Bobbie Faye 01 - Schlimmer Geht Immer
Scheiße! Er hatte das Diadem. Sie blickte an sich hinab und erkannte, dass das Seil, mit dem sie es sich vorn an eine ihrer Gürtelschlaufen gebunden hatte, durchtrennt worden war.
Ein dezentes Ping wies sie auf die Ankunft des Fahrstuhls hin. Sie blickte erneut zu Trevor hinüber und bedeutete ihm, Richtung Kabine zu laufen. Doch kaum, dass sie sich bewegte, wurde eine ganze Salve von Kugeln auf sie abgefeuert und zischte zwischen ihnen hindurch.
Er schüttelte den Kopf.
Und dann zog er sich zurück und nahm das Diadem mit sich.
Für den Bruchteil einer Sekunde war sie versucht, ihm zu sagen, dass es eigentlich als Karte fungierte. Aber dann war da wieder dieser Ausdruck in seinen Augen … Er hatte den gleichen Blick wie in der Baracke der Waffenschmuggler. Jenen Blick, der ihr verraten hatte, dass er nicht bloß ein hilfsbereiter Typ war, wie es zunächst den Anschein gehabt hatte. Es war genau der Blick, der ihr gezeigt hatte, dass er verdammt viel über Waffen wusste.
Spiegelte dieser Augenausdruck seine Habgier wider? Und war diese schon immer dagewesen? Hatte er auf ihrer Flucht für sich festgestellt, dass das Diadem eine Menge wert sein musste, wenn sich ein Kidnapper dermaßen anstrengte, um es zu bekommen? Und hatte er genau deshalb mitgespielt und so getan, als würde er ihr helfen, um schließlich selbst in den Besitz des Diadems zu gelangen?
Sie wusste, dass sie niemandem hätte trauen dürfen. Eigentlich war das von Anfang an klar gewesen, schließlich hatte man ihr dies von klein auf beigebracht.
Die Fahrstuhltüren hinter ihr öffneten sich quälend langsam.
»Jetzt geh schon!«, rief er. »Du musst dort unbedingt auftauchen.«
»Aber ich brauche das Diadem«, schrie sie zurück. »Sie werden ihn töten, wenn ich es nicht habe.«
Aus den Gängen zwischen ihnen wurde erneut das Feuer eröffnet.
»Ich treffe dich dort.«
»Von wegen. Wirf es rüber!«
Weitere Geschosse schlugen neben ihnen ein. Bobbie Faye bemerkte, dass die Schützen vorrückten, als die Türen des alten Fahrstuhls sich wieder zu schließen begannen. Ihr blieben nur noch Sekunden.
Doch plötzlich … klirr . Klirr , klirr , klirr zersprangen die Lampen an der Decke über ihr in Tausende von kleinen Scherben, die nun herabregneten und weiteres Gekreische und überhastete Fluchtversuche auslösten, während die Halle dunkler und dunkler wurde.
Sie hörte, wie Männer sich irgendetwas zuriefen.
Bobbie Faye blickte abermals zu Trevor hinüber.
Doch er war fort.
Gleich würden sich die Fahrstuhltüren schließen.
Weitere Lampen zersplitterten.
Mit einer gewagten Hechtrolle rettete sie sich in den Aufzug. Die Türen berührten sie, öffneten sich noch einmal kurz und schlossen sich dann wieder. Direkt über ihrem Kopf schlugen Kugeln in die Rückwand der Kabine ein.
Kurz bevor die Türen sich endgültig schlossen, konnte sie noch einen Blick auf den Schützen erhaschen, der auf die Lampen feuerte.
Cam.
Cam? Er schoss die Lampen aus?
Er half? Er bedeutete ihr, sich zu ducken. Cam.
Und Trevor … der ihr die ganze Zeit über geholfen hatte … war weg? Mit dem Diadem?
Absolut gar nichts ergab noch einen Sinn.
Der Fahrstuhl kroch förmlich nach oben. Ihr schwirrte der Kopf von all diesen widersprüchlichen Ereignissen, dem ganzen Durcheinander um sie herum. Sie war verwirrt. Ihre Gedanken überschlugen sich regelrecht.
Sie musste unbedingt wieder einen klaren Kopf bekommen, brauchte einen Plan. Sie hatte das Gefühl, in all dem Chaos unterzugehen.
Die Fahrstuhltüren öffneten sich und ein weiterer Wachmann blickte entsetzt von seinem Schreibtisch auf, als sie in die Lobby stürmte. Er war gerade dabei, sich zu erheben, doch Bobbie Faye richtete ihre Waffe auf ihn.
»Sieht es so aus, als hätte ich heute einen besonders guten Tag?«
Der Wachmann, er war ungefähr Mitte vierzig, musterte ihren schäbigen Aufzug mit dem dreckigen Shirt, den fleckigen Jeans, den Kratzern und Blutflecken. »Darf ich mich bitte einfach nur auf den Boden legen, statt Ihnen eine Antwort geben zu müssen?«
»Sie sind ein kluger Mann«, sagte Bobbie Faye und warf einen Blick auf sein Namensschild. »Bertrand. Ein sehr kluger Mann.«
Er legte sich flach auf den Bauch, und sie nahm ihm die Waffe ab.
»Ich werde die hier jetzt nach draußen werfen. Wir wollen ja nicht, dass das Ding plötzlich ganz verschwunden ist und Sie Ärger bekommen.«
Sie wandte sich zum Gehen um.
»Warten Sie!«, flehte er geradezu. »Könnten Sie auf meiner
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