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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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Dann grinste sie.
    »Das klingt schon besser.«
     
    Wir fanden eine Telefonzelle, und Ronnie rief in der Galerie an. Sie erzählte Terry, die Rennerei wegen des Wagens habe sie so geschlaucht, daß sie sich am Nachmittag erst mal hinlegen müsse. Dann liefen wir zum Auto zurück und fuhren zu Claridges essen.
    Ich wußte, daß ich Ronnie über kurz oder lang in einige Geschehnisse einweihen mußte sowie in einiges, was noch geschehen mochte. Dabei mußte ich wahrscheinlich etwas lügen, um meinet-und um ihretwillen, außerdem mußte ich dabei über Sarah sprechen. Und deswegen zögerte ich es möglichst lange hinaus.
    Ich mochte Ronnie sehr. Wäre sie die Maid in Not gewesen, die in der schwarzen Burg auf dem schwarzen Berg verschmachtete, hätte ich mich in sie verliebt. Das war sie aber nicht. Sie saß auf der anderen Tischseite, schnatterte wie ein ganzer Gänseschwarm, bestellte einen Senfkohlsalat zu ihrer Seezunge à la Dover, während hinter uns in der Lobby ein Streichquartett in österreichischen Trachten Mozart zupfte und fiedelte.
    Ich suchte den Saal nach meinen Verfolgern ab und wußte, daß inzwischen mehr als ein Team hinter mir her sein konnte. Mir fielen keine flagranten Kandidaten ins Auge, es sei denn, der CIA war dazu übergegangen, siebzigjährige Witwen zu rekrutieren, die aussahen, als hätten sie sich etliche Tüten Mehl übers Gesicht gekippt.
    Der Gedanke, verfolgt zu werden, beunruhigte mich ohnehin weniger als der, belauscht zu werden. Wir hatten uns spontan für Claridges entschieden, also konnten sie keine Abhörgeräte installiert haben. Ich saß mit dem Rücken zum Saal, auch Richtmikrofone konnten also nicht viel aufschnappen. Ich schenkte uns beiden ein großes Glas süffigen Pouilly-Fuissé ein, den Ronnie gewählt hatte, und begann meinen Vortrag.
    Als erstes erzählte ich ihr, daß Sarahs Vater tot war und daß ich seinen Tod mit angesehen hatte. Ich wollte das Schlimmste so schnell wie möglich hinter mich bringen, sie ins kalte Wasser schubsen und dann langsam wieder herausziehen, damit sich ihre angeborene Courage berappeln und sie das alles verarbeiten konnte. Außerdem wollte ich nicht, daß sie den Eindruck bekam, ich hätte Angst, denn das wäre uns beiden keine große Hilfe gewesen.
    Sie schluckte alles. Das heißt, bis auf ihre Seezunge, die blieb unberührt und mit einem »Was hab’ ich denn Falsches gesagt?«-Ausdruck auf dem Teller liegen, bis ein Kellner sie abräumte.
    Als ich fertig war, hatte das Streichquartett Mozart abserviert und war zur Titelmelodie von Superman übergegangen, und die Weinflasche steckte kopfüber im Kühler. Ronnie starrte stirnrunzelnd aufs Tischtuch. Ich wußte, daß sie am liebsten aufgesprungen und telefoniert oder jemanden verprügelt oder auf der Straße herumgebrüllt hätte, die Welt sei ein Scheißladen, und wie überhaupt noch jemand essen, einkaufen, lachen und so tun könne, als sei sie das nicht. Ich wußte das, weil es mir keinen Deut besser ging, seit ich mit angesehen hatte, wie Alexander Woolf von einem Idioten mit einer MP durch ein Zimmer geschleudert worden war. Schließlich sprach sie, und ihre Stimme bebte vor Zorn.
    »Und du hast da eingewilligt? Du willst tun, was sie dir sagen?«
    Ich sah sie an und zuckte mit den Schultern.
    »Ja, Ronnie, werd’ ich. Ich hab’ zwar keine Lust dazu, aber ich glaube, die Alternativen sind noch schlimmer.«
    »Nennst du das vielleicht einen Grund?«
    »Ja, allerdings. Aus diesem Grund tun die meisten Menschen etwas. Wenn ich keine gute Miene zum bösen Spiel mache, bringen sie wahrscheinlich Sarah um. Ihren Vater haben sie bereits umgebracht, also erledigen die so was offenbar mit links.«
    »Aber dabei sterben doch Menschen.« Sie hatte Tränen in den Augen, und wenn nicht genau in diesem Moment der Weinkellner gekommen wäre und versucht hätte, uns noch eine Flasche Pouilly anzudrehen, hätte ich sie wahrscheinlich umarmt. So griff ich nur über den Tisch nach ihrer Hand.
    »Die Menschen sterben auf jeden Fall«, sagte ich und haßte mich, weil ich wie Barnes bei seinem widerlichen Vortrag klang. »Wenn ich es nicht mache, suchen sie sich einen anderen oder eine andere Methode. Das Ergebnis ist dasselbe, aber Sarah ist dann tot. So sind die nun mal.«
    Sie sah wieder auf den Tisch, und wir wußten beide, daß ich recht hatte. Trotzdem ging sie alles noch einmal durch wie jemand, der eine lange Reise vor sich hat, noch einmal die ganze Wohnung kontrolliert. Gas abgedreht,

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