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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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weiter im Osten, bei den Kameltreibern, den verdammten Turbanheinis, den Söhnen und Töchtern des Islam. Supermärkte und Botschaften in die Luft zu jagen, hohe Staatsdiener aufs Korn zu nehmen, Jumbos mal nicht des Geldes wegen zu entführen, all das war entschieden unamerikanisch und unminnesotisch. Aber mit Oklahoma City wurde vieles anders und alles schlimmer, und nun mußte Ricky für seine Überzeugung einen hohen Preis zahlen.
    Ricky war ein amerikanischer Terrorist, und er hatte seine Landsleute im Stich gelassen.
     
    Als der Morgen graute, war ich wieder in Prag, ging aber nicht ins Bett. Oder besser, ich ging zum Bett, legte mich aber nicht hin. Ich setzte mich mit einem sich füllenden Aschenbecher und einer sich leerenden Packung Marlboro auf den Bettrand und starrte die Wand an. Hätte ich einen Fernseher im Zimmer gehabt, dann hätte ich vielleicht ferngesehen. Vielleicht auch nicht. Eine zehn Jahre alte, deutsch synchronisierte Folge von Magnum reißt einen ungefähr genauso vom Hocker wie eine Wand.
    Man hatte uns gesagt, die Polizei komme um acht, aber dann hörte ich schon kurz nach sieben den ersten Stiefel auf der untersten Stufe.
    Die kleine List sollte vermutlich für schlaftrunkene Überraschung meinerseits sorgen, falls ich die nicht überzeugend genug markieren konnte. Diese Leute trauen einem aber auch gar nichts zu.
    Man hatte ein rundes Dutzend geschickt, alle in Uniform, ziemliche Großkotze, die die Tür eintraten, schrien und Sachen durchs Zimmer kickten. Der Leithammel sprach ein bißchen Englisch, aber offensichtlich nicht genug, um »Das tut weh« zu verstehen. Sie schleiften mich die Treppe runter und an der kreidebleichen Wirtin vorbei – wahrscheinlich hatte sie gedacht, die Tage, in denen ihre Gäste im Morgengrauen von der Polizei abgeholt wurden, gehörten der Vergangenheit an –, und weitere verstrubbelte Köpfe linsten mir nervös durch die Türritzen nach.
    Auf der Wache wurde ich einige Zeit in einem Zimmer festgehalten – ohne Kaffee, ohne Zigaretten, ohne ein freundliches Gesicht –, und dann wurde ich nach weiterem Geschrei, einigen Stößen und Püffen in die Rippen in eine Zelle gesperrt, null Gürtel, null Schnürsenkel.
    Insgesamt verstanden die was von ihrem Handwerk.
    In der Zelle steckten zwei weitere Insassen, beides Männer, die nicht aufstanden, als ich hereinkam. Der eine hätte wahrscheinlich auch nicht aufstehen können, wenn er es noch so sehr gewollt hätte, da er stockbesoffener war, als ich es je gewesen bin. Er war um die Sechzig und bewußtlos, jede Pore seines Körpers dünstete Alkohol aus, und sein Kopf war ihm so weit auf die Brust gesunken, daß man fast die Existenz einer Wirbelsäule bezweifelte, die ihn noch zusammenhielt.
    Der andere Mann war jünger, dunkler, trug ein T-Shirt und eine Khakihose. Er musterte mich einmal vom Scheitel bis zur Sohle und zurück, dann fuhr er fort, seine Hand-und Fingergelenke knacken zu lassen, während ich den Besoffenen aus dem Stuhl wuchtete und ihn wenig zartfühlend in die Ecke legte. Dann setzte ich mich dem T-Shirt gegenüber und schloß die Augen.
     
    »Deutscher?«
    Ich wußte nicht, wie lange ich geschlafen hatte, denn man hatte mir auch die Uhr weggenommen – wahrscheinlich für den Fall, daß ich mir eine Methode ausdachte, mich daran aufzuhängen –, aber nach dem tauben Gefühl in den Arschbacken zu urteilen, mindestens ein paar Stunden.
    Die Schnapsleiche war verschwunden, und das T-Shirt hockte jetzt neben mir.
    »Deutscher?«, wiederholte er.
    Ich schüttelte den Kopf und schloß wieder die Augen, trank einen letzten Schluck von mir, bevor ich in einen anderen Menschen hinüberwechselte.
    Ich hörte, wie sich das T-Shirt kratzte. Langes, langsames, nachdenkliches Kratzen.
    »American’«, fragte er.
    Ich nickte, immer noch mit geschlossenen Augen, und ein merkwürdiger Friede durchdrang mich. Wie leicht es doch ist, ein anderer zu werden.
     
    Das T-Shirt behielt man vier Tage da, mich zehn. Ich durfte nicht rauchen oder mich rasieren, und der Koch tat sein Möglichstes, mir auch das Essen zu verleiden. Ein paarmal verhörte man mich wegen des Bombenalarms beim Flug aus London, dann wieder sollte ich mir Fotos anschauen – zwei oder drei waren ihnen besonders wichtig, später, als sie sich zunehmend langweilten, legte man mir ganze Alben mit Fotos von Straftätern vor –, aber ich veranstaltete ein großes Trara und sah gar nicht hin, und wenn man mich schlug, versuchte ich zu

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