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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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Frischluft.
    Als ich die Geschichte hörte, wollte ich sie nicht recht glauben, zumal der Pilot ein drahtiger kleiner Fiesling war, mit diesen gruseligen blauen Augen, die Menschen in hervorragender körperlicher Verfassung oft haben. Außerdem war ich die ganze Zeit auf Seiten des Vogels.
    Aber jetzt glaube ich sie.
    Ich glaube sie, weil der Fahrer des Fords nie nach rechts abgebogen ist. Eine Reihe von Leben zog an mir vorbei, und nicht alle waren erfreulich und erfüllt, während er mich von der Straße abbrachte und gegen die Absperrung vor dem House of Commons manövrierte. Bremste ich, bremste er. Gab ich Gas, gab er Gas. Kippte ich das Motorrad ab, um die Kurve zu kriegen, hielt er weiter direkt auf die Absperrung zu und stupste mich mit der Scheibe des Beifahrerfensters an die Schulter.
    O ja, von dieser Absperrung könnte ich stundenlang erzählen. Und noch viel länger von dem Augenblick, als mir aufging, daß der Fahrer des Fords keineswegs ein normaler Fahrer war. Er war vielmehr ein ausgezeichneter Fahrer.
     
    Es war kein Rover, und das war ja schon bezeichnend. Er mußte über Funk in Position gebracht worden sein, denn auf dem Embankment hatte mich niemand überholt. Der Beifahrer sah mich an, als ich auf den Ford zukam, und sagte eindeutig nicht »Paß auf, da kommt ein Motorrad«, während der Wagen auf mich zuhielt. Er hatte zwei Rückspiegel, was bei keinem Ford je Standardausführung war. Und meine Eier schmerzten. Davon wachte ich auf.
    Ihnen ist auf Ihren Reisen sicher schon aufgefallen, daß Motorradfahrer keine Sicherheitsgurte tragen. Das hat Vorteile und Nachteile. Vorteile, weil niemand gern an zweihundertdreißig Kilo glühend heißes Metall geschnallt bleibt, das gerade die Straße langschlittert. Nachteile, weil bei einer Vollbremsung die Maschine anhält und der Fahrer nicht. Er bewegt sich weiterhin in Richtung Norden, bis seine Genitalien mit dem Benzintank kollidieren und ihm Tränen in die Augen schießen, so daß er das Hindernis nicht mehr sieht, dem er mittels Bremsen hatte ausweichen wollen.
    Die Absperrung.
    Eine robuste, kühle, schmiedeeiserne Absperrung. Eine Absperrung, die es verdient hatte, die Mutter aller Parlamente einzufrieden. Eine Absperrung, die man Anfang 1940 abgerissen hätte, um Spitfires und Hurricanes und Wellingtons und Lancasters daraus zu machen, und wie hieß noch mal das Flugzeug mit dem gespaltenen Höhenleitwerk? War das die Blenheim?
    Nur war die Absperrung 1940 natürlich noch gar nicht da. Sie war 1987 gebaut worden, damit die Parlamentsgeschäfte nicht von verrückten Libyern gestört werden konnten, die einen Peugeot-Kombi mit einer Vierteltonne hochexplosivem Sprengstoff vollgestopft hatten.
    Diese Absperrung, meine Absperrung, hatte eine Funktion. Sie hatte die Demokratie zu verteidigen. Von Handwerkern namens Ted oder Ned, vielleicht auch Bill, war sie von Hand errichtet worden.
    Diese Absperrung war nur etwas für echte Helden.
    Ich schlief.
     
    Ein Gesicht. Ein sehr großes Gesicht. Ein sehr großes Gesicht, das nur Haut für ein sehr kleines Gesicht hatte, so daß es überall spannte. Straffer Kiefer, straffe Nase, straffe Augen. Jeder Muskel und jede Sehne in diesem Gesicht schwoll und wogte. Es sah aus wie ein überfüllter Fahrstuhl. Ich zwinkerte, und das Gesicht verschwand.
    Vielleicht schlief ich auch eine Stunde, und das Gesicht verschwand in der neunundfünfzigsten Minute. Ich werde es nie erfahren. Statt des Gesichts war nur noch Decke da. Also lag ich in einem Zimmer. Also hatte man mich weggebracht. Als erstes tippte ich auf das Krankenhaus Middlesex, wußte aber sofort, daß das hier ein ganz anderes Paar Stiefel war.
    Ich versuchte meinen Körper schrittweise anzuspannen. Vorsichtig, bloß nicht den Kopf bewegen, falls ein Nackenwirbel angeknackst war. Die Füße fühlten sich an wie immer, vielleicht ein bißchen weit weg. Solange sie nicht weiter als eins siebenundachtzig weit weg waren, konnte ich mich nicht beklagen. Das linke Knie beantwortete meine Anfrage postwendend, was ich sehr aufmerksam fand, aber mit dem rechten haperte es. Es fühlte sich dick und heiß an. Darauf kommen wir noch zurück. Oberschenkel. Links okay, rechts nicht ganz. Der Beckengürtel schien heil zu sein, aber das würde ich erst genau wissen, wenn ich ihn belastete. Hoden. Auweia, ein ganz heißes Eisen. Die brauchte ich nicht zu belasten, bei denen wußte ich auch so, daß sie in jämmerlicher Verfassung waren. Ich hatte zu viele davon, und sie

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