Body Farm
Zigarettenrauch.
Im Vorraum blieben wir mit dem Rücken zur Treppe in den ersten Stock stehen.
»Was ist bisher unternommen worden?« fragte Wesley. »Doc Jenrette hat Fotos gemacht, 'ne ganze Menge, aber angerührt hat er nichts, wie Sie gesagt haben. Wenn Sie ihn brauchen, er spricht draußen mit den Kollegen vom Einsatzkommando. «
»Wo sind die Leute aus all den Wagen da?« fragte Marino. »Ein paar von den Jungs sind in der Küche. Und einer oder zwei stochern im Hof herum und zwischen den Bäumen da hinten.«
»Aber oben sind sie nicht gewesen?« Mote atmete tief aus. »Also, ich will Sie ja nicht anlügen. Sie sind raufgegangen und haben geschaut. Aber keiner hat etwas angerührt, das garantiere ich. Der Doc ist als einziger näher rangegangen.«
Er nahm die erste Stufe. »Max ist... er ist... ach, verdammt.« Er blieb stehen und sah sich nach uns um, die Augen voller Tränen.
»Wie haben Sie ihn denn gefunden?« fragte Marino. Wir stiegen weiter die Treppe hinauf, und Mote rang um Fassung. Der Boden war mit dem gleichen dunkelroten Teppich ausgelegt wie unten, die Wände mit honiggelb lackiertem Kiefernholz verkleidet.
Mote räusperte sich. »Ich bin heute abend gegen sechs hier vorbeigekommen, um Max zu fragen, ob er mit mir essen ginge. Als er nicht an die Tür kam, vermutete ich, daß er unter der Dusche war oder so, und ging hinein.«
»Hatten Sie irgendeine Vermutung, daß er so etwas schon früher gemacht hat?« fragte Wesley vorsichtig. »Nein, Sir«, sagte Mote mit Nachdruck. »Ich kann es mir nicht vorstellen. Ich verstehe es einfach nicht. Gut, ich habe Leute von den sonderbarsten Tricks reden hören. Aber ich wüßte nicht, wozu das gut sein soll.«
»Man benutzt so eine Schlinge beim Masturbieren, um einen Druck auf die Halsschlagadern auszuüben«, erklärte ich. »Damit reduziert man die Blut- und Sauerstoffzufuhr zum Gehirn, und das verstärkt angeblich den Orgasmus.«
»Man nennt das auch >Wegtreten beim Kommen<«, bemerkte Marino auf seine bekannt subtile Art. Als wir am Ende des Flurs auf eine Tür zugingen, hinter der Licht brannte, blieb Mote zurück.
SBI-Agent Max Fergusons Schlafzimmer war männlich und schlicht eingerichtet. Mehrere Kiefernholzkommoden, ein Rollpult und darüber ein Gestell mit Schrotflinten und Gewehren. Auf dem Nachttisch neben dem sorgfältig abgedeckten Bett lagen seine Pistole, Brieftasche und Ausweispapiere sowie eine Schachtel mit Rough-Rider-Kondomen. Der Anzug, in dem ich ihn an diesem Morgen in Quantico gesehen hatte, hing ordentlich über einem Stuhl, Schuhe und Socken lagen daneben.
Zwischen Schrank und Badezimmer stand ein hölzerner Barhocker, wenige Zentimeter davon entfernt lag die Leiche unter einer bunten Häkeldecke. Von oben baumelte ein zerrissenes Nylonseil an einem in die Decke geschraubten Rundhaken. Ich holte Handschuhe und ein Thermometer aus meiner Arzttasche. Marino fluchte leise, als ich die Decke wegzog von dem, was Fergusons schlimmster Alptraum gewesen sein mußte. Eine Kugel hätte er sicher nur halb so sehr gefürchtet.
Er lag auf dem Rücken. Die Körbchen Größe D der schwarzen Korsage waren mit Socken ausgestopft, die leicht nach Moschus rochen. Der schwarze Nylonslip, den er angezogen hatte, bevor er starb, war zu den behaarten Knien hinuntergeglitten, und an seinem Penis hing noch schlaff ein Kondom. Die Magazine, die auf dem Boden verstreut lagen, verrieten seine Vorliebe für gefesselte Frauen mit gewaltigen Brüsten und untertassengroßen Brustwarzen. Ich sah mir die Nylonschlinge an, die sich über dem Handtuch, das seinen Hals abpolstern sollte, festgezogen hatte. Es war ein altes, faseriges Seil, und es war genau über der Achterschlinge eines perfekt geknüpften Henkersknotens gerissen. Max' Augen waren fast geschlossen, die Zunge hervorgetreten.
»Paßt das in der Länge, wenn er auf dem Hocker saß?« Marino sah zu dem Stück Kordel an der Decke hinauf.
»Ja«, sagte ich.
»Dann hat er sich einen runtergeholt und ist weggerutscht?«
»Oder er ist ohnmächtig geworden und dann abgerutscht«, antwortete ich.
Marino ging ans Fenster und beugte sich über ein Becherglas mit einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit auf der Fensterbank. »Bourbon«, verkündete er. »Pur oder nahezu pur.«
Die Rektaltemperatur betrug 32,8 Grad. Das entsprach in etwa meiner Erwartung, wenn Ferguson seit ungefähr fünf Stunden tot war und zugedeckt in diesem Zimmer gelegen hatte. In den kleineren Muskeln hatte die Leichenstarre
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