollte nach Hause. Aber Titch kam nicht. Es war schon weit nach 18 Uhr, als eine Vertriebsleiterin der Big Issue auf ihrem Heimweg bei uns vorbeikam.
»Hast du Titch gesehen?«, rief ich ihr zu.
»Nein, schon lange nicht mehr«, antwortete sie. »Nicht seit wir all den Ärger mit ihm hatten.«
»Ah ja«, antwortete ich so neutral wie möglich.
Als halb sieben vorüber war, schwand meine Hoffnung, dass er noch auftauchen könnte. Niemand erwartet Pünktlichkeit von Kollegen, die auf der Straße leben oder arbeiten, aber das hier war nicht mehr lustig.
»Los, ihr beiden, lasst uns nach Hause gehen. Er kann dich auch von dort abholen, Prinzessin«, entschied ich und packte zusammen. Ich war ganz schön sauer auf Titch und musste mich mit einem neuen Problem auseinandersetzen. Bob hatte Prinzessin zwar heute Morgen in seiner Wohnung toleriert, aber wie würde er auf sie als Übernachtungsgast reagieren? Ich sah das Szenario genau vor mir: Prinzessin bellt, die Nachbarn beschweren sich, und mir steht eine schlaflose Nacht bevor.
Im nächsten Supermarkt holte ich Hundefutter für Prinzessin. Keine Ahnung, was sie gerne fraß, also hielt ich mich an eine Dose Standardfutter und ein paar Hundeleckerchen.
Als wir zu Hause waren und ich uns alle mit Futter und Essen versorgt hatte, machte Bob
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