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Bob und wie er die Welt sieht

Bob und wie er die Welt sieht

Titel: Bob und wie er die Welt sieht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Bown
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über den Alltag von Obdachlosen erfahren konnten. Die Anzeigen in unserem Magazin nannten es »eine einmalige Gelegenheit, um abenteuerlustige Gleichgesinnte zu treffen, mit dem gemeinsamen Wunsch, Obdachlose und Bedürftige in ganz England zu unterstützen«. Bob und ich waren noch nicht mal bei der Startlinie angekommen, als ich mich schon fragte, ob dieser Abend nicht zu abenteuerlich für uns war. Immerhin konnte ich erst seit Kurzem mein Bein wieder belasten. Außerdem war es eine verdammt kalte Nacht – die von Minute zu Minute kälter wurde.
    Ich hatte mich aus zwei Gründen für die Teilnahme an dieser Nachtwanderung entschieden. Erstens und vor allem, weil ich dabei ein bisschen Extrageld verdienen konnte. Jeder teilnehmende Verkäufer bekam fünfundzwanzig bis dreißig Freiexemplare der Big Issue zum Verkaufen. Das war ein Nettoverdienst von 60 Pfund. Außerdem war es mir ein Bedürfnis und eine gute Gelegenheit, mit unseren potenziellen Kunden in entspannter Atmosphäre ausführlicher über den Gedanken hinter dem Magazin und über das Leben der Verkäufer zu plaudern.
    Trotz meiner Schwierigkeiten, die ich manchmal mit meinen Vorgesetzten hatte, war ich von der Idee der Macher immer noch überzeugt. Ohne Frage war das Verkaufskonzept von The Big Issue die letzte und einzige Rettung für viele Obdachlose. Jedenfalls hatte mir die Zeitschrift wieder ein Ziel und einen Grund zum Leben gegeben, ganz zu schweigen von dem selbst verdienten Geld.
    Treffpunkt war das IMAX -Kino am Bullring-Kreisverkehr auf der Südseite der Waterloo Bridge. Es war ein passender Ort. Dieser Kreisverkehr, oder besser gesagt das Labyrinth von unterirdischen Betongängen darunter, hat bis vor einigen Jahren noch das Obdachlosenviertel beherbergt, von den Londonern »Cardboard City« genannt, was so viel heißt wie »Pappschachtelstadt«. In den 80er- und frühen 90er-Jahren haben diese unterirdischen Gänge mehr als zweihundert Obdachlose beherbergt. Darunter waren auch Junkies und Alkoholiker, die nur kurzfristigen Unterschlupf suchten, aber es gab viele, die sich da aus Holzpaletten und Pappkartons ein bescheidenes Zuhause geschaffen hatten. Manche hatten sogar Wohnzimmer und Schlafraum mit Matratzen. Fünfzehn Jahre lang war es ihre Zuflucht, wenn auch nicht die sicherste. Ich bin in den letzten Tagen von Cardboard City zwischen 1997 und 1998 auch tageweise dort untergetaucht, kurz bevor man die unterirdische Stadt geräumt hat, um dem IMAX -Kino Platz zu machen.
    Meine Erinnerungen an diesen Ort waren mehr als vage, aber als ich in das Kino hineinging, hatten die Organisatoren eine kleine Fotoausstellung über die Geschichte der Cardboard City zusammengestellt. Mit Bob auf der Schulter betrachtete ich die teils unscharfen Schwarz-Weiß-Fotos und suchte nach bekannten Gesichtern. Aber ich suchte an der falschen Stelle.

    »Hallo James«, hörte ich eine weibliche Stimme hinter mir. Ich erkannte sie sofort.
    »Hallo Billie«, antwortete ich und drehte mich nach ihr um.
    Billie und ich haben uns im Jahr 2000 kennengelernt. Damals war ich ganz unten. Wir haben uns angefreundet, uns gegenseitig ausgeholfen und uns gemeinsam durch den Tag geschlagen. Wir haben uns allerdings erst nach der Räumung von Cardboard City kennengelernt. In den Kälteschutzzelten, die in den Wintermonaten von Hilfsorganisationen wie Centrepoint und St Mungo’s aufgestellt wurden, haben wir zusammengekauert der Kälte getrotzt.
    Es stellte sich heraus, dass auch Billie den Absprung geschafft hatte. Der Moment ihrer Erleuchtung war eine Begegnung mit einem Big Issue -Verkäufer, als sie eines Nachts in einer Toreinfahrt in der Innenstadt schlief. Er weckte sie, um ihr eine Zeitung anzubieten, und sie war anfangs echt sauer über die Störung. Sie hatte noch nie von diesem Magazin gehört. Aber sie hatte es gelesen und die Idee verstanden. Sie hatte sich mithilfe der Big Issue ein neues Leben aufgebaut und war jetzt ein »Posterkind« der Big Issue -Stiftung.
    Bei einer Tasse Tee schwelgten wir in Erinnerungen über die schlechte alte Zeit.
    »Erinnerst du dich noch an das Pop-up am Triumphbogen Admiralty Arch in diesem schrecklich kalten Winter?«, fragte sie.
    »Ja, wann war das noch mal? 1999 oder 2000 oder 2001?«
    »Weiß ich nicht mehr. Die Erinnerungen an diese Zeit sind ziemlich verschwommen, oder?«, sagte sie mit einem Schulterzucken.
    »Ja, aber wir haben überlebt, und das ist mehr, als man von so manchem anderen behaupten kann, den wir damals

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