Bobby Z
Humvee fährt einfach weiter,
fliegt in hohem Bogen über die Kante. Ein paar Sekunden ist es still, dann Bumm!, und der
Himmel erglüht in hellem Orange.
Der Junge kichert nicht mehr.
Er weint.
»Alles in Ordnung?“
»Mein Bein tut weh.«
Tim kriecht unter dem Motorrad hervor, hebt den Kleinen vorsichtig
auf und legt ihn auf den Boden. Er holt die Taschenlampe aus dem Sitz, rollt
das Hosenbein des Jungen auf und sieht Blut. Hauptsächlich Abschürfungen,
anscheinend ist nichts gebrochen, und jetzt schnieft der Junge nur noch.
»Ist schon in Ordnung«, sagt der Kleine. »Bist ein
tapferer Junge.« Der Kleine lächelt.
Tim holt die Sachen aus dem Sitz. Er steckt sich die Landkarte in die
Tasche, rollt die Decke auf und bindet sie sich um den Bauch. Dann holt er die
Evian-Fläschchen heraus, reicht eine davon dem Jungen.
»Ich wette, dass ich die hier schneller getrunken habe als du«, sagt
Tim.
Der Junge nimmt die Herausforderung an und setzt die Flasche an den
Mund. Tim richtet es so ein, dass der Kleine gewinnt. Dann füllt Tim die
Wasserflaschen wieder auf.
»Hast du Lust auf ein Spiel?«, fragt Tim.
»Klar. Was denn für eins?«
»Weißt du, was ein Marine ist?«
»So 'ne Art Soldat, oder?«
»Sag so was bloß nie wieder«, sagt Tim entrüstet. »Ein Marine ist kein
Soldat. Soldaten sind die Kotzbrocken, die bei der Armee sind. Ein Marine
dagegen ist die zäheste, härteste, raffinierteste Kampfmaschine der Welt. Hast
du Lust, Marine zu spielen?«
»Ja.«
»Gut. Wir werden in den nächsten Tagen Marine spielen. Wir sind auf
geheimer Mission. Die anderen Jungs dürfen uns auf gar keinen Fall finden.
Kapiert?«
»Kapiert.«
»Bist du dabei?«
»Bin dabei.«
»Werden 'ne Menge laufen müssen.“
»Okay.«
Tim schiebt das Motorrad über die Felskante, und es fällt, dorthin, wo
das orangefarbene Leuchten zu einem schwachen Blutrot verglommen ist.
»Also, los geht's.«
Er kann jetzt die Umrisse der Berge im Westen ausmachen. Und er
vermutet, wenn sie es über diese Berge schaffen, sind sie in Sicherheit und
können nach Hause gehen. Also laufen sie los.
Nach ein paar Minuten sieht der Junge schon ziemlich erschöpft aus,
und Tim beschließt, dass sie wohl schneller vorankommen, wenn er ihn trägt. Er
hebt ihn hoch und setzt ihn sich auf die Schultern. Der Junge ist nicht
schwerer als ein vollbeladener Feldrucksack.
»Wie heißt du noch mal?«, fragt Tim.
»Kit«, antwortet der Junge. »Und du?«
»Nenn mich einfach Bobby«, sagt Tim.
Er legt ein anständiges Tempo vor. Bevor die Sonne aufgeht, will er
diesen Bergen da vorne so nah sein wie nur irgend möglich.
Brian Cervier ist stocksauer.
Und er macht sich Sorgen - nein, er macht sich fast in die Hosen vor
Angst, weil er Bobby Z schon hatte und er ihm
doch noch entwischt ist.
»Finden Sie ihn!«, sagt er zu Johnson.
Johnson steht vor ihm im Salon, den Hut in der Hand, aber weniger aus
Respekt als aus alter Gewohnheit. Das Hutband hinterlässt einen roten Striemen
an der Stelle, wo sein sowieso schon spärliches Haar langsam grau wird. Er sieht
Brian an. Johnson sagt es nicht, aber sein Blick spricht Bände. Der Blick
sagt: Hör mal, du fette Schwuchtel, das da draußen ist eine verdammt große
Wüste.
Brian interpretiert den Blick richtig - auch den Teil mit der
Schwuchtel - und antwortet auf die unausgesprochenen Worte.
»Bobby ist ein kleiner Surfer, der mit Drogen dealt«, sagt Brian. »Ein
Weichei. Er kennt die Wüste nicht. Ist nicht gerade ein Zuckerschlecken da
draußen.«
»Gestern nacht hat er sich ziemlich wacker geschlagen«, sagt Johnson.
Johnson hat die Leichen bereits gesehen. Und den Schaden an den Fahrzeugen.
Wenn dieser Bobby Z ein Weichei sein soll, dann möchte er ihn hart lieber nicht
erleben.
»Nachts scheint nicht die Sonne!«, antwortet Brian barsch.
Johnson grinst bloß. Das mit der Sonne hat er schon mal gehört. »Ist
sowieso nicht so heiß in dieser Jahreszeit«, sagt er.
»Trotzdem ist das da draußen immer noch eine gottverdammte Wüste!«,
kreischt Brian.
Der Fettsack wüsste nicht mal den Unterschied zwischen der Wüste und
den Würsten, die morgens gegrillt vor ihm auf dem Teller liegen, denkt Johnson.
Der Fettsack lebt in der Wüste und hasst die Sonne. Ständig trägt er diese Riesenhüte
und weite Oma-Gewänder und versteckt sich vor der Sonne. Bleibt fast den ganzen
Tag im Haus und schaut sich diese Filme an.
Schwarzweiß-Wüstenfilme. Was er über die Wüste weiß, weiß er aus
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