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Bodenrausch

Bodenrausch

Titel: Bodenrausch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilfried Bommert
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Philosophen Malthus steht plötzlich im Raum. Er hatte bereits 1798 in seinem Essay on the Principle of Population dargelegt, dass die Tragfähigkeit unseres Planeten begrenzt und eigentlich seit 200 Jahren ausgeschöpft sei. So gesehen haben wir die Zeit seither notdürftig überbrückt durch Wissenschaft, Pflanzenzucht, Technik und Agrarchemie. Die Grenze wurde nur verschoben. Nun erreicht sie uns doch, wenn nicht heute, dann morgen, denn die Äcker der Welt sind endlich, im Gegensatz zur Zahl der Menschen, die vorläufig weiter steigt, wenn auch nicht mehr so stark wie zuvor.

    Wachstum der Weltbevölkerung 1700–2100 2
    Der größte Teil der Weltbevölkerung, rund 2,5 Milliarden Menschen, konzentriert sich in nur zwei Staaten, Indien und China. Das traf für das Jahr 2011 zu, wird aber nicht so bleiben.
    Heute liegt China beim Ranking der bevölkerungsreichsten Länder auf Platz eins. Doch schon ab 2025 verschiebt sich das Bild. Indien wird dann nach den Prognosen die Volksrepublik China überholt haben und vor der Herausforderung stehen, rund 1,5 Milliarden Menschen – zur Mitte des Jahrhunderts sogar 1,8 Milliarden – zu ernähren.
    Weltbevölkerung 2011 in Millionen 3
  1.  China        
1338
  2.  Indien        
1240
  3.  USA        
312
  4.  Indonesien        
238
  5.  Brasilien        
197
  6.  Pakistan        
177
  7.  Nigeria        
163
  8.  Bangladesch        
151
  9.  Russland        
143
10.  Japan        
128
11.  Mexiko        
115
12.  Philippinen        
96
13.  Vietnam        
88
14.  Äthiopien        
87
15.  Ägypten        
83
16.  Deutschland        
82
    Verglichen mit Afrika südlich der Sahara fällt Indiens Wachstum indes noch moderat aus. In Afrika zeichnet sich in den nächsten Jahrzehnten die eigentliche Bevölkerungsexplosion des 21. Jahrhunderts ab.
    SIEBEN FRAUEN, 49 KINDER
    Arm, chancenlos und kinderreich, das sind die Koordinaten des schwarzen Kontinents. Wer im Niger über Land fährt, bekommt einen Eindruck von dem, was Afrikas Bevölkerungszahlen in die Höhe treibt. Heute und auf absehbare Zeit sprengt Niger alle internationalen Vergleichswerte an Fruchtbarkeit. Warum, das erfahren wir bei einem Besuch in Maradi, der drittgrößten Stadt des Landes.
    Maradi liegt im Süden an der Grenze zu Nigeria. Im Norden dominiert die Wüste, im Süden die Landwirtschaft. Die Hacke ist noch immer das wichtigste Instrument der Ackerbauern, und Frauen sind die wichtigsten Arbeitskräfte auf den Feldern, in den Dörfern und den Familien. Laut Verfassung genießen sie die gleichen Rechte wie die Männer, doch dies gilt bislang allenfalls für die Städte. Die Realität auf dem Lande sieht anders aus, wie die Norwegerin Moria Eknes, eine Mitarbeiterin der Hilfsorganisation CARE, berichtet. Dort entdeckte sie Frauen, die mit ihren Kindern hungernd vor den vollen Kornspeichern ihrer Männer saßen. Betreten durften sie diese nicht. Vor dem Gesetz sind Männer und Frauen zwar gleich, doch die Tradition ist in Niger immer noch in erster Linie männlich. 4
    Frauen auf dem Land haben lediglich das Recht auf einen kleinen Acker, den sie zur Hochzeit bekommen und ab dann selbst bewirtschaften müssen. Dieses Stück Erde ist nicht nur die Basis, sondern auch die Grenze für ihre Ernährung und die ihrer Kinder. Wenn die Ernte aufgezehrt ist, sind sie auf die Mildtätigkeit des Mannes und seiner Familie angewiesen. Eine Mildtätigkeit, die es Frauen gegenüber vielfach gar nicht gibt.
    In diesem Fall, so erzählt Moria Eknes, war der Mann auf Arbeitssuche ins Nachbarland Nigeria gegangen, hatte seine Frauen und Kinder zurückgelassen, ihnen aber nicht das Recht eingeräumt, auch seine Vorräte zu öffnen. In manchen Dörfern, so erzählt man, sei es den Frauen sogar verboten, einen Blick in die Getreidespeicher ihres Mannes zu werfen, um sich selbst ein Bild von den Vorräten der Familie zu machen. So hatten die Frauen am Ende keine Wahl, als zu bleiben und zu hungern.
    Dieser Umgang mit Frauen bestimmt im Niger den Alltag auf dem Land. Die Verfassung legt zwar fest, dass Frauen offiziell erst mit 15 Jahren verheiratet werden dürfen, sie sollen sich auch ihren Mann aussuchen dürfen, doch die Wirklichkeit sieht anders aus. Die Hochzeit ist nach wie vor Sache der Familien. Sie bestimmen die Ehepartner, und dies

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