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Bockmist

Bockmist

Titel: Bockmist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurie Hugh
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Gutes noch Schlechtes. »Hören Sie, David, und hören Sie gut zu. Unsere Lang-Analyse zeigt ein negatives Reaktionsprofil auf Intimitätsdateninput.« Etwas in der Art. Angereichert mit ein paar Wendungen à la »Und jetzt zum Arschaufreißen«. Aber Solomon kannte mich lange genug, um selbst zu entscheiden, was er mir sagte und was nicht. Und er hatte mir nichts gesagt. Also hatte er entweder keine Neuigkeiten über Sarah, oder seine Neuigkeiten waren schlecht. Da die triftigsten Gründe oft die einfachsten sind, war der triftigste Grund, warum er mir nichts gesagt hatte, vielleicht auch der, daß ich nicht gefragt hatte.
    Weiß der Kuckuck, warum nicht.
    Nach der Rückkehr vom Eislaufen lag ich im Eiger in der Badewanne, bediente mit den Füßen die Wasserhähne, ließ alle Viertelstunde einen Liter heißes Wasser nachlaufen und dachte über das Warum nach. Vielleicht hatte ich Angst vor der möglichen Auskunft. Das war durchaus denkbar. Vielleicht lag es an dem Risiko, das Solomon und ich mit unseren klammheimlichen Treffen eingingen; wenn ich diese mit dem Austausch von Nachrichten über unsere Lieben daheim noch verlängerte, setzte ich nicht nur mein Leben, sondern auch seins aufs Spiel. Auch das war denkbar, obgleich ein bißchen unwahrscheinlich.
    Oder aber – und diese Erklärung entdeckte ich als letztes, schlich vorsichtig um sie herum, linste zu ihr rüber, stocherte ab und zu mit einem spitzen Stock auf sie ein, um zu sehen, ob sie aufspringen und mich beißen würde –, oder aber es war mir egal geworden. Vielleicht hatte ich mir bloß eingeredet, daß ich nur wegen Sarah bei der ganzen Sache mitmachte, während ich jetzt ohne weiteres zugeben konnte, daß ich bessere Freunde kennengelernt, einen tieferen Sinn erkannt und viele gute Gründe gefunden hatte, mich morgens aus dem Bett zu wälzen, seit ich dem Schwert der Gerechtigkeit beigetreten war.
    Nein, das war natürlich ganz undenkbar.
    Das war absurd.
    Ich ging ins Bett und schlief den Schlaf des Geschwächten.
     
    Es war kalt. Das war mein erster Eindruck, als ich die Vorhänge beiseite zog. Eine trockene, graue »Denk dran, daß du in den Alpen bist, Sportsfreund«-Kälte, und das beunruhigte mich etwas. Sicher, die faulen Skiläufer blieben jetzt vielleicht in ihren Betten, und das hatte seine Vorteile; aber die Kälte verlangsamte auch meine Finger auf 33 U/min und machte gutes Scharfschießen schwierig, wenn nicht unmöglich. Noch schlimmer wog, daß der Knall des Schusses weiter zu hören war.
    Das grüne Ding ist ein vergleichsweise leises Gewehr – anders als das M16, das die Leute schon Sekundenbruchteile, bevor sie von der Kugel getroffen werden, zu Tode erschreckt –, aber trotzdem, wenn ausgerechnet man selbst das Ding gerade in der Hand hält und das Fadenkreuz auf einen angesehenen europäischen Staatsmann ausrichtet, dann macht man sich schon so seine Gedanken über Lärm. Zugegeben, man macht sich plötzlich über alles mögliche Gedanken. Man möchte, daß die Leute einen Augenblick wegsehen, wenn’s ihnen nichts ausmacht. Man weiß ganz genau, sobald man den Abzug durchdrückt, läßt man im Umkreis von einem Kilometer Tassen auf halbem Weg zum Mund stocken, spitzt die Ohren und zieht die Brauen hoch, und ein paar hundert Mündern entfährt in ein paar Dutzend Sprachen ein »Scheiße, was war denn das?«. Und dieses Wissen beeinträchtigt den eigenen Stil etwas. Am Theater nennt man das Lampenfieber. Ich weiß nicht, wie man das bei Attentätern nennt. Wahrscheinlich Lampenfieber.
    Ich gönnte mir ein herzhaftes Frühstück, bunkerte Kalorien angesichts der Möglichkeit, daß sich meine Diät in den nächsten vierundzwanzig Stunden radikal ändern und anders bleiben würde, bis mein Bart grau wurde.
    Dann ging ich in den Skiraum im Keller. Dort stolperte eine französische Familie herum, stritt sich, wer wessen Handschuhe habe, wohin das Sonnenöl verschwunden sei und warum Skistiefel bloß immer so weh täten –, also setzte ich mich auf die entlegenste Bank, die ich finden konnte, und ließ mir Zeit bei der Zusammenstellung meiner Requisiten.
    Bernhards Kamera war schwer, unhandlich, rumste schmerzhaft gegen meine Brust und fühlte sich noch unechter an als sie war. Die Gewehrkammer und eine Patrone steckten in einer Gürteltasche aus Nylon, und der Lauf paßte wie angegossen in einen Skistock – mit einem roten Punkt am Griff, damit ich einen zweihundert Gramm schweren Skistock nicht mit einem verwechselte, der fast

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