Bobbie Faye 01 - Schlimmer Geht Immer
an zu reden, wobei sie mit den Ereignissen am Morgen und ihrem ersten Anruf bei Roy begann.
Während Ce Ce die meisten Zutaten für den Zauber in ihrer Schüssel zusammengemischt hatte, war es zu einem kleinen Massenauflauf in ihrem Lagerraum gekommen. Irgendjemand hatte die Frau vom Sozialamt in einer Ecke gegen einen Karton mit kaputten Entenlockpfeifen gelehnt, die Ce Ce noch reklamieren wollte. Diese indes vermied es absichtlich, zu ihrer Freundin Monique hinüberzusehen, die Mrs. Banyon zwischenzeitlich mit Pfeifenreinigern aus ihrer Handtasche geschmückt hatte (obwohl es gar nicht mal so schlecht aussah, wie die Dinger in deren Haar geflochten waren).
»Dieser Zaubertrank stinkt«, beschwerte sich jemand aus den hinteren Reihen der Zuschauer.
»Bist du sicher, dass er so riechen soll?«, erkundigte sich eine der Zwillingsschwestern.
»Natürlich soll er das.«
»Ist das Voodoo?«
»’S is’ Stinky Doo!«, sang Monique, und Ce Ce hielt kurz inne, um ihr einen wütenden Blick zuzuwerfen.
Das Gebräu verbreitete tatsächlich einen stechenden Geruch, und sie fragte sich innerlich, ob es auch das letzte Mal so fürchterlich gestunken hatte. Es roch nach einer Mischung aus Kloake und verdorbenem Hühnchen, das zuvor in Orangensaft mariniert worden war: scharf, beißend, widerlich, sodass es einem die Tränen in die Augen trieb.
»Hey, wir können die hier benutzen«, rief jemand, und plötzlich entstand ein kleiner Tumult rund um ein Regal herum, das sich außerhalb ihrer Sichtweite befand. Sie gab vorsichtig etwas gemahlenes Geweih in den Trank. Als sie wieder aufblickte, hatten alle Anwesenden Wäscheklammern auf der Nase sitzen, während ihnen Tränen über die Gesichter strömten.
»Ihr müsst ja nicht alle bleiben.«
»Das wollen wir aber«, sagte die andere Zwillingsschwester und klang ziemlich nasal. »Wir müssen uns doch für Bobbie Faye einsetzen.«
»Gut. Aber dann keine Beschwerden mehr.«
Ce Ce musste noch vier weitere Zutaten hinzugeben, von denen zwei richtig eklig waren und am fürchterlichsten von allen rochen. Doch sie beschloss, diese Tatsache gar nicht erst zu erwähnen und auch nicht, wo sie die Ingredienzien eigentlich her hatte. Das Letzte, was sie jetzt noch gebrauchen konnte, waren irgendwelche Leute, die in Ohnmacht fielen.
Bobbie Faye stand vor dem Recyclinghof für Metall am Scenic Highway 1601 in Plaquemine. Die Abenddämmerung brach herein, sodass die Straßenlaternen flackernd angingen. Sie sehnte sich danach, nur für ein paar weitere Minuten zurück in das Cockpit des Helikopters klettern zu dürfen. So sehr sie es auch hasste, sich großen Höhen auszusetzen, zu fliegen oder im Fernsehen zu sein, so war dies alles zusammen immer noch sehr viel angenehmer, als nun am Eingang dieses Recyclinghofes zu stehen und darauf zu vertrauen, dass sie es schaffte, diesem Psychopathen, der ihren Bruder gefangen hielt, gegenüberzutreten. Als sie am Ende ihrer Geschichte erzählt hatte, wie sie es mit den Entführern aufnehmen wollte, waren die Mienen des Kameramanns und des Piloten immer düsterer geworden. Auf ermutigende Anfeuerungsrufe, die ihr das Gefühl gegeben hätten, am Ende würde alles gut werden, hatte sie jedenfalls vergeblich gewartet. Und nun stand sie vor vier Meter hohen Hurrikan-Schutzzäunen, deren Krone mit Rollen von NATO-Draht bewehrt war, um Diebe davon abzuhalten, nachts das Metall zu stehlen, um es am nächsten Tag wieder an den Hof zu verkaufen. Direkt neben dem hohen Tor stand eine Hütte für den Wachmann, die zurzeit jedoch leer war. Dahinter befanden sich eine verdreckte, in den Boden eingelassene Waage, auf der die großen Trucks ihre Ladung wiegen lassen konnten, und ein noch schäbigeres und schon baufälliges Häuschen, so groß wie ein Schuhkarton, in welchem die Computer untergebracht waren, die das Ladegewicht der Trucks, die den ganzen Tag über auf den Hof fuhren und ihn wieder verließen, speicherten und verarbeiteten.
Die ganze Recyclingstation war mit einer braunen Staubschicht überzogen, der von den nicht asphaltierten Straßen aufgewirbelt worden war, die kreuz und quer durch das gewaltige Areal am Ufer des Mississippi führten. Bobbie Faye ging durch das Eingangstor, die Waffe immer noch griffbereit hinten im Bund ihrer Jeans, hoffentlich nicht sichtbar für die Entführer. Sie überlegte, unterwegs einfach ein halbrundes Stück Metall, das ungefähr die Größe des Diadems besaß, aus einem der zehn Meter hohen Haufen zerkleinerten
Weitere Kostenlose Bücher