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Bodin Lacht

Bodin Lacht

Titel: Bodin Lacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvie Schenk
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der Liberty Valance erschoss«, oder ein Goldsucher in Mexiko, ein nach einem Schatz suchender Jean-Paul Belmondo in »Abenteuer in Rio«, oder er wollte in den Tiefseegräben der Ozeane forschen, er wollte ein Leben ohne Haushalt, ohne Putzlumpen, ein Leben im Zelt oder unter freiem Himmel, ein Leben aus dem Rucksack. Jetzt tauchte er in die verdorbenen Seelen der Menschen! Er wurde zum Aufwischer der menschlichen Seele und konnte sich nicht genau erinnern wieso und warum, wahrscheinlich um den Ambitionen der Mutter gerecht zu werden, die den Arztberuf als das Höchste und das Nobelste betrachtete, auch um Geld zu verdienen, und da er sich vor den menschlichen Organen und deren Absonderungen fürchtete, blieben ihm nur noch die psychischen Leiden als Forschungsobjekt, am liebsten aber hatte er seine Patienten ohne Blickkontakt behandelt, wie diese telefonischen Callgirls, die ihre Kunden allein durch die erotische Magie der Worte befriedigten. Lange Zeit hatte es ihn glücklich und stolz gemacht, eine Person, in deren Intimität er seit Jahren immer tiefer eingedrungen war, zur Schwelle seines neuen Lebens zu lotsen, da hatte er sich schon als großer Kapitän gefühlt, seit einigen Jahren aber erdrückte ihn die Last des Unglücks und des Selbsthasses und der Selbstliebe dieser Patienten. Freud und Jung sah er als Diebe des individuellen Werdegangs, sie hatten die menschlichen Seelen im Gipsverband der Theorien fixiert, eine Zeit lang hatte er immer mehr in Richtung der Verhaltenstherapie praktiziert, Methoden aber, die ihn bald anödeten, als pinselte er nur noch einen Anstrich auf eine verschimmelte Wand, schließlich tat er nur so, als hörte er zu, oder er erlaubte sich glatt, gewaltträchtige Ratschläge zu geben: Lernen Sie boxen, geben Sie ihrer Mutter ein paar saftige Ohrfeigen! Sagen Sie ihrem Chef vor versammelter Mannschaft, dass er ein miserabler Schlappschwanz ist. Es blieb nicht bei den Ratschlägen. Er gönnte sich das für einen guten Psychotherapeuten Verpönteste: Knallharte Kritik zu äußern, Beurteilen und schlichtes Verurteilen des Patienten: Wenn Sie sich weiter so bemitleiden, ist Ihr Leben futsch. Er sagte, was die dümmsten Eltern, die beste Freundin oder der Erstbeste hätte denken oder sagen können: Sie halten sich für das Zentrum des Universums, Sie hängen nur an der Nabelschnur ihrer Liliputwelt. Sie wollen nicht erwachsen werden, Sie sind egozentrisch, feig und bequem. Kümmern Sie sich lieber um das Elend der vor Hunger krepierenden Welt (was er selbst nicht machte).
    Er hatte die Patientin eintreten lassen, und, ohne sich zu räuspern, auf ein Schneckengehäuse neben dem Tintenlöscher (Burgunder Schnecke, banal, er hatte immer ein Dutzend davon in Reserve) gezeigt und legte den Finger auf dessen Spitze. Sagen Sie mir spontan, was Ihnen einfällt, wenn Sie dieses Objekt ansehen. Schnecke, sagte sie, klebrig, langsam, ekelhaft. Weiter, sagte Bodin mit therapierender Stimme. Das Gehäuse, sagte die Frau und bemühte sich zu erröten (jawohl, solcher Kunststücke war sie mächtig), erinnert mich an das Geschlecht eines Mannes. Die Hoden. Dazwischen kommt die Schnecke. Genauso abgedroschen habe ich es von Ihnen erwartet, sagte Bodin. Das Gehäuse ist Ihre Welt. In dieser engen Welt haben Sie sich mit ihren Sexproblemen eingerichtet, ich kann für Sie nichts mehr tun. Damit haben wir diese kriechende Therapie beendet. Diese Sitzung und die Schnecke schenke ich Ihnen als Erinnerung. Leben Sie wohl!

FELD 18: IM SCHATTEN
DES AGENTEN
    [Agent]
aus: agere a) 1. Abgesandter eines Staates mit besonderem Auftrag. 2. Spion in staatlichem Geheimauftrag. 3. Handelsvertreter b) jmd., der berufsmäßig Künstlern Engagements vermittelt. Agent provocateur: Lockspitzel
    D ER KLEINE D UDEN, F REMDWÖRTERBUCH
    Sind Sie sicher, dass sie nie einen Agenten erwähnt hat?, insistierte Liliane. Tobias Wildenhain behauptet, ein Agent habe Evelyn auf eine Party begleitet.
    Alina Garetta seufzte. Liliane hatte sie beim Proben gestört und sie ließ es die Polizistin deutlich spüren. Sie behielt ihre Flöte in der rechten Hand und ließ Liliane stehen. Ich bitte Sie, sagte Liliane noch, versuchen Sie, sich zu erinnern.
    Die Flötistin schaute auf ihr Instrument und schüttelte den Kopf.
    Ich habe Ihnen und Ihrem Kollegen neulich alle Namen genannt, die ich kenne, sagte sie, vielleicht hatte Evelyn einen

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