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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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dafür, es mir mit Woolf nicht zu verderben. Er mochte ein Wirrkopf und Spinner sein, und seine Tochter mochte nur ein umwerfend attraktiver, umgekrempelter Kleiderkoffer sein, aber ich konnte nicht bestreiten, daß die beiden sehr charmant waren.
    Ich will damit sagen, sie hatten eine anständige Summe ihres Charmes auf mein Konto überwiesen.
    Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. In der Regel spielt Geld für mich keine große Rolle. Das soll nicht heißen, daß ich zu den Leuten gehöre, die gratis arbeiten; das liegt mir fern. Für meine Leistungen, wenn ich denn etwas leiste, stelle ich eine Rechnung aus, und ich werde sauer, wenn ich den Eindruck habe, daß jemand seine Schulden nicht begleicht. Zugleich glaube ich aber, von mir sagen zu dürfen, daß ich nie geldgierig gewesen bin. Freilich auch nichts unterlassen habe, was mir den – sei’s auch noch so kleinen – Genuß verschaffen konnte, mehr von dem Zeug in die Finger zu kriegen. Ein Mensch wie Paulie zum Beispiel (das hat er mir oft genug erzählt) verbringt den größten Teil seiner Tage mit dem Geldscheffeln oder mit dem Pläneschmieden, wie er mehr Geld scheffeln könnte. Paulie ist in der Lage, Unangenehmes zu tun – sogar Unmoralisches –, aber wenn der Scheck am Ende fett genug ist, kratzt ihn das nicht im geringsten. Immer her damit, ist seine Devise.
    Ich bin da nun einmal anders. Einfach aus anderem Holz geschnitzt. Das einzig Gute, was mir am Geld je aufgefallen ist, das einzig Positive, was sich über einen ansonsten ziemlich vulgären Gebrauchsartikel sagen läßt, ist, daß man sich dafür Dinge kaufen kann.
    Und Dinge gefallen mir alles in allem gut.
    Woolfs 50.000 Dollar waren keineswegs der Schlüssel zum ewigen Glück, soviel stand fest. Ich konnte mir davon keine Villa in Antibes kaufen, nicht mal eine für mehr als anderthalb Tage mieten. Aber trotzdem war es eine praktische Sache. Beruhigend. Es brachte mir Zigaretten auf den Tisch.
    Und wenn ich noch ein paar Abende in den Kapiteln eines Robert-Ludlum-Romans verbringen und gelegentlich von einer hinreißenden Frau geküßt werden mußte, um an dieses Beruhigungsmittel heranzukommen – also damit konnte ich leben.
    Mitternacht war schon vorbei, und auf dem Embankment herrschte nicht mehr viel Verkehr. Die Straße war trocken, und die ZZR brauchte Auslauf, also gab ich im dritten Gang Vollgas und ließ mir noch einmal ein paar Kommandos von Captain Kirk an Mr Chekov durch den Kopf gehen, während sich das Universum an meinem Hinterrad wieder zusammenklaubte. Ich muß 180 Sachen die Wange gestreichelt haben, als Westminster Bridge in Sicht kam, also betupfte ich kurz die Bremsen und verlagerte mein Gewicht etwas, um die Maschine für die Rechtskurve schräg zu legen. Die Ampel zum Parliament Square sprang auf Grün, und ein dunkelblauer Ford setzte sich in Bewegung, also warf ich noch ein Stück Tempo über Bord, um in der Außenkurve an ihm vorbeizuziehen. Als ich gleichauf mit ihm war und mein Knie schon fast über den Asphalt schubberte, glitt der Ford nach links, und ich richtete mich auf, um einen größeren Bogen zu fahren.
    In dem Moment dachte ich noch, er hätte mich einfach nicht gesehen. Da hielt ich ihn noch für einen normalen Fahrer.
     
    Mit der Zeit ist das so eine Sache.
    Ich kannte mal einen Piloten bei der Royal Air Force, der erzählte, sein Navigator und er hätten hundert Meter über den Auen von Yorkshire aus einem äußerst kostbaren Tornado GR1 aussteigen müssen. Als Grund dafür nannte er einen »Vogelschlag«. (Ich fand die Bezeichnung unfair, weil sie sich so anhörte, als wäre der Vogel schuld; als hätte das kleine Federvieh absichtlich und aus purer Bosheit versucht, zwanzig Tonnen Metall, die knapp unterhalb der Schallgeschwindigkeit in die Gegenrichtung unterwegs waren, einen Kopfstoß zu verpassen.)
    Wie dem auch sei, ich will darauf hinaus, daß der Pilot und sein Navigator nach dem Absturz in der Einsatzzentrale saßen und den Ermittlern geschlagene eineinviertel Stunden lang Rede und Antwort stehen mußten, was sie im Moment des Zusammenstoßes gesehen, gehört, gefühlt und getan hatten.
    Eine Stunde und fünfzehn Minuten.
    Als die Black box, also der Flugschreiber, endlich aus dem Wrack geborgen worden war, stellte sich heraus, daß die Zeit, die zwischen dem Einstieg des Vogels in den Lufteinlauf und dem Ausstieg der Mannschaft verstrichen war, nicht einmal vier Sekunden betrug.
    Vier Sekunden, das heißt rums, eins, zwo, drei,

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