Bobby Z

keine
Lust mehr, Marines zu spielen.
    »Wie wär's mit Batman und Robin?«, fragt Tim. Kit geht mit einem
höflichen Stirnrunzeln über den Vorschlag hinweg. »Wie wär's mit X-Men?«,
fragt er zurück.
    Tim ist der Idee nicht ganz abgeneigt, weil er damals in Saudi-Arabien
eine Menge Zeit mit der Lektüre von X-Men-Comics totgeschlagen hat, während sie
darauf warteten, dass ihre A-ios die Irakis ungespitzt in den nassen Sand
rammten. »Magst du X-Men?«
    Kit nickt. »Was möchtest du sein?«, fragt er. »Wolverine«, antwortet
Tim. »Es sei denn, du möchtest das sein.«
    »Du kannst gern Wolverine sein«, sagt Kit. »Wie wär's, wenn ich
Cyclops bin?“
    »Okay.“
    »Okay.«
    Eine Minute später fragt Tim: »Cyclops, hast du Hunger?«
    »Das kannst du laut sagen, Wolverine.«
    Tim wickelt zwei von den Energieriegeln aus und gibt einen davon dem
Jungen, zusammen mit einem Fläschchen Wasser. Dann beginnt er, sein Gewehr in
seine Einzelteile zu zerlegen und zu putzen, was für einen Marine eine ebenso
selbstverständliche und beruhigende Handlung ist wie das Beten des Rosenkranzes
für einen Priester.
    Der Junge schlingt den Energieriegel herunter, nimmt ein paar Schluck
Wasser und fragt: »Wie wär's, wenn wir in der Wüste festsitzen? Und die Bösen
sind uns auf den Fersen? Und wir verstecken uns in dieser Höhle?«
    »Okay«, sagt Tim.
    Klingt genau richtig.
     
    Der Mönch ist gerade auf dem Weg, sich einen Milchkaffee und einen Economist zu holen
und beide irgendwo im Freien zu genießen, als er von Bobbys Rückkehr erfährt.
    Die frohe Botschaft kommt natürlich von One Way, der nach kurzem
Aufenthalt aus der Nervenheilanstalt entlassen worden ist und jetzt den
Bürgersteig des Pacific Coast Highway unsicher macht, indem er jedem Passanten
die gute Nachricht verkündet.
    Als langjähriger Bewohner von Laguna kennt der Mönch One Way nur zu
gut und ist an seine vom Wahnsinn durchdrungene Version der Legende von Bobby
Z gewöhnt. An diesem Morgen gibt er One Way sogar einen Dollar, ist dann aber
direkt ein bisschen beunruhigt, als dieser Bekloppte den Schein zerknüllt und
mit den Worten in den Gully wirft: »Wer braucht denn Geld? Bobby Z ist
zurückgekehrt! Und er erhebt Anspruch auf sein Königreich!«
    Diese letzte Bemerkung beunruhigt den Mönch noch ein bisschen mehr,
vor allem aus dem Grund, weil er selber ziemlich deutlich Anspruch auf Bobby
Z's Königreich erhoben hat, seit dieser vor etwa vier Monaten von der
Bildfläche verschwunden ist.
    Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes von der Bildfläche
verschwunden, denn der Mönch ist niemand anderer als der Computercrack, der in
den Staaten Bobbys Vermögen verwaltet. Auf den Festplatten, Disketten und
CD-ROMs des Mönchs finden sich verschlüsselte Informationen über den genauen
Verbleib dieses riesigen, sündhaften Vermögens, das sich auf Rauch gründet,
eine Unmenge von Rauch, der aus den besten Wohnzimmern des Landes, aus den
Patios und Whirlpools der gesamten Westküste gen Himmel steigt.
    Der Mönch weiß genau, wo der Schatz liegt, aye aye, Sir, das weiß er.
Außerdem weiß er, wer die kleinen Händler sind, und er weiß auch, dass das
Imperium von Bobby Z - das sich schon immer auf der Kippe befand - kurz davor
ist, sich völlig in Luft aufzulösen.
    Natürlich abgesehen von dem hübschen Sümmchen Bargeld, das eines
Tages für schlechte Zeiten zurückgelegt worden ist. Und diese schlechten
Zeiten sind jetzt angebrochen, hat der Mönch beschlossen, und zwar seit Bobby Z
irgendwo in Südostasien von der Bildfläche verschwunden ist. Monatelang hat
der Mönch versucht, ihm ein Zeichen zu geben, hat wie ein Geistesgestörter auf
seiner Tastatur herumgedattelt, nach dem Motto: Bobby,
bitte melde dich, aber Bobby meldete sich nicht. Folglich hat der
Mönch nach einer Weile den Schluss gezogen, dass sein bester Freund Bobby Z
irgendwo in den heimtückischen Gebirgsregionen Südostasiens den Löffel
abgegeben hat, wie so viele andere amerikanische Jungs vor ihm, und dass das
Imperium jetzt ihm, dem Mönch, gehört. Und mit ihm das gebunkerte Geld - eine
galaktische Summe -, das sie für die Nachwelt aufgehoben haben.
    Der Mönch hat folglich, zu seiner durchaus eingestandenen Schande,
eher gemischte Gefühle, was die Prophezeiungen One Ways zu Bobby Z's Rückkehr
angeht.
    Es liegt in der Natur des Menschen, denkt der Mönch. Vielleicht ist ja
genau das die Erbsünde: dass der Mensch einfach zu dem Gedanken neigt, wenn er
nur lange genug das Geld eines