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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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er »Drei Tote in Stadtgefecht« rief. Ich kaufte mir das Blatt und las im Weitergehen.
    Eine »umfangreiche polizeiliche Ermittlung« war in die Wege geleitet worden, nachdem in einem leerstehenden Bürogebäude mitten in Londons Finanzviertel die Leichen dreier Männer gefunden worden waren, deren Todesursachen ausnahmslos Schußwunden waren. Der Wachmann Dennis Falkes (51, drei Kinder) hatte die bislang nicht identifizierten Leichen entdeckt, als er nach einem Zahnarzttermin seine Streife wieder aufnahm. Der Pressesprecher der Polizei lehnte es ab, über mögliche Mordmotive zu spekulieren, konnte Verbindungen zur Drogenszene anscheinend jedoch nicht ausschließen. Fotos waren nicht abgedruckt worden. Bloß ein weitschweifiger Hintergrundbericht über die in den letzten zwei Jahren in der Landeshauptstadt angestiegene Zahl von Toten infolge von Rauschgiftkriminalität. Ich warf die Zeitung in einen Abfalleimer und ging weiter.
    Irgend jemand hatte Dennis Falkes Schweigegeld in die Hand gedrückt, soviel stand fest. Wahrscheinlich hatte der Gestriegelte ihn bezahlt, so daß Falkes, als er zurückkam und seinen Wohltäter erschossen vorfand, keinen Grund mehr hatte, nicht die Polizei zu rufen. Ich hoffte bloß, daß seine Zahnarztgeschichte stimmte. Wenn nicht, würde die Polizei ihm die Hölle heiß machen.
     
    Vor der Galerie wartete Ronnie im Wagen auf mich. Sie fuhr einen knallroten TVR Griffith-Achtzylinder mit Fünf-LiterMotor und einem Auspuffgesang, der bis nach Peking zu hören war. Damit blieb er eine Spur hinter meiner Idealvorstellung eines Autos für heimliche Überwachungsaktionen zurück, aber (a) konnte ich mir keine Mäkeleien erlauben, und (b) ist es von unbestreitbarem Reiz, wenn man in ein offenes Sportkabrio mit einer wunderschönen Frau am Steuer steigt. Es ist, als stiege man in eine Metapher.
    Ronnie war in Bombenstimmung, was nicht heißen mußte, daß sie die Zeitungsmeldung über Woolf nicht zu Gesicht bekommen hatte. Aber selbst wenn sie sie gesehen und wenn sie gewußt hätte, daß Woolf tot war, weiß ich nicht, ob sie das groß gejuckt hätte. Ronnie besaß etwas, was man früher Courage genannt hätte. Jahrhundertelange Zucht, teils in-, teils auswendig, hatte sie mit hohen Wangenknochen und einem Geschmack an Freiheit und Abenteuer bedacht. Ich stellte sie mir mit fünf Jahren vor, wie sie auf einem Pony namens Winston über zweieinhalb Meter hohe Zäune galoppierte und ihr Leben schon vor dem Frühstück siebzigmal aufs Spiel setzte.
    Als ich sie fragte, ob sie in Sarahs Schreibtisch in der Galerie etwas gefunden habe, schüttelte sie den Kopf und fragte mir dann die ganze Strecke bis nach Belgravia Löcher in den Bauch. Durch den Lärm des TVR-Auspuffs verstand ich keine einzige, aber an allen vermeintlich passenden Stellen nickte ich oder schüttelte den Kopf.
    Als wir die Lyall Street erreichten, schrie ich ihr zu, sie solle einmal ums Karree fahren und ausschließlich auf die Straße schauen. Ich fand eine AC/DC-Kassette, schob sie in den Rekorder und drehte die Lautstärke bis zum Anschlag auf. Verstehen Sie, ich hielt mich an den Grundsatz, je auffälliger man sich benimmt, desto unauffälliger ist man. Wenn ich die Wahl hätte, würde ich zwar sagen, je auffälliger man sich benimmt, desto auffälliger ist man, aber Wahl gehörte zu den Dingen, die mir momentan abgingen.
    Not macht selbstbetrügerisch.
    Als wir am Haus der Woolfs vorbeikamen, griff ich mir ans Auge und polkte daran herum, denn so konnte ich ausgiebig die Hausfassade betrachten, während ich scheinbar nur eine Kontaktlinse zurechtschob. Das Haus sah leer aus. Allerdings hatte ich auch keine Männer mit Geigenkoffern auf der Eingangstreppe erwartet.
    Wir fuhren um den Block, und ich signalisierte Ronnie, sie solle ein paar hundert Meter vom Haus entfernt halten. Sie stellte den Motor ab, und ein paar Augenblicke lang dröhnte mir die plötzliche Stille in den Ohren. Dann wandte sie sich zu mir, und ich sah, daß die roten Punkte auf ihre Wangen zurückgekehrt waren.
    »Was machen wir jetzt, Boss?«
    Sie fand immer mehr Spaß an der Sache.
    »Ich lauf am Haus vorbei und schau’ mir an, was da so los ist.«
    »Gut. Und was mach’ ich?«
    »Mir wär’s am liebsten, wenn Sie hier warten könnten«, meinte ich. Ihre Miene verdüsterte sich. »Falls wir Reißaus nehmen müssen«, ergänzte ich, und sie hellte sich wieder auf. Ronnie griff in ihre Handtasche und nahm eine kleine messingfarbene Dose heraus, die sie

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