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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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gräßlich, Mr Lang«, sagte er. »Einfach gräßlich. Gräßlich, weil es dafür keinen Grund gab. Und wir müssen stets versuchen, den Tod zu begründen. Finden Sie nicht auch?«
    Ich sah zu seinem Gesicht hoch, konnte mich aber nicht darauf konzentrieren. Es kam und verschwand, genau wie seine Stimme, die mir gleichzeitig im Ohr und in weiter Ferne klang.
    »Ich möchte es folgendermaßen ausdrücken: Er hatte zwar keinen Grund, zu sterben, aber ich hatte einen Grund, zu töten. So wird schon eher ein Schuh draus, glaube ich. Ich habe ihn getötet, weil ich Ihnen, Mr Lang, etwas demonstrieren wollte. Eine einzige Sache.«
    Er hielt inne. »Ich wollte Ihnen demonstrieren, daß ich es tun kann.«
    Er sah auf Lucas’ Leiche hinab, und ich folgte seinem Blick.
    Die Leiche bot ein scheußliches Bild. Die Mündung war der Haut so nah gewesen, daß die Explosionsgase die Kugel ins Fleisch getrieben, die Wunde gräßlich verschmaucht und aufgetrieben hatten. Ich konnte den Anblick nicht lange ertragen.
    »Verstehen Sie, worauf ich hinauswill?«
    Er beugte sich vor und hatte den Kopf auf die Seite gelegt.
    »Dieser Mann war ein akkreditierter amerikanischer Diplomat«, sagte Murdah, »ein Angestellter des Außenministeriums der USA. Ich bin sicher, daß er viele Freunde hatte, eine Frau, vielleicht sogar Kinder. Dann sollte man es doch nicht für möglich halten, daß so ein Mann einfach verschwindet, oder? Ohne jede Spur?«
    Vor mir bückten sich Männer, ihre Jacken raschelten, während sie sich mit Lucas’ Leiche zu schaffen machten. Ich zwang mich dazu, Murdah zuzuhören.
    »Ich möchte, daß Sie der Wahrheit ins Gesicht sehen, Mr Lang. Und die Wahrheit ist, wenn ich ihn verschwinden lassen möchte, dann verschwindet er. Ich erschieße hier einen Mann, in meinem Haus, ich lasse ihn meinen Teppich vollbluten, weil ich es so wünsche. Und niemand kann mich daran hindern. Keine Polizisten, keine Geheimagenten, keine Freunde von Mr Lucas. Und Sie schon gar nicht. Habe ich mich klar genug ausgedrückt?«
    Ich sah wieder zu ihm hoch, und diesmal konnte ich sein Gesicht deutlicher erkennen. Die dunklen Augen. Den Glanz. Er rückte seine Krawatte zurecht.
    »Mr Lang«, sagte er, »habe ich Ihnen einen Grund gegeben, über Miss Woolfs Sicherheit nachzudenken?«
    Ich nickte.
    Sie fuhren mich auf den Teppich des Lincoln gedrückt nach London zurück und setzten mich irgendwo südlich der Themse an die Luft.
    Ich überquerte die Waterloo Bridge und ging die Strand entlang, blieb bisweilen unmotiviert stehen, warf achtzehnjährigen Bettlern eine Münze zu und wünschte mir, daß dieser Wirklichkeitsabschnitt nur ein Traum sein möge, stärker als ich mir je gewünscht habe, ein Traum möge Wirklichkeit werden.
    Mike Lucas hatte gesagt, ich solle aufpassen. Mit dieser Warnung war er ein Risiko eingegangen. Ich kannte den Mann nicht und hatte ihn nicht darum gebeten, dieses Risiko einzugehen, trotzdem hatte er es getan, weil er ein Profi mit Anstand im Leib war, der die Orte nicht mochte, an die ihn seine Arbeit brachte, und nicht wollte, daß ich ebenfalls dort endete.
    Peng, peng.
    Es gab kein Zurück. Die Welt ließ sich nicht anhalten.
     
    Ich tat mir leid. Mike Lucas tat mir leid, auch die Bettler taten mir leid, aber am meisten tat ich mir selbst leid, und das mußte ein Ende haben. Ich machte mich auf den Nachhauseweg.
    Meine Wohnung mußte ich nicht mehr meiden, denn all die Leute, die mir in der letzten Woche auf die Pelle gerückt waren, hatten mir inzwischen die Haut abgezogen. Die Aussicht, im eigenen Bett zu schlafen, war so ziemlich das Beste, was mir jetzt passieren konnte. Also marschierte ich forschen Schritts in Richtung Bayswater und versuchte, die Angelegenheit von der heiteren Seite zu betrachten.
    Einfach war das nicht, und ich bin keineswegs sicher, daß ich die Aufgabe gemeistert habe, aber ich versuch’s jedesmal mit dieser Methode, wenn die Welt aus den Fugen gerät. Denn was besagt die Behauptung schon, die Welt sei aus den Fugen geraten? Im Vergleich wozu? Sie können sagen: Im Vergleich zur Welt vor ein paar Stunden oder vor ein paar Jahren. Aber darum geht es überhaupt nicht. Wenn zwei Autos ohne Bremsen auf eine Steinmauer zurasen, und das eine prallt Sekundenbruchteile vor dem anderen dagegen, dann kann man doch nicht im Ernst behaupten, während dieser Sekundenbruchteile sei das zweite Auto besser dran als das erste.
    Tod und Verderben sind uns im Leben pausenlos auf den Fersen und wollen uns zur

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