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Bob und wie er die Welt sieht

Bob und wie er die Welt sieht

Titel: Bob und wie er die Welt sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bown
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mich wieder nach unten ziehen. Das war ziemlich beängstigend. Aber es stärkte auch meinen Willen, diesen langsamen Landeanflug durchzuhalten, den mir mein Arzt als Bild mit auf den Weg gegeben hatte. Ich wollte nicht so enden wie der unbekannte Mann im Treppenhaus. Ich wollte durchhalten.



6
Der Müllinspektor
    J eder Mensch hat seine Vorlieben und Laster. Für Bob waren es Verpackungen. Die Vielzahl an Kisten, Kartons, Geschenkpapier und Plastikflaschen, die wir täglich verbrauchen, waren für ihn begehrenswertes Spielzeug. Von gewissen Materialien war er regelrecht besessen.
    Wie etwa von Luftpolsterfolie, deren Unterhaltungswert bei Mensch und Tier gleichermaßen hoch im Kurs zu stehen scheint. Kinder lieben es, die kleinen Bläschen zum Platzen zu bringen. Und auch Bob flippt total aus, wenn ich ihm ein Stück davon zum Spielen gebe. Natürlich nur, wenn ich ihn im Auge behalten kann. Bei jeder Luftblase, die er zum Platzen bringt, dreht er sich beifallheischend zu mir um, als wolle er seine Begeisterung mit mir teilen: »Hast du das gehört?«
    Geschenkpapier zählt auch zu seinen Favoriten. Immer wenn ich ein Geschenk für ihn auspacke, ist er viel mehr an dem raschelnden Papier als an seinem neuen Spielzeug interessiert. Außerdem ist er verrückt nach den knisternden, relativ spröden Zellophan-Tüten, die unsere Frühstücksflocken in den Kartons frisch halten. Ich kann mich immer wieder darüber amüsieren, dass er sich eine halbe Stunde lang damit beschäftigt, eine von mir zusammengeballte Zellophan-Kugel herumzuschieben. Den gleichen Erfolg erziele ich übrigens auch mit einem Ball aus Aluminiumfolie.
    Bobs absolute Lieblingsverpackung ist jedoch der Pappkarton. Jede Größe, jede nur erdenkliche Form ist ein willkommenes Spielzeug und garantiert stundenlangen Katzenspaß. Wenn ich mit einem Karton in der Hand an Bob vorbeigehe, springt er an mir hoch und versucht ernsthaft, mir den Karton zu entreißen. Ob Cornflakes-Box, Milchkarton oder Umzugskarton: Er angelt mit den Pfoten nach dem begehrten Spielzeug, als wollte er sagen: »Gib das sofort her, ich will JETZT damit spielen!«
    In den großen Pappkartons versteckt er sich gern. Diese Manie hat mir schon so manchen Schrecken eingejagt.
    Bob darf nicht allein aus der Wohnung, und die Fenster sind immer geschlossen, wenn wir zu Hause sind, damit er nicht auf die Idee kommt hinauszuklettern. (Natürlich weiß ich, dass sich Katzen im Fallen immer richtig drehen, und wir waren ja »nur« im fünften Stock, aber ich wollte seine Flugtauglichkeit keinesfalls auf die Probe stellen!) Deshalb war ich auch sehr besorgt, als ich ihn an einem warmen Sommerabend in der Wohnung nirgends mehr finden konnte.
    »Bob? Bob, wo bist du?«
    Ich durchsuchte jeden Winkel unserer Wohnung. Das dauerte nicht allzu lange in unserem Mini-Domizil, aber er blieb unauffindbar. Weder im Schlafzimmer, noch in Küche oder Bad – nirgends auch nur das kleinste rote Schwanzspitzchen. Ich wollte gerade im Treppenhaus weitersuchen, als mir einfiel, dass ich einen Karton mit Secondhand-Kleidung von der Wohlfahrt in meinen Trockenschrank gestellt hatte. Ich öffnete die Schranktür und tatsächlich: Mitten auf der Kleidung lag ein wohlbekannter roter Pelz.

    Eine weitere Episode von Bob im Pappkarton hätte schlimmer ausgehen können. Es war der Tag, als Belle mir beim Aufräumen helfen wollte. Ich war nicht nur ein leidenschaftlicher Sammler, sondern leider auch ziemlich unorganisiert und schlampig. Vielleicht träumte ich ja im Unterbewusstsein von einem eigenen Trödelladen oder ich mochte einfach nur alte Sachen. Jedenfalls sammelte ich alles ein, was andere Leute wegwarfen, von alten Büchern und Landkarten bis zu kaputten Radios und Toastern.
    Belle hatte mich überredet, mich wenigstens von einem Teil meiner »Schätze« zu trennen. Wir hatten dafür ein paar Umzugskartons geholt, die sich schnell füllten. Einiges gehörte wirklich auf den Müll, der Rest sollte zur Wohlfahrt oder zum Wertstoffhof. Belle wollte einen Umzugskarton voller unbrauchbarem Krempel in die Müllcontainer hinter unserem Haus werfen. Während sie auf den Aufzug wartete, rappelte es plötzlich in der Kiste, die sie nicht abgestellt hatte. Ich hörte ihren entsetzten Aufschrei. Bis ich an der Tür war und diese aufgerissen hatte, um zu sehen, was los war, hatte sie die Kiste fallen gelassen und Bob darin entdeckt. Er befreite sich gerade aus einem Stapel alter Bücher und Zeitschriften, auf denen er ein

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