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Bodin Lacht

Bodin Lacht

Titel: Bodin Lacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Schenk
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flüchtete sich dafür in den Anblick der altmodischen Tapeten, als wolle er sich die endlosen Blumenmotive für immer einprägen oder selbst darin verschwinden. Ich bin doch nicht unschuldig, sagte er schließlich. Deshalb habe ich keinen Anwalt haben wollen.
    Paula fühlte, wie ihre Beine erlahmten, sie ließ sich auf die Bettkante fallen. Jürgen! Sie hörte ihr Herz wild klopfen.
    Das wird schon Martin sein, sagte Bodin und lief zu Tür.
    Ja, Martin stand breit lächelnd in der Tür mit einer Flasche Champagner in der Hand und hinter ihm eine junge Frau, die zögernd in das Zimmer trat, zuerst die bleich gewordene Paula anblickte, Bodins Füße, Bodins Beine, Bodins Brust, Bodins Gesicht, und schließlich Bodin in die Augen sah.
    Das ist nicht wahr, sagte Bodin mit bebender Stimme, das kann nicht wahr sein. Er hob eine Hand zur Abwehr seiner Erscheinungen und drehte wieder den Blick zu den verblühten Tapeten.
    Herr Doktor Bodin, darf ich Ihnen Liliane Hoffmann vorstellen, fragte Martin, dessen Lächeln übertrieben, sogar surrealistisch wirkte.
    Was machen wir da, fragte Bodin, was machen wir alle da zwischen diesen alten Tapeten? Seine Lippen zitterten. Ich friere hier, sagte er.
    Aber die Erscheinung hatte sich ihm genähert und ihren Kopf ungeniert auf seine Schulter gelegt. Und ihr dunkles Haar kitzelte ihn am Kinn. Und Bodin glaubte nicht an Erscheinungen. Auch nicht wirklich an Fügungen. Eher an seine fünf Sinne.
    Das kann nicht wahr sein, wiederholte er. Sie sind doch in der Schweiz, Christine? Ich habe Sie gesucht, wissen Sie das?, fragte er.
    Ja, ich weiß es. Ich werde Ihnen alles erklären.
    Martin ließ sich indessen von der molièrehaften Szene nicht beirren und versuchte vorsichtig, den Champagner zu öffnen. Seine Mutter folgte seinen Gesten mit so wütenden Augen, dass er sich fragte, was er jetzt wieder verbrochen habe.
    Wisst ihr, knallte es plötzlich, wisst ihr warum unser Freund sich nicht verteidigen wollte?
    Paulas Gesicht brannte vor Wut, ihre Augen funkelten verzweifelt. Bodin hatte die Vision einer elektrischen Birne, die gleich durchbrennen würde, und verstand rechtzeitig, was sich gerade in Paulas Kopf verheddert hatte. Er befreite sich aus Lilianes Umarmung: Paula, sagte er leise, Paula, ich sprach eben nicht von Marion, ich habe Marion nichts angetan, ich sprach von Clothilde.
    Von Martins Hand gegossen, floss der Champagner neben das erste Glas. Was ist jetzt los?, fragte er.
    Pass auf, rief Liliane und nahm ihm die Flasche aus der Hand.
    Chlotilde? Das ertrunkene Mädchen in deiner Kindheit?, fragte Paula.
    Ich habe Clothilde umgebracht, sagte Bodin, deshalb. Er kreuzte die Hände über der Brust und ging auf und ab. Mein Gott, ist es hier kalt. Mir ist schlecht, mir schwirrt der Kopf. Der Kreislauf.
    Du brauchst einen Arzt. Ich sorge gleich dafür.
    Wer ist Clothilde?, fragte Liliane.
    Paulas Hände zitterten. In ihrem Kopf flackerte ein Gedankengewitter, kurze, radikale Gedanken. Er lügt mir das Blaue von seinen Lippen. Oder doch nicht. Er ist verrückt geworden. Ich liebe ihn noch. Oder wieder. Schizophren. Oder paranoid. Oder depressiv. Irgendetwas in der Art. Er braucht Medikamente. Sein Herz. Er braucht mich. Was war mit dieser Clothilde? Ach, bitte Gott, keine neue Komplikationen.
    Vor achtundvierzig Jahren etwa, antworte Bodin. Wir waren dreizehn, vierzehn, flirteten miteinander, Petting und so. Sie ist ins Schwimmbecken gesprungen und kam nicht mehr hoch, ich bin ihr nicht hinterher. Ich habe mir Zeit gelassen. Ich konnte sie im Grunde nicht ausstehen. Unterlassene Hilfeleistung. Sie sprachen vom Sekundentod. Aber.
    Kein aber. Du bist verkalkt und senil, sagte Paula, bringst alles durcheinander, und morgen bist du raus. Ich fahre dich nach Hause. Wir fahren alle nach Hause. Und dann hörst du auf zu spinnen. Wo sind deine Herztropfen?
    Am besten legen Sie sich auf die Couch, Herr Doktor Bodin, ich höre dann gerne zu, merkte Martin an.
    Sie hätten vermutlich Chlotilde nicht retten können, sagte Liliane. Sekundentod ist Sekundentod. Sie hielt kurz inne, bevor sie weitersprach: Und wenn schon, müssen Sie jetzt damit leben. Sie berührte seinen Arm, als wollte sie die Härte der Feststellung abfedern.
    Ja, er würde damit leben, dass ein winziger, plausibler Verbrecher in ihm steckte und dass manchmal eine Tatsache bösen Wünschen entsprach.
    Damit leben, echote er. Es klang

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