Bobby Z
anderen in Händen hält, gehöre es ihm irgendwann
auch.
Wenn einer über die Erbsünde Bescheid weiß, dann ist es der Mönch,
weil er nämlich wirklich einmal ein Mönch war. Eines Tages hat er die Laguna
Highschool verlassen, um nach Notre Dame zu gehen, und er nahm das Ganze ziemlich
ernst, was man an der Tatsache ablesen kann, dass er anschließend ins
Priesterseminar eintrat und als Jesuit wieder herauskam. Aber selbst dieser
Grad von Bindung an Gott war nicht ernsthaft genug für James P. McGoyne, weshalb
er sich schließlich in ein Kloster mitten in der Wüste von Arizona begab, wo
die Mönche ihre Tage hauptsächlich damit zubrachten, Bewässerungskanäle zu
buddeln, Agavepflanzen zu züchten und daraus Marmelade für den Naturkostmarkt
zu produzieren. Eines Tages dann nahm der Abt James beiseite, erwähnte die
Tatsache, dass dieser in Notre Dame Computerkurse belegt habe, und bat ihn,
eine Versandliste ihrer Kunden zu erstellen.
Obwohl der Mönch es monatelang nicht wahrhaben wollte, war dies im
Grunde genommen der Anfang vom Ende seines Mönchslebens, denn er entdeckte eine
neue Religion: den Computer. Innerhalb von zwei Jahren vertrieben die lieben
Brüder ihre übelriechende Marmelade bis in so ferne Städte wie New York,
Amsterdam und Santa Fe, und der Mönch hatte seine Mitbrüder sogar dazu
gebracht, einen Katalog, ein Mitteilungsblatt und ein Rezeptbuch zu produzieren.
Die Brüder machten Geld wie Heu, und dem Mönch oblag die Aufgabe, es zu zählen.
Und dann, eines Morgens, wacht der Mönch auf und verliert mitten in
seiner stillen Kontemplation - was anderes gibt es auch gar nicht im Kloster -
seinen Glauben.
Einfach so.
Weg ist er, hat sich einfach in Luft aufgelöst. Eben war er noch da,
plötzlich ist er weg. Sein Glaube hat ihn verlassen. Auf seinem Frühspaziergang
in die Wüste hat der Mönch ein Moses-Erlebnis, nur andersherum. Da ist kein
brennender Busch oder so etwas - der Mönch läuft einfach nur durch die Gegend,
betrachtet die braunen Berge und kommt plötzlich zu dem Schluss, dass es keinen
Gott gibt.
Er fragt sich nicht, warum ihm das nicht schon vorher aufgefallen ist.
Jahrelang hat er in diesem Loch hier gelebt, hat Gräben gezogen und
beschissenes Essen gekriegt, hat sich bis auf die notwendigsten Gespräche und
das Singen in der Messe an das Schweigegebot gehalten - und wozu das alles? Für
nix und wieder nix. Nada. Für die
große Leere.
Der Mönch, schon immer ein Fanatiker, wird nicht einfach Atheist - er
wird Nihilist. Noch am selben Nachmittag verlässt er seine Brüder in einem Bus,
der nach Westen fährt. Dort läuft er seinem alten Kumpel Bobby Z in die Arme,
und im Gespräch kommen sie irgendwann auf Computer. Und auf Versandlisten.
Ein Monster ist geboren. Der Mönch steigt mit der ganzen verbissenen
Hartnäckigkeit, die er einst Gott gewidmet hat, in den Drogenhandel ein. Der
Mönch baut ein weltweites Kommunikations- und Zahlungssystem auf, das für die
normalen Sterblichen von der DEA, dem FBI oder Interpol schlicht
undurchdringlich ist. Die einzige Organisation, die er fürchtet, ist die
Societas Jesu - er weiß nämlich aus eigener Erfahrung, wie gründlich die
Brüder sind -, aber die ist zu sehr mit ihren eigenen Gaunereien beschäftigt,
um sich für das Imperium von Bobby Z zu interessieren.
Und diesem Imperium verdankt der Mönch all das, was er jetzt besitzt:
eine interessante Karriere, ein riesiges Haus an der Emerald Bay auf einer
Klippe über dem blauen Pazifik und Unsummen von Geld. Sein Geld und jetzt auch
das von Bobby.
»Hast du ihn gesehen, Mann?«, fragt der Mönch One Way.
»Da drinnen, ja«, antwortet One Way und zeigt auf seinen Kopf.
Der Mönch denkt, dass das wohl ein ganzes Universum von Möglichkeiten
beeinhaltet, und sein Atem geht ein bisschen leichter.
»Aber du hast ihn nicht richtig gesehen, oder?«,
drängt er. »Ich meine, leibhaftig.«
»Wer hat das schon«, antwortet One Way, nicht im geringsten
verunsichert.
Der Mönch hat ihn im übrigen tatsächlich gesehen - mehrmals sogar -,
aber jetzt schon seit Jahren nicht mehr.
»Kennst du Bobby?«, fragt der Mönch.
»Wer kennt ihn schon?«, antwortet One Way.
Spricht's und schreitet frischen Mutes davon, um sich den Touristen zu
widmen, die in diesem Moment auf dem Weg zu ihrem Morgenkaffee aus den Hotels
strömen. So frischen Mutes, dass ihn die Polizei von Laguna gleich wieder in Gewahrsam
nimmt. Die Bullen von Laguna sind mit dem Problem vertraut - wenn es auch
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