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Bodenrausch

Bodenrausch

Titel: Bodenrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Bommert
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Produktion und Reproduktion von Kultur.« 46
    Das verschärft alle Konflikte, die sich um die Landtransaktionen in Afrika ansammeln, und könnte leicht zu Widerstand führen, der weit über das bloße Abwehren von wirtschaftlichen Nachteilen hinausgeht. Doch das ficht die Machthaber nicht an.
    Auch für den Landraub in Afrika lassen Regierungen, Weltbank und FAO als Begleitmusik das Lied von der Win-win-Story spielen. Die Fabel von guten Geldgebern, die Kapital ins Land bringen, das den einheimischen Bauern fehlt. Geld für vitales Saatgut, schlagkräftige Erntemaschinen und allem voran für eine solide Ausbildung in Ackerbau und Viehzucht. Der World Investment Report der UN-Kommission für Handel und Entwicklung (UNCTAD) erzählt die Story gern und wird nicht müde, das Konzept als große Chance für alle Beteiligten zu loben – wenn es richtig läuft. Aber es läuft nicht richtig in den Staaten Afrikas, weder in Äthiopien noch in Kenia oder Mosambik, weder in Mali noch im Senegal, nicht in Ghana auch nicht in der Republik Kongo und erst recht nicht im Sudan.
    In allen Ländern hat der Landraub um sich gegriffen. Die »Vorteile« sind sehr ungleich verteilt und nützen vor allem einer Gruppe, den Investoren. Die einheimischen Bauern hingegen werden überall aus ihren angestammten Gebieten in unfruchtbare Randzonen oder in die Slums der rasch wachsenden afrikanischen Städte vertrieben. Gefördert wird nur eine Landwirtschaft, die besonders auf den Export ihrer Produkte abzielt. Die Versorgungssicherheit der »Gastländer« ist bei diesen Deals kein Thema. Sie bleibt, wie wir sehen werden, in fast allen Fällen auf der Strecke.
    Die Reise durch die Weiten Afrikas in das gelobte Land für Investoren jeder Interessenlage beginnt südlich der Sahara. Es ist eine Flussreise, die vom oberen Lauf des Nils über den Viktoriasee bis zum Sambesi führt, von dort zum Kongo über den Niger zum Senegalfluss; sie endet im Südwesten Afrikas am Volta, der über den Volta-See in den Ozean mündet. Dass es die Flüsse sind oder ihr Wasser, das uns leitet, ist kein Zufall. Boden ist nur dort für Investoren interessant, wo es auch Wasser gibt.
    Die erste Etappe führt in das Land, in dem sich die Wasser des Weißen und des Blauen Nils vereinen und von da an als Nil im großen Bogen nach Norden, nach Ägypten, fließen.
    Sudan – Land und Wasser
    Das Wasser des Nils, der auf drei Routen den Sudan durchquert, macht das Land zu einem der begehrtesten Investitionsstandorte in Afrika.
    Einer, den das betrifft, ist der Bauer Jadkareem Hamed. Er arbeitet traditionell mit Pflug und Esel. Auf seinem Acker wachsen große Stauden, es ist Hirse. Die komme gut mit dem Boden zurecht, erklärt Jadkareem. Hirse brauche keinen Dünger und sei robust, Pilze und Insekten machten bei Hirse keine Probleme. Früher habe er auf diesem Acker Weizen gesät. Nun aber kümmere sich die Regierung nicht mehr um die Ernten und die Bank für die Bauern habe geschlossen; er könne weder Dünger noch Saatgut kaufen, weil er nicht genug Geld besitze, um es vorzustrecken, also habe er mit dem Weizen aufgehört und sich auf das zurückgezogen, was keine Probleme mache, und das sei Hirse.
    Er rückt seine Kopfbedeckung zurecht und zeigt auf die Felder seiner Nachbarn, auch die bauen keinen Weizen mehr an, seit sich die Regierung von ihnen abgewendet hat. Dafür kümmern sich die Beamten der Regierung jetzt um die neuen Bauern, die ins Dorf gekommen sind, besser, sich dort breitgemacht haben, wo die Regierung Land für Investoren ausgewiesen hat. Viel Land mit viel Wasser.
    Der Sudan ist ein riesiges Land, vor der Abtrennung des Südens siebenmal so groß wie Deutschland. Durchschnittlich 16 Menschen leben dort auf einem Quadratkilometer. Insgesamt 31 Millionen im ganzen Land. Die Landwirtschaft ist die tragende Säule der Volkswirtschaft und soll es auch bleiben, allerdings nicht mehr in der landesüblichen Form.
    Die Regierung des Nordens ist damit ganz auf den Kurs der Weltbank eingeschwenkt, der Sudan soll ein Exportstaat für Getreide und Zucker werden, die Kornkammer Afrikas. »Der Sudan, besonders der Südsudan, besitzt erstklassige natürliche Ressourcen und das Potenzial, sich zu einem der wichtigsten Produzenten für eine breite Palette von landwirtschaftlichen Produkten zu entwickeln … genügend Regen, fruchtbares Land und Wasser zeigen das landwirtschaftliche Potenzial des Sudans, besonders der südlichen Regionen.« Was sich anhört wie

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