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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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wohlsten, haben gemeinsame Hobbys, dasselbe Sternzeichen, was weiß ich. Hab’ ich tausendmal gesehen. Tausendmal.«
    Die Schuhe blieben stehen. »Wenn also ein Typ wie Sie anfängt, mit einem Typen wie Woolf Händchen zu halten, muß ich ehrlich sagen, dann mag ich Sie nicht mehr besonders.«
    »Hören Sie, jetzt reicht’s aber«, sagte ich bockig. »Von mir hören Sie kein einziges Wort mehr, bevor mich nicht ein Arzt untersucht hat. Ich habe keinen blassen Dunst, wovon Sie da überhaupt reden. Ich weiß über Woolf soviel wie über Sie, nämlich gar nichts, und ich habe die starke Befürchtung, daß mein Genick angebrochen ist.« Keine Reaktion. »Ich verlange einen Arzt«, wiederholte ich und gab mir alle Mühe, wie ein britischer Tourist bei der französischen Zollkontrolle zu klingen.
    »Ach nein, Tom. Wir wollen doch keinem Arzt die Zeit stehlen.« Seine Stimme blieb ruhig, aber ich spürte, daß er erregt war. Das Leder quietschte, und die Tür ging auf. »Bleib bei ihm. Jede Sekunde. Wenn du auf ‘n Pott mußt, dann sag mir Bescheid.«
    »Moment mal«, sagte ich. »Was soll das heißen, Zeit stehlen? Ich bin verletzt. Ich habe Schmerzen, verdammt noch mal.«
    Die Schuhe drehten sich zu mir.
    »Mag schon sein, Tom, mag schon sein. Aber wer zum Teufel wäscht denn Pappteller ab?«
     
    In meiner Lage ließ sich wenig Positives sagen oder fühlen. Sehr wenig. Aber man sollte sich nach jedem Auftritt, egal ob man angekommen ist oder nicht, grundsätzlich alles noch einmal durch den Kopf gehen lassen, um zu sehen, was sich daraus lernen läßt. Und damit vertrieb ich mir die Zeit, nachdem Richie an der Wand neben der Tür zusammengesackt war.
    Erstens, der Gestriegelte wußte viel, und er hatte es schnell erfahren. Also hatte er entweder viel Personal oder gute Verbindungen oder beides. Zweitens, er hatte nicht gesagt: »Dann sag Igor oder einem der anderen Bescheid.« Er hatte gesagt: »Dann sag mir Bescheid.« Was wohl bedeuten mußte, daß der Gestriegelte und Richie allein im Spaceshuttle waren.
    Drittens, und das war im Moment das wichtigste, war ich der einzige, der ganz genau wußte, daß mein Genick kaum einen Kratzer abbekommen hatte.
     

8
     
    Soldat wollt’ ich werden,
    und Ruhm war mein Ziel,
    Aber Lohn ward mir erst,
    als die Kugel mich traf.
    CHARLES DIBDIN
     
    Wieder verging etwas Zeit. Es mochte auch viel Zeit sein, das war sogar wahrscheinlich, aber seit dem Motorradunfall war ich etwas mißtrauisch geworden, was die Zeit anging und wie sie sich aufführte. Ich kontrollierte gewissermaßen nach jeder Begegnung alle Hosentaschen.
    Es gab keine Möglichkeit, in diesem Raum irgend etwas zu messen. Das Licht war künstlich und immer an. Der Geräuschpegel half auch nicht weiter. Wenn ich Milchflaschen im Kasten klirren oder jemanden hätte rufen hören: »Evening Standard druckfrische Abendausgabe«, wäre mir das eine Hilfe gewesen. Aber man kann nicht alles haben.
    Der einzige Chronometer, den ich bei mir hatte, war meine Blase, und die teilte mir mit, daß seit dem Restaurantbesuch grob geschätzt vier Stunden verstrichen waren. Was sich nicht mit der Aftershave-Feststellung beim Gestriegelten in Einklang bringen ließ. Aber auf diese billigen modernen Blasen ist eben einfach kein Verlaß.
    Richie hatte das Zimmer nur einmal verlassen, um sich einen Stuhl zu holen. Während er draußen war, versuchte ich, mich loszureißen, das Laken zusammenzuknoten und mich aus dem Fenster abzuseilen, schaffte es aber nur, mich am Oberschenkel zu kratzen, bevor er zurückkam. Nachdem er es sich gemütlich gemacht hatte, gab er kein Geräusch mehr von sich. Ich nahm an, daß er sich auch was zu lesen mitgebracht hatte, hörte aber kein Umblättern, also war er entweder ein sehr langsamer Leser, oder er begnügte sich damit, einfach die Wand anzustarren. Oder mich.
    »Ich muß auf die Toilette«, krächzte ich.
    Keine Antwort.
    »Ich hab’ gesagt, ich muß …«
    »Halt den Rand, du Arschloch.«
    Das war prima. Was ich Richie gleich antun würde, fiel mir dadurch viel leichter.
    »Hören Sie, Sie müssen …«
    »Hast du nicht gehört, was ich gesagt hab’? Halt den Rand, du Arschloch. Wenn du pissen mußt, piß in die Hose.«
    »Richie …«
    »Wer hat dir Schwachkopf erlaubt, mich Richie zu nennen?«
    »Wie soll ich Sie denn sonst nennen?« Ich schloß die Augen.
    »Du nennst mich gar nichts. Du hältst die Klappe. Du bleibst da liegen und pißt. Kapiert?«
    »Ich will nicht pissen.«
    Ich hörte

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