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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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Schatten dreier hoher und berühmter Berge: der Jungfrau, des Mönchs und des Eiger. Wenn Sie Sagen gut einen Reiz abgewinnen können, interessiert Sie vielleicht, daß man sich erzählt, der Mönch in der Mitte verteidige die Tugend der Jungfrau, wenn der Eiger ihr mit seinem Zeiger auf den Leib rücken wolle – und diese Tätigkeit übt er erfolgreich und augenscheinlich ohne große Mühe schon seit dem Oligozän aus, als sich diese drei Felsbrocken mit unbarmherziger Geologik ins Sein rempelten und knufften.
    Murren ist ein kleines Dorf ohne große Wachstumschancen. Da es nur per Hubschrauber und Seilbahn zu erreichen ist, sind die Wurst-und Biermengen beschränkt, die man den Berg hinaufschaffen kann, um Einwohner und Besucher bei Kräften zu halten, und im großen und ganzen finden die Einheimischen das auch gut so. Es gibt drei große Hotels, ein rundes Dutzend kleinere Pensionen und hundert verstreute Bauernhöfe und Chalets, ausnahmslos mit diesen übertrieben hohen Giebeldächern versehen, durch die jedes Gebäude in der Schweiz aussieht, als läge es größtenteils unter der Erde. Was wahrscheinlich auch stimmt, wenn man an die Schweizer Manie für Atombunker denkt.
    Obwohl das Dorf von einem Engländer entworfen und gebaut worden war, ist es heutzutage kein ausschließlich englischer Urlaubsort. Im Sommer kommen Deutsche und Österreicher zum Wandern und Radfahren, und im Winter kommen Italiener, Franzosen, Japaner, Amerikaner – eigentlich alle, die die Weltsprache grellbunter Freizeitmode beherrschen – zum Skilaufen.
    Die Schweizer kommen das ganze Jahr über, um Reibach zu machen. Von November bis April sind die Bedingungen zum Schotterscheffeln einfach ideal, dann gibt es neben den Pisten etliche Einzelhandelsläden und Wechselstuben, und man hegt die Hoffnung, daß das Geldverdienen im nächsten Jahr zur olympischen Disziplin erklärt wird. Wird schließlich auch Zeit. Die Schweizer rechnen sich im stillen große Medaillenchancen aus.
    Aber Murren hat eine Eigenschaft, die das Dorf für Francisco ganz besonders attraktiv macht, denn es handelt sich um unseren ersten Ausflug, und uns allen geht die Düse. Selbst Cyrus, und der ist hart wie Kruppstahl. Da Murren klein, gesetzestreu, schwer zu erreichen und schweizerisch ist, hat es keine Polizei.
    Nicht mal Teilzeitkräfte.
    Bernhard und ich kamen heute morgen an und haben unsere Hotels aufgesucht; er wohnt in der Jungfrau, ich im Eiger.
    Die junge Frau an der Rezeption untersuchte meinen Paß, als hätte sie noch nie einen gesehen, und brauchte zwanzig Minuten für die phänomenale Fragenliste, die man in Schweizer Hotels ausfüllen muß, bevor man in eins ihrer Betten darf. Ich glaube, ich mußte kurz nachdenken, als es um den Mädchennamen meiner Erdkundelehrerin ging, und bei der Postleitzahl der Hebamme, die bei der Geburt meiner Urgroßmutter assistierte, habe ich auf jeden Fall gezögert, aber der Rest war ein Klacks.
    Ich packte aus und zog eine orange, gelb und lila fluoreszierende Skijacke an (so was muß man in Wintersportgebieten tragen, wenn man nicht auffallen will), dann bummelte ich aus dem Hotel und hügelan ins Dorf.
    Es war ein herrlicher Nachmittag; er machte einem klar, daß sich Gott manchmal so richtig gut auf Wetter und Landschaft versteht. Zu dieser Tageszeit waren die Idiotenhügel menschenleer, denn bevor die Sonne hinter dem Schilthorn versank, hatte man noch eine gute Stunde Pistenzeit, und plötzlich fiel den Leuten ein, daß sie sich mitten im Dezember gut anderthalbtausend Meter über dem Meeresspiegel befanden.
    Ich saß einige Zeit vor einer Kneipe und tat so, als schriebe ich Postkarten, und dabei schaute ich mitunter zu einem Rudel ganz fabelhafter französischer Knirpse hinüber, die einer Skilehrerin in Zweierreihen die Hänge hinab folgten. Jedes Kind hatte vielleicht die Größe eines Feuerlöschers, trug für dreihundert Pfund Goretex und Entendaunen, und alle schlitterten und schlängelten sich ihrer Amazonenführerin hinterher, die einen aufrecht, die anderen krumm, und einige so winzig, daß sich kaum sagen ließ, ob sie aufrecht oder krumm auf ihren Brettern standen.
    Ich fragte mich, wie lange es wohl noch dauern würde, bis die ersten Schwangeren auf den Skipisten erschienen, auf den Bäuchen hinabrutschten, Anweisungen juchzten und Mozart pfiffen.
     
    In Gesellschaft seiner schottischen Frau Rhona und ihrer beiden jungen Töchter erreichte Dirk van der Hoeve am selben Abend um acht das Edelweiß. Die

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