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Bobby Z

Bobby Z

Titel: Bobby Z Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Don Winslow
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ihnen jemand den Sozialhilfescheck
geklaut, und die Männer stehen in ihren billigen Anzügen da und machen hinter
ihren Vollverdeck-Sonnenbrillen grimmige Gesichter. Und damit der Nachmittag
für Gruzsa so richtig schön wird, haben sich Escobars jüngere männliche
Verwandte auch noch in ihr allerbestes Montags-Begräbnis-Outfit geschmissen -
saubere weiße T-Shirts, gebügelte Jeans, zwei Nummern zu groß, und
Fliegerjacken. Ausgerechnet Fliegerjacken, denkt Gruzsa, als ob einer von
diesen Pattex-Schnüfflern jemals woandershin fliegen würde als hochkant aus
der Kneipe. Und sie haben alle rasierte Köpfe, machen auf gefährliche Gangster
und werfen Gruzsa - dem einzigen Angloamerikaner in der Trauergemeinde - die
pubertärsten Mörderblicke zu.
    Wenn es nicht Jorges Beerdigung wäre, würde sich Gruzsa am liebsten
einen oder zwei von ihnen schnappen, sie raus auf die Straße zerren und ihnen
mit dem Lauf seiner 9-mm-Glock so gründlich den Mund ausräumen, dass ihre Zähne
hinterher wie Kaugummidragees auf dem Boden herumliegen. Und dann würde er
pfeifend davongehen. Aber das ist nun mal ein Begräbnis, und daher herrscht
eine Art Waffenstillstand.
    Was auch sein Gutes hat, denkt Gruzsa, während der Priester auf
Spanisch vor sich hinbrabbelt. Denn es ist nicht nur so, dass Escobars
komplette jüngere männliche Verwandtschaft zu einer Gang gehört, sondern es
sind auch noch mindestens zwei verschiedene Gangs hier vertreten, soweit Gruzsa
das erkennen kann. Dort stehen ein paar von den Quatro Fiats, auch die TMC sind
vertreten, und vielleicht sogar die East Coast Crips. Also brauchte bloß einer
von diesen geistig Minderbemittelten die andern zu provozieren, und sie würden
sich gegenseitig ins Jenseits befördern.
    Was Gruzsa im Normalfall nicht nur als willkommene Unterhaltung,
sondern auch als Wohltat für die Gesellschaft empfinden würde. Heute jedoch
würde es ihm überhaupt nicht in den Kram passen, weil er geschäftlich noch
etwas vorhat.
    Also sitzt er lieber da, ignoriert die bösen Blicke und konzentriert
sich auf das große Foto von Escobar, das ihn von einer Staffelei neben dem Sarg
anstarrt. Er fragt sich, was die Bohnenfresser wohl vor der Zeit von Kodak und
Agfa gemacht haben - ob sie ein Gemälde des Verblichenen aufgestellt haben?
Nach dem schier endlosen Geseire des mexikanischen Priesters schließt sich
Gruzsa der langen Reihe der Trauernden an, die an dem Sarg vorbeidefilieren und
dem Toten die letzte Ehre erweisen.
    Nachdem er Jorges weinender Mutter, einer Reihe von schniefenden
Tanten sowie zwei oder drei Cousinen sein Beileid ausgesprochen hat, möchte ihn
Jorges Bruder kurz draußen sprechen, und genau damit hat Gruzsa auch gerechnet.
    Jorges Bruder ist ein ernster Mensch. Einer von den guten alten
C/zo/o-Gangstern aus der Zeit, als die mexikanischen Gangs noch gegen den
gemeinsamen Feind zusammenhielten, anstatt sich gegenseitig umzubringen. Luis
Escobar hat auch nicht geweint. Seine Augen sind trocken, als wäre er aus
Stein, aber sie sind schwarz vor Zorn. Luis hat mehrere lange, harte
Knastaufenthalte hinter sich: einen wegen Totschlags, den anderen wegen
schwerer Körperverletzung, und Gruzsa weiß, dass er die Organisation vom Knast
aus weiter geleitet hat. Diese schwarzen Augen haben die Panthers und die
Aryan Brotherhood und den Mob das Fürchten gelehrt, und jetzt ist er draußen
und hält das alte Netzwerk am Leben. Und der Mann trägt einen Anzug, bemerkt
Gruzsa. Einen richtigen Anzug, nicht irgend so ein Baby-Clownskostüm für
Möchtegern-Gangster. Er trägt einen richtig guten Anzug und erweist damit
seinem Bruder als einziger wirklich die letzte Ehre.
    Luis Escobar ist ein Mann, dem man Respekt zollen muss, und Gruzsa hat
nicht vor, mit ihm irgendwelche Spielchen zu spielen.
    »Wie ist das passiert?«, fragt Luis.
    Gruzsa zuckt mit den Achseln. »Jorge ist in die Pfanne gehauen worden,
Luis.“
    »Von wem?«
    »Von einem Informanten, mit dem er zusammengearbeitet hat.«
    »Und der heißt?«
    Gruzsa blickt auf und schüttelt traurig den Kopf. »Bobby Z, Luis.«
    »Bobby Z hat meinen Bruder getötet?«, fragt Luis. »Bobby Z ist kein
Killer.«
    »Ich weiß nicht, ob er den Finger am Abzug hatte«, erwidert Gruzsa.
»Vielleicht hat er dafür einen von Don Huerteros Leuten angeheuert.«
    »Und wieso?«
    »Ich nehme an, sie hatten eine kleine Meinungsverschiedenheit«, sagt
Gruzsa. »Sie kennen doch Jorge, er konnte manchmal etwas grob sein. Konnte die
Leute ganz schön

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