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Body Farm

Body Farm

Titel: Body Farm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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erster Gedanke, ob meine Nichte wohl Selbstgespräche führte. Lucy saß auf einem Picknicktisch. Ich ging auf sie zu und wollte sie gerade beim Namen rufen, als ich sah, daß sie mit jemandem sprach, der unter ihr auf einer Bank saß. Es war eine Frau, und die beiden waren sich so nah, daß ihre Umrisse zu einem einzigen verschmolzen. Erstarrt blieb ich im Schatten einer hohen Kiefer mit dichten Ästen stehen.
    »Weil du das immer so machst«, sagte Lucy in dem verletzten Ton, den ich sehr gut kannte.
    »Nein, sondern weil du das immer von mir glaubst.« Die Stimme der Frau klang besänftigend.
    »Na gut, dann gib mir eben keinen Grund.«
    »Lucy, können wir damit nicht aufhören? Bitte.«
    »Zünd mir eine an.«
    »Du solltest erst gar nicht damit anfangen.«
    »Ich fange nicht an. Ich möchte nur einen Zug.« Ein Streichholz wurde angerissen. Eine kleine Flamme erhellte die Dunkelheit, beleuchtete für einen Moment das Profil meiner Nichte, wie sie sich zu ihrer Freundin hinabbeugte, doch deren Gesicht konnte ich nicht erkennen. Jetzt sah ich nur noch das glühende Ende der Zigarette, die zwischen ihnen hin- und herwanderte. Ich drehte mich leise um und ging zu Wesley zurück.
    Wir setzten unseren Weg fort. »Jemand, den Sie kennen?« fragte Wesley, der mit langen Schritten neben mir herging.
    »Ich dachte es«, sagte ich.
    Wortlos passierten wir die leeren Schießstände mit den aufgereihten Zielscheibenrahmen und den stählernen Silhouetten, die Tag und Nacht in Habachtstellung dastanden. Es folgten ein Kontrollturm und darunter ein Gebilde, das nur aus alten Reifen bestand. Hier absolvierte das HRT - die Green Berets des FBI - seine Manöver mit scharfer Munition. Ein weißblauer Bell Jet Ranger wartete in der Nähe im Gras wie ein schlafendes Insekt. Daneben standen Marino und der Pilot.
    »Sind wir komplett?« fragte der Pilot, als wir zu ihnen stießen.
    »Ja, danke, Whit«, sagte Wesley.
    Whit, die personifizierte männliche Fitneß in schwarzer Fliegermontur, öffnete die Türen des Hubschraubers und half uns an Bord. Wir schnallten uns an, Marino und ich hinten, Wesley vorn, und setzten Kopfhörer auf, während die Rotorblätter sich zu drehen begannen und der Motor warmlief.
    Minuten später lag die dunkle Erde schon weit unter uns, und wir stiegen über den Horizont auf. Die Lüftungsventile waren geöffnet, die Kabinenbeleuchtung ausgeschaltet. Über die Kopfhörer drangen uns die Stimmen der anderen schrill ans Ohr. Der Hubschrauber trug uns in Richtung Süden, in eine winzige Stadt in den Bergen, wo wieder ein Mensch tot aufgefunden worden war.
    »Er kann noch nicht lange zu Hause gewesen sein«, sagte Marino. »Wissen wir?«
    »Nein, war er nicht.« Wesleys Stimme vom Copilotensitz schnitt ihm die Frage ab. »Er hat Quantico gleich nach der Sitzung verlassen. Um eins ist er vom National Airport in Washington abgeflogen.«
    »Ist die Ankunftszeit seiner Maschine in Asheville bekannt?«
    »Etwa halb fünf. Gegen fünf konnte er zu Hause gewesen sein.«
    »In Black Mountain?«
    »Genau.«
    »Mote hat ihn um sechs gefunden«, sagte ich.
    »Mein Gott.« Marino sah mich an. »Ferguson muß gleich angefangen haben, sich einen runterzuholen, als er - «
    Der Pilot unterbrach ihn: »Wir haben Musik, wenn jemand möchte...«
    »Gern.«
    »Welche Richtung?«
    »Klassisch.«
    »O nein, Benton.«
    »Sie sind überstimmt, Pete.«
    »Ferguson war noch nicht lange zu Hause zurück. Das jedenfalls ist klar, egal, wer oder was nun schuld an seinem Tod ist«, trug ich zu unserer abgehackten Unterhaltung bei. Im Hintergrund ertönte nun Berlioz. »Sieht nach Unfall aus. Als ob da eine autoerotische Handlung schiefgelaufen wäre. Aber wir wissen es nicht.«
    Marino stieß mich an. »Haben Sie Aspirin dabei?« Ich grub im Dunkeln in meiner Brieftasche, holte dann eine Minitaschenlampe aus meiner Arzttasche und wühlte weiter. Als ich Marino mit Handzeichen bedeutete, daß ich ihm nicht helfen konnte, fluchte er leise. Jetzt fiel mir auf, daß er noch seine Jogginghose trug, ein Sweatshirt mit Kapuze und Schnürstiefel. Das war seine Kleidung für Hogan's Alley. Er sah aus wie der versoffene Coach einer Mannschaft aus der Buschliga, und ich konnte mir nicht verkneifen, mit der Taschenlampe die verräterischen roten Flecken auf seinem Rücken und der linken Schulter auszuleuchten. Marino hatte offenbar einige Treffer kassiert. »Da hätten Sie erst die anderen Jungs sehen müssen«, dröhnte mir seine Stimme plötzlich in

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