Bobby Z
sauer, dass er wieder mal spürt, wie ihm die gute alte
Impulskontrolle flöten geht.
Und das fühlt sich verdammt gut an.
Tad Gruzsa
ist nicht gerade der glücklichste Urlauber an der Südküste von Kalifornien.
Gruzsa sitzt in einer versifften Bar in Downey und kippt gerade seinen zweiten
Bourbon mit Leitungswasser. Er will sich Mut antrinken für seinen Besuch im
Bardo, wo er eine letzte Verabredung mit Escobar hat.
Auch die Bohnenfresser lieben nämlich diese offenen Särge, denkt
Gruzsa, und es war so wenig von Jorges Gesicht übrig, dass Gruzsa drei Dimes in
den Bestattungsunternehmer investieren musste. Damit Escobar wenigstens
einigermaßen wie ein menschliches Wesen aussieht, wenn er die Leute aus seinem
Sarg anlächelt.
Es hat Gruzsa nichts ausgemacht, den Maskenbildnerjob zu bezahlen, er
will bloß einfach nicht mit dem Ergebnis konfrontiert werden. Besonders,
nachdem der Sargfritze ihn extra noch mal angerufen hat, um stolz zu verkünden,
er habe sogar Escobars Akne kosmetisch rekonstruieren können.
Außerdem hasst Gruzsa Begräbnisse bei den Bohnenfressern. Zum Kotzen
gefühlsduselig sind die, mit den ganzen jammernden Weibern, der Mutter, den
Schwestern und den Tanten und all den Männern, die herumstehen - die Hälfte von
Escobars männlichen Verwandten gehört sowieso der mexikanischen Mafia an und
werden schreckliche Rache schwören. Dann halten sie auch noch eine komplette
Messe ab, und anschließend fahren sie zum Friedhof und... Gruzsa ist schon auf
einer ganzen Reihe von mexikanischen Beerdigungen gewesen; das gehört einfach
zum Job, wenn man in diesem Teil des Landes arbeitet.
Also versucht Gruzsa, den Gedanken an die Totenwache und das Begräbnis
hinunterzuspülen. Und außerdem ist er stocksauer auf einen gewissen Tim
Kearney, Berufsverbrecher und Superniete, der sich einfach verpisst und Art
Moreno im Stich lässt. Kearney ist schuld daran, dass Tad Gruzsa jetzt bis zum
Hals in der Scheiße sitzt.
Wird nicht leicht sein, den geschniegelten Typen in Washington dieses
ganze Kuddelmuddel zu erklären, weil die einfach überhaupt nicht kapieren, wie
verdammt schwierig das Geschäft an der Westküste sein kann. Früher oder
später, grübelt Gruzsa, werden sie mich fragen, warum eigentlich ausgerechnet
bei mir immer die Bohnenfresser dran glauben müssen. Zuerst wird Art Moreno
gekidnappt, und dann werden Jorge Escobars Einzelteile über den gesamten arroyo verstreut.
Aber was kann ich groß dazu sagen, denkt Gruzsa. Das Leben ist einfach
ein hartes Geschäft für einen Bohnenfresser an der Grenze.
Das mit Tim Kearney steht auf einem anderen Blatt. Es ist eine Sache,
eine Superniete aus dem Knast rauszuhauen, wenn man damit etwas erreicht, und
eine ganz andere, einen Berufsverbrecher auf die Gesellschaft loszulassen, wenn
dabei am Ende nur Scheiße herauskommt.
Solange Tim Kearney frei herumläuft, kann er allen möglichen Mist
bauen, denkt Gruzsa. Mir bleibt nichts anderes übrig, als diese Flasche
ausfindig zu machen und ihn dazu zu bringen, seinen Teil der Vereinbarung
einzuhalten. Nicht mehr und nicht weniger.
Er muss einfach dringend verhindern, dass Tim Kearney in der
Weltgeschichte herumläuft und jedem, der es hören will, seine Story erzählt.
Das einzig Sinnvolle, das Tim Kearney in seinem Leben noch tun kann, ist zu
sterben.
Gruzsa schüttet seinen Drink herunter und klopft auf die Theke, um
noch einen zu bestellen. Das Gesöff kommt genau in dem Moment, als ein Riese
in Leder sich direkt neben ihm auf den Barhocker fallen lässt.
»Hallo, du Scheißer«, sagt Gruzsa. »Wie läuft das Speed-Geschäft?«
»Ich will nicht mal mit dir gesehen werden, du
Arsch«, sagt der Motorradfahrer. »Geschweige denn irgendwelche Höflichkeiten
austauschen.«
»Was? Ach, glaubst du, ich bin
begeistert davon, dich zu sehen?«
»Also, was willst du, Gruzsa?«
Gruzsa bestellt dem Typen ein Bier und sagt: »Erinnerst du dich noch
an den Kerl, der deinen Bruder auf dem Gewissen hat?«
Gruzsa merkt sofort, dass Boom-Booms Interesse geweckt ist. Boom-Boom
ist über einsfünfundneunzig groß, wiegt weit über drei Zentner und hat
mausbraunes Haar, das ihm bis über den Hintern wächst. Es ist allgemein
bekannt, dass Boom-Boom tätliche Auseinandersetzungen meidet. Ob mit der Faust,
mit Messern oder Feuerwaffen, dem allen geht Boom-Boom lieber aus dem Weg.
Boom-Boom jagt viel lieber Leute in die Luft. Bumm-bumm.
Daher der Name.
Jetzt blitzt es in Boom-Booms Augen auf. »Kearney?«,
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