Bockmist
setzte sich wieder aufs Sofa. Diesmal etwas weiter weg. »Mein Produkt erfordert, glaube ich, eine etwas sensiblere Herangehensweise als die Annoncenseiten von Woman’s Own. Wenn Sie eine neue Mausefalle herstellen, dann annoncieren Sie sie, ganz wie Sie sagen, als eine neue Mausefalle. Wenn Sie jedoch eine Schlangenfalle verkaufen wollen, müssen Sie zunächst demonstrieren, warum Schlangen so böse Dinger sind. Warum man ihnen Fallen stellen muß. Können Sie mir folgen? Dann erst, viel, viel später kommen Sie mit Ihrem Produkt. Ist das nachvollziehbar?« Er lächelte geduldig.
»Sie wollen also einen terroristischen Anschlag sponsern«, sagte ich, »damit Ihr kleines Spielzeug in den Abendnachrichten seinen Zweck erfüllen kann. Das weiß ich doch alles längst. Und Rusty weiß, daß ich es weiß.« Ich sah auf die Uhr und versuchte den Eindruck zu erwecken, als wäre ich in zehn Minuten mit dem nächsten Waffenhändler verabredet. Aber Murdah war kein Mann, der sich hetzen oder bremsen ließ.
»Im Grunde habe ich genau das vor«, sagte er.
»Und wo komme ich dabei ins Spiel? Ich meine, jetzt haben Sie mir zwar alles erklärt, aber was soll ich mit dieser Information anfangen? Sie in mein Tagebuch schreiben? Einen Song dazu komponieren? Was?«
Murdah sah mich kurz an, holte tief Luft und atmete sanft und sorgfältig durch die Nase aus, als hätte er mal Atemkurse belegt.
»Sie sollen diesen terroristischen Anschlag für uns durchführen, Mr Lang.«
Pause. Lange Pause. Schwindelanfälle. Die Wände des riesigen Zimmers rasten auf mich zu und rasten wieder davon, und ich fühlte mich kleiner und mickriger als je zuvor.
»Aha«, sagte ich.
Noch eine Pause. Der Fischstäbchengeruch war stärker als je zuvor.
»Darf ich bei der Angelegenheit auch noch ein Wörtchen mitreden?«, krächzte ich. Mein Kehlkopf versagte mir aus irgendeinem Grund plötzlich die Gefolgschaft. »Ich meine, wenn ich jetzt beispielsweise sage, ich scheiß’ auf Sie und Ihren ganzen Freundeskreis, was hätte ich dann bei meinem gegenwärtigen Marktwert ungefähr zu erwarten?«
Jetzt war es an Murdah, auf die Uhr zu schauen. Er schien sich unvermittelt zu langweilen, und das Lächeln auf seinem Gesicht war spurlos verschwunden.
»Ich glaube nicht, daß Sie auf diese Möglichkeit Ihre Zeit verschwenden sollten, Mr Lang.«
Ich spürte einen kühlen Luftzug im Nacken, verrenkte mir den Hals und sah Barnes und Lucas an der Tür. Barnes sah entspannt aus. Lucas nicht. Murdah nickte, und die beiden Amerikaner traten vor, kamen auf beiden Seiten um das Sofa herum und gesellten sich zu ihm. Sahen mich an. Ohne Lucas eines Blickes zu würdigen, hielt Murdah ihm die offene Hand hin.
Lucas klappte sein Revers auf und zog eine Automatik heraus. Eine Steyr, glaube ich. 9 mm. Spielt aber keine Rolle. Er legte sie Murdah behutsam in die Hand und wandte sich dann zu mir, die Augen vom Druck einer Botschaft geweitet, die ich nicht entziffern konnte.
»Mr Lang«, sagte Murdah, »das Wohlergehen zweier Menschen liegt in Ihren Händen. Ihr eigenes natürlich sowie das von Miss Woolf. Ich weiß nicht, wieviel Ihnen Ihre eigene Sicherheit bedeutet, aber meiner Meinung nach ist es Ihre Pflicht und Schuldigkeit, sich um die ihre zu kümmern. Wohlgemerkt, ich möchte, daß Sie sich mit aller Kraft um ihre Sicherheit kümmern.« Plötzlich strahlte er wieder, als hätten wir das Schlimmste hinter uns. »Aber ich verlange von Ihnen selbstverständlich nichts ohne guten Grund.«
Während er sprach, spannte er den Hahn, hob das Kinn und hielt die Waffe locker in der Hand. Der Schweiß spritzte mir aus den Handflächen, dafür spielte meine Kehle Dürrezone. Ich wartete. Was hätte ich auch sonst tun sollen?
Murdah sah mich einen Augenblick an. Dann stand er auf, drückte Lucas die Pistolenmündung an die Kehle und feuerte zweimal.
Es ging so schnell, war so unerwartet und absurd, daß ich eine Zehntelsekunde lang lachen wollte. Eben standen da drei Männer, dann machte es peng, peng, da waren’s nur noch zwei. Es war ehrlich komisch.
Ich merkte, daß ich mich naßgemacht hatte. Nicht viel.
Aber es reichte.
Ich zwinkerte einmal und sah, daß Murdah Barnes die Waffe gereicht hatte, und dieser gab jemandem an der Tür hinter meinem Kopf ein Zeichen.
»Warum hat er das getan? Wie kann jemand etwas so Gräßliches tun?«
Das hätte meine Stimme sein sollen, war es aber nicht. Es war Murdahs. Leise und beherrscht, die Ruhe selbst. »Das war
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