Bobby Z
kann wie auf einem Playboy- Hochglanzfoto.
Ihr Haar trägt sie immer noch aufgesteckt, ihr Hals ist lang und wunderschön.
Er spürt, wie sich jetzt auch seine Lippen zu einem Lächeln
verziehen.
Sie lacht und wendet sich ab.
Bewegung kommt in das Tableau. Die meisten der Gäste wechseln ihre
Gesprächspartner oder holen sich einen neuen Drink bei dem mexikanischen
Bartender. Durch die sich neu gruppierende Menge hindurch blickt Tim unverwandt
auf sie, während sie sich zu einem kleinen
Jungen hinunterbeugt, der gerade ein Spielzeugboot zu Wasser lässt.
Der Junge wirkt völlig fehl am Platz, denkt Tim. Er ist völlig
fehl am Platz. Was zum Teufel denken sich seine Eltern eigentlich?, fragt er
sich. Der stechend herbe Geruch von Marihuana erfüllt die Luft. Dope und
halbnackte Frauen - und da lassen die mittendrin ein kleines Kind herumrennen.
Er hofft bloß, dass nicht sie seine Mutter
ist.
Das Kind ähnelt ihr überhaupt nicht. Erstens ist der Junge blond.
Seine Haare sind lang und unten schnurgerade abgeschnitten, eine Art modischer
Topfschnitt, wie man ihn oft bei Surferkindern sieht. Blaue Augen - was anderes
lässt sich kaum sagen, wenn man eine blaugetönte Sonnenbrille aufhat. Und ihre
sind - wie, grün?
Es ist nicht ihr Kind, denkt Tim. Wenn es ihr Kind wäre, dann würde
sie ihn da wegholen und nach Hause bringen, so viel Klasse hat sie. Tim schaut
sich um, ob er die Eltern entdecken kann, aber keines von den erwachsenen
Paaren schenkt dem Jungen besondere Beachtung. Da ist höchstens noch eine
andere junge Frau, südamerikanischer Typ, die den Jungen beobachtet. Sie
blättert in einem Magazin, während sie den Jungen beobachtet, und Tim würde am
liebsten zu ihr rübergehen und sie fragen, was zum Teufel sie sich eigentlich
denkt.
Swimmingpools sind saugefährlich für Kids, denkt Tim. Für ihn übrigens
auch, denn selbst bei den Marines hat er nie schwimmen gelernt. Hat bei der
Prüfung mit einem anderen Typen die Ergebnisbögen vertauscht. Jedenfalls muss
man ein Kind an einem Swimmingpool immer im Auge behalten, anstatt in einem
Magazin irgendwelche blöden Artikel darüber lesen, wie man in zehn Minuten ein
erfüllteres Sexleben bekommt.
Aber er ist ja nicht mein Junge, denkt er, und geht mich einen Dreck
an.
Der Junge schubst das Boot ins Wasser, dann macht er einen Schritt
zurück und hält ein schwarzes Kästchen mit Antenne in Richtung Boot.
Aha, denkt Tim, der Junge hat ein ferngesteuertes Boot, also hat er
auch Geld. Ein Kindermädchen und ein ferngesteuertes Boot, denkt er, und einen
Kumpel - sie, denn es ist ziemlich eindeutig,
dass der Kleine das alles tut, um ihr zu
imponieren.
Kann's dir nicht verübeln, Kleiner, denkt Tim. Würd ich an deiner
Stelle auch.
Brian bittet die Gäste in ein großes offenes Zelt, wo Mexikaner in
weißen Jacketts hinter riesigen Platten mit carne
asada und Töpfen mit chili verde schwitzen.
Tim riecht den feuchten Duft von frischen Tortillas und kriegt schon wieder
Hunger.
Und scharf werd ich auch, denkt er. Die Essensdüfte, die Sonne, all
das nackte Fleisch. Und sie.
»Nur ein kleiner Sonntags-Brunch«, sagt Brian zu ihm. »Wenn Don
Huertero hier ist, werden wir eine richtig große Party für Sie geben. Ein
Barbecue.«
»Wer sind all die Leute?«, fragt Tim.
»Meine Freunde«, antwortet Brian. »Die meisten sind Europäer. Viele
aus dem Export-Import-Geschäft. Ein paar Deutsche, die in Borrego Springs
leben. Ein paar Wochenendgäste. Und ein paar Dauer-Hausgäste.«
»Wer ist der Junge?«
»Junge?«, fragt Brian. Er dreht sich um und sucht nach dem Kind.
»Das ist Olivias Junge«, antwortet er. »Welche ist
Olivia?«
»Olivia ist nicht hier.« Brian kichert. »Olivia ist wieder mal in der
Betty-Ford-Klinik. Zum hundertfünfundachtzigsten Mal. Sie hat Elizabeth
gebeten, sich um den Jungen zu kümmern, und Elizabeth fragte, ob sie ihn und
das Kindermädchen hierher mitbringen könnte. Und da sind wir nun alle, eine
einzige, große, glückliche, zerrüttete Familie, chez Cervier.«
Elizabeth, denkt Tim.
»Süßes Kerlchen«, sagt er.
»Ja, nicht wahr?«
Brian sagt das so, als würde er sich schon seine fetten Lippen dabei
lecken, denkt Tim.
»Hat das Kind auch einen Vater?«
Brian zuckt die Achseln. »Theoretisch schon.«
Offenbar warten alle darauf, dass Tim anfängt. Also holt er sich eine
große Schüssel vegetarisches Chili und ein paar Tortillas und setzt sich hin.
Ein Kellner bringt ihm eine Margherita.
Er isst und trinkt und
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